Shannara VII
zeigte er Eifer, gute Laune und Optimismus, und er war der Einzige an Bord, der offensichtlich jeden Tag genoss und sich auf den Nächsten freute. Gewiss war das ein Teil seiner Persönlichkeit, aber der Funken sprang auch auf jene über, die eigentlich nicht so großmütig waren.
Kurz nach der Begegnung mit den Würgern ging das Luftschiff entsprechend der Karte auf einen nördlicheren Kurs. Mit jedem Tag wurde es kälter. Der Herbst kehrte ein, und auch das Meer kühlte ab. Ein bleiernes Grau überzog den Himmel, und an den kälteren Tagen lag morgens eine dünne Schicht Eis auf der Reling. Furl Hawken gab die schweren Mäntel, dazu Handschuhe und Stiefel aus, und für die Nachtwache wurden an Deck Feuer zum Aufwärmen angezündet. Die Tage wurden kürzer, die Nächte länger, und die Sonne ging mit jeder Dämmerung weiter südlich auf.
Die ersten Schneeflocken fielen zwei Nächte vor der Ankunft auf der Insel Mephitic.
Walker stand am Bug des Luftschiffs und betrachtete die Insel, während sie sich ihr näherten. Die Flugreiter hatten sie vor einigen Stunden entdeckt. Redden Alt Mer hatte den Kurs korrigiert, nachdem er die Neuigkeit erfahren hatte, und jetzt lag Mephitic genau vor ihnen, ein grünes Juwel, das hell in der Mittagssonne funkelte.
Diese Insel unterschied sich von den beiden anderen, aber das hatte Walker ja schon gewusst. Mephitic war groß und breit, bestand aus welligen Hügeln, dichtem Wald und weitem Grasland. Hier gab es keine hohen Klippen wie auf Shatterstone oder öde Felsen wie auf Flay Creech. Die Insel war außerdem größer als die beiden vorherigen, so groß, dass Walker am dunstigen, herbstlichen Mittag nicht das andere Ende sehen konnte. Sie wirkte auch nicht so Unheil verkündend. Vielmehr erinnerte sie an das Westland, wo es an die Ebene von Streleheim grenzt. Während das Luftschiff auf die Küste zu sank und langsam darüber kreiste, beobachtete er Rehe, die friedlich weideten, und Schwärme von Vögeln, die in den Himmel aufstiegen. Nichts an diesem Ort erweckte einen gefährlichen oder bedrohlichen Eindruck.
Schon beim ersten Überfliegen fand Walker, wonach sie suchten. Eine wuchtige Burg stand auf einer niedrigen Klippe in Richtung Westen. Davor lag dichter Wald, dahinter eine weite Ebene. Die Burg war alt und zerfallen, die Fallgitter waren zerstört, Fenster und Türen leere dunkle Löcher und Höfe sowie Wehrgänge verwaist. In einem anderen Zeitalter war es eine mächtige Festung gewesen, und die Mauern und Nebengebäude breiteten sich über eine Meile in alle Richtungen aus. Die eigentliche Burg hatte die Größe von Paranor und erschien genauso prächtig.
Anders als die beiden ersten Inseln, von denen nur die Namen auf der Karte standen, war Mephitic deutlich gezeichnet. Vor allem die Festung wurde erwähnt. Der dritte und letzte Schlüssel befand sich irgendwo darin.
Walker zog seine schwarze Robe enger um sich und starrte zur Burg. Die wachsende Unzufriedenheit auf dem Schiff entging ihm nicht. Sicherlich konnte er einen Teil davon auf sich selbst zurückführen. Er hatte sich sehr von den Männer und Frauen an Bord fern gehalten, doch nicht, ohne die Folgen zu bedenken, und nicht aus den Gründen, die man auf dem Schiff vermutete. Er wusste Dinge, die ihnen unbekannt waren, und eine Sache hatte ihn dazu veranlasst, alle auf Armeslänge von sich zu halten, seit er sich erholt hatte.
Das würde sich ändern, wenn er erst einmal den dritten Schlüssel hatte, denn dann könnte er ihnen Hoffnung machen, dass sie das Versteck erreichen und öffnen könnten.
Sicherlich war alles nicht so einfach, wie es von außen erschien, aber wann war schon etwas so, wie es aussah?
Er verspürte eine bittere Zufriedenheit darüber, die Wahrheit zu kennen, aber wirklich besser fühlte er sich dadurch nicht. Hunter Predd hatte ein gutes Recht, wütend auf ihn zu sein, weil er sich dermaßen in Geheimniskrämerei hüllte. Sie alle hatten das Recht dazu, mehr als sie ahnten. Das erinnerte ihn an die Verbitterung, die er selbst vor langer Zeit Druiden entgegengebracht hatte. Er kannte die Natur ihres Ordens. Sie nutzten Macht aus und verwahrten Geheimnisse. Sie manipulierten und betrogen. Vor allem führten sie Ereignisse herbei und setzten andere Menschen zum Wohl der Vier Länder ein. Er hatte niemals zu ihnen gehören wollen, und eigentlich wollte er das auch heute noch nicht. Obwohl er einer von ihnen geworden war, ein Teil ihres Ordens und ihrer Geschichte, hatte er sich
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