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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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beleuchtete noch den Weg, was dem Druiden allerdings genügte. Er ging einen schmalen, von Geröll bedeckten Weg entlang, der sich zwischen riesigen Felsen entlang wand. Das Durcheinander von zermalmten und zerborstenen Steinen ließ an eine Umwälzung vor langer Zeit denken, welche die Landschaft dramatisch verändert hatte. Einst hatte sich an dieser Stelle vielleicht ein weiterer Gipfel erhoben. Jetzt war davon nur noch eine Ruine geblieben.
    Er brauchte fast zwei Stunden für den Aufstieg, und erst kurz vor Mitternacht erreichte er sein Ziel. Er überquerte einen Grat und blickte hinunter auf das Tal von Shale und das sagenumwobene Hadeshorn. Der See lag in der Mitte des Tals, sein glattes Wasser stand dumpf und leblos in der Senke aus poliertem schwarzem Stein, der die Wände und den Boden bedeckte. Das Sternenlicht spiegelte sich in dem Stein, wurde jedoch von dem Hadeshorn aufgesaugt und in Schatten verwandelt. Im Tal unten regte sich nichts. So, wie es von den hohen, einsamen Gipfeln der Drachenzähne umschlossen wurde, sah es aus wie eine Gruft und fühlte sich ebenso an.
    Nicht weit von der Wahrheit entfernt, dachte Walker und starrte über die reglose Ebene hinweg.
    Mit dem Gesicht zum Tal von Shale gewandt, setzte er sich an eine riesige Felsscheibe und döste. Die Zeit verstrich, ohne dass er es merkte, und bald schon war die Nacht fast vorüber. Eine Stunde vor der Dämmerung erhob er sich und ging mit stetem, wenn auch vorsichtigem Schritt über den lockeren Fels und suchte sich einen Weg hinunter zum Talboden. Dabei passte er gut auf, damit er nicht stolperte und stürzte; die Kanten des polierten Felsens waren messerscharf. Nur das Knirschen des Gerölls störte die Stille. Sterne tauchten das Tal in ihr Licht, und er erreichte den Rand des Sees ohne Schwierigkeiten bis zur Stunde vor der Dämmerung, wenn die Geister der Toten gerufen werden können, um die Geheimnisse der Lebenden preiszugeben.
    Er blieb stehen und wartete ab, was als Nächstes passieren würde.
    Das Wasser des Hadeshorn hatte bei seinem Näherkommen einen anderen Farbton angenommen, und jetzt schimmerte knapp unter der Oberfläche ein Licht, welches kein Widerschein der Sterne war, sondern aus einer inneren Quelle hervorstrahlte. Er fühlte eine Regung; da wachte etwas auf und nahm seine Gegenwart zur Kenntnis. Er konnte es eher fühlen denn sehen. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf den See, er vergaß alles andere und wusste, jede Störung seiner Konzentration, nachdem er einmal begonnen hatte, würde seine Anstrengungen zunichte machen und ihm möglicherweise sogar Schaden zufügen.
    Als er mit sich im Frieden war und sich vollständig konzentriert hatte, begann er damit, die Toten zu rufen. Er sprach leise, denn seine Stimme brauchte nicht weit zu tragen, und vollführte seine Gesten langsam, da es wesentlich mehr auf Genauigkeit denn auf Geschwindigkeit ankam. Er sagte seinen Namen und erzählte von sich und seinem Wunsch und forderte die Toten mit einem Wink auf, zu antworten, und den See, sie freizugeben. Während er dies tat, bewegte sich das Wasser, drehte sich im Uhrzeigersinn und brodelte dann heftiger und heftiger auf. Leise erhoben sich Schreie aus der Tiefe, ausgestoßen von schwachen, ätherischen Stimmen, ein Wispern, das sich in dünnes Kreischen verwandelte. Das Hadeshorn zischte und schäumte und ließ die Schreie in kleinen Gischtfontänen frei, dann in Geysiren, die viele Meter hoch in die Luft aufstiegen. Das Licht unter der Oberfläche wurde heller und pulsierte, und das ganze Tal erbebte.
    Dann ertönte ein Grollen tief aus der Erde, und auf dem wallenden Wasser erhoben sich die Geister, weiße, durchscheinende Gestalten, die langsam in die Luft stiegen und durch dünne Dampffäden verbunden waren und von ihrem Leben nach dem Tode für einige wenige kostbare Augenblicke befreit waren, um auf die Erde zurückzukehren, die sie beim Sterben verlassen hatten. Ihre Stimmen vermengten sich zu einem wachsenden Klagen, das dem Druiden eine Gänsehaut bescherte und ihm kalt durch Mark und Bein ging. Er blieb stehen, wo er war, obwohl sie näher kamen, und er kämpfte gegen den Drang an, fortzurennen, sich abzuwenden und Angst zu empfinden. In Spiralen flogen sie in den Nachthimmel, griffen nach dem, was sie verloren hatten, wollten zurückerlangen, was ihnen versagt wurde. Mehr und mehr erschienen und füllten die leere Senke des Tals, bis kein Platz mehr war. Wer ruft? Wer wagt es?
    Schließlich erhob sich

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