Shannara VII
als wolle er in den Kästen, die sich dort befanden, etwas suchen. Einen Trunk vielleicht? Die Aufzeichnung einer Entdeckung? Dann wurde er langsamer, drehte sich um, und seine Stimme klang wie Eis. »Beabsichtigst du, an seiner Stelle hinzufahren, kleine Hexe?«
»Diese Magie sollte uns gehören.«
»Du meinst dir, nicht wahr?« Er lachte leise. »Aber genau so sollte es sein.«
»Warum begleitest du mich nicht?«, fragte sie und hoffte gleichzeitig, er würde ablehnen.
Er neigte den Reptilienkopf zur Seite und dachte darüber nach. »Das ist deine Entdeckung, deine Angelegenheit. Kümmere dich darum, doch ohne mich. Wenn die Magie uns beiden gehört, bin ich schon zufrieden.«
Sie wartete ab, denn sie wusste, es war noch nicht alles. »Aber?«, fragte sie schließlich.
Seine Augen leuchteten. »Wirst du dich allein aufmachen?«
»Über die Blaue Spalte? Nein. Ich brauche ein Schiff und eine Mannschaft.« Sie hielt kurz inne. »Und außerdem gibt es da eine Komplikation.«
Der Morgawr lachte erneut, langsam und ein wenig spöttisch. »Das ist mir nicht entgangen, so wie du diese Angelegenheit in die Hand genommen hast. Was für eine Komplikation?«
Sie trat ein paar Schritte auf ihn zu, blieb stehen und zeigte, dass sie keine Angst hatte und ihr Vorhaben durchaus unter Kontrolle hatte. Präsenz war von großer Bedeutung, wenn man mit Mwellrets zu tun hatte, und insbesondere mit dem Morgawr. Wenn sie jemanden für selbstbewusst hielten, forderten sie ihn mit großer Wahrscheinlichkeit nicht heraus. Der Morgawr war ein mächtiger Hexenmeister, und er hatte sein Leben damit verbracht, den Umgang mit einer Magie zu erlernen, die den Gegner innerhalb von Augenblicken töten konnte. Inzwischen konnte sie ihm zwar das Wasser reichen, aber sie musste trotzdem weiterhin Vorsicht walten lassen.
»Ehe er gestorben ist, hat Allardon Elessedil die Karte nach Paranor geschickt und Walker nach Arborlon gerufen.«
»Der Druide!«, zischte der Hexenmeister voller Abscheu.
»Der Druide. Er ist gerade rechtzeitig angekommen und hat mit dem König eine Vereinbarung über die Suche nach dem Schatz auf der Karte getroffen, bevor er den Tod Allardons mit anschauen musste. Es wäre ein Glück für uns gewesen, wenn er ebenfalls gestorben wäre. Doch leider hat er überlebt. Er wird die Elfenexpedition anführen.«
Der Morgawr betrachtete sie einen Moment lang wortlos. »Eine Auseinandersetzung mit deinem ärgsten Feind. Darauf musst du sehr erpicht sein.«
»Er ist ein gefährlicher Gegner.«
»Aber du hast geschworen, dass du ihn eines Tages vernichten würdest.« Der Hexenmeister nickte. »Vielleicht ist dieser Tag nah.«
»Vielleicht. Allerdings begehre ich die Magie mehr als den Tod des Druiden.«
Der Morgawr zeigte mit der klauenartigen Hand in die Luft. »Ein Druide, ein paar Elfenjäger, ein Kapitän und eine Mannschaft. Dazu noch einige andere, so wie ich Walker kenne. Er wird sich eine starke Gesellschaft zusammensuchen, die seine Expedition unterstützen soll, vor allem da Kael Elessedil an der gleichen Aufgabe gescheitert ist. Er scheiterte, obwohl er die Elfensteine hatte, um ihn zu beschützen.«
Er warf ihr einen Seitenblick zu. »Und was ist mit denen, kleine Hexe? Mit den wertvollen Elfensteinen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts. Er hat sie nicht mit zurückgebracht. Seine Erinnerungen haben mir nicht enthüllt, was aus ihnen geworden ist. Möglicherweise sind sie verloren gegangen.«
»Möglicherweise.« Seine raue Stimme hatte die Schärfe verloren und klang nun nachdenklicher. »Wo hält sich der Druide jetzt auf?«
»Gestern war er noch in Bracken Clell. Von dort ist er aufgebrochen und seitdem nicht wieder aufgetaucht. Meine Spione halten nach ihm Ausschau.«
Der Hexenmeister nickte. »Ich überlasse ihn dir. Ich weiß, du findest gewiss einen Weg, mit ihm fertig zu werden. Ich hingegen werde dir den Rest von dem geben, was du für deine Suche brauchst - ein Schiff, einen Kapitän und eine Mannschaft, dazu eine Handvoll angemessener Beschützer. Das alles werde ich dir besorgen, kleine Hexe. Du bekommst, was notwendig ist.«
Ihr gefiel die Art und Weise nicht, wie er das sagte, und sie wusste, dadurch, dass er ihr diesen Gefallen erwies, wollte er sie unter Beobachtung und vielleicht sogar unter Kontrolle behalten, während sie so weit von ihm entfernt war. Er vertraute ihr nicht mehr. War er einst der Lehrer und sie die Schülerin gewesen, so standen sie sich nun gleichberechtigt gegenüber.
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