Shannara VII
Sie mochte ihn hassen und verachten, aber sie wusste, wie Furcht erregend und klug er war. Er würde sein Rätsel lösen und zu dem Versteck weiterfahren, das sie beide zu finden beabsichtigten. Sie würden die Sache zwischen sich austragen, und ihr lebenslanger Hass würde endlich zur Ruhe kommen. Alles lief so ab, wie sie es vorgesehen hatte. Er würde sie nicht enttäuschen.
Dennoch blieb da eine gewisse Unsicherheit zurück und nagte beständig an ihr. Vielleicht überschätzte sie ihn. Hatte er überhaupt schon bemerkt, auf welche Weise er bei seiner Suche beeinflusst wurde? Hatte er, wie sie, den verborgenen Sinn des Schiffbrüchigen und der Karte erkannt?
Sie runzelte die Stirn. Das musste sie zumindest annehmen. Sie konnte es sich nicht leisten, von etwas anderem auszugehen. Aber es wäre schon interessant zu wissen. Vielleicht konnte ihr Spion es ihr verraten. Aber das Risiko war zu groß, ihn bei einer Kontaktaufnahme möglicherweise bloßzustellen.
Sie schritt nach vorn zum Bug und blickte eine Zeit lang hinaus in die Dunkelheit, dann zog sie eine kleine Milchglaskugel aus ihrer Robe und hielt sie ins Licht. Leise sang sie die Kugel an; das Glas wurde klar und zeigte ein Bild der Jerle Shannara, die vor der Burgruine geankert hatte. Sie betrachtete es aufmerksam und suchte nach dem Druiden, doch der war nirgends zu sehen. Elfenjäger hielten an Bug und Heck Wache, und ein stämmiger Fahrender stand am Steuer. In der Mitte des Schiffes befand sich der seltsame Kasten, den der Druide an Bord hatte bringen lassen und der durch magische Ketten bewacht wurde.
Was war bloß darin verborgen? Was musste er so sorgsam bewachen?
»Die Elfen wissssen nicht um unss, Herrin«, zischte jemand neben ihr. »Ssollen wir ssie alle im Schlaf umbringen?«
Zorn flammte lodernd wegen dieser Unterbrechung in ihr auf. »Wenn du noch einmal ohne Erlaubnis an mich herantrittst, Cree Bega, werde ich vergessen, wer dich geschickt hat und weshalb du hier bist, und dir einfach die Haut abziehen.«
Der Mwellret verneigte sich unterwürfig. »Entschuldigt, Herrin. Aber wir verschwenden unssere Zeit und unssere bessten Gelegenheiten. Töten wir ssie, und damit hat ess ssich!«
Sie hasste Cree Bega. Der Anführer der Mwellrets wusste, sie würde ihm nichts tun; der Morgawr hatte ihm persönlich seinen Schutz gegen sie garantiert. In seiner Gegenwart hatte sie einen Schwur ablegen müssen. Bei der Erinnerung daran hätte sie sich am liebsten übergeben. Er fürchtete sich aber ohnehin nicht vor ihr. Mwellrets waren gegen die kontrollierenden Kräfte der Magie immun, und Cree Bega mehr als die meisten. Dazu gesellten sich noch seine unerträgliche Arroganz und seine offene Verachtung ihr gegenüber.
Aber sie war die Ilse-Hexe, und sie offenbarte ihm nichts von ihrer Gereiztheit. Niemand brachte sie in Verlegenheit, solange sie es nicht wollte.
»Sie tun die Arbeit für uns, Ret. Wir lassen sie weitermachen, bis sie fertig sind. Dann kannst du so viele umbringen, wie du möchtest - außer einem.«
»Ich weissss von deinem Anspruch auf den Druiden, Herrin«, schnurrte er. »Gibsst den Resst mir und den meinen. Wir werden zufrieden ssein. Kleine Leute, Elfen, gehören unss.«
Sie fuhr mit der Hand über die Kugel. Das Bild der Jerle Shannara verschwand, und die Kugel wurde wieder weiß. Sie steckte das gute Stück zurück in die Robe, ohne auch nur einen einzigen Blick auf die Kreatur neben ihr zu werfen. »Euch gehört gar nichts, was ich euch nicht gebe. Vergiss das nicht. Jetzt geht mir aus den Augen.«
»Ja, Herrin«, erwiderte er ohne einen Funken Respekt oder Furcht und glitt in die Dunkelheit davon wie Öl über schwarzes Metall.
Sie sah nicht nach, ob er wirklich gegangen war. Es spielte keine Rolle, was sie dem Morgawr versprochen hatte, dachte sie. Wenn sie mit dieser Sache fertig war, dann war sie auch mit diesen verräterischen Kröten fertig. Mit allen von ihnen, gleichgültig, was sie dem Morgawr versprochen hatte. Und Cree Bega würde der Erste sein.
Die Nacht war ruhig und windstill, und sie wiegte die Jerle Shannara wie ein schlummerndes Kind sanft in den Armen. Bek Rowe setzte sich plötzlich auf, starrte in die Dunkelheit und lauschte dem Schnarchen und Atmen von Quentin, Panax und den anderen. Jemand hatte seinen Namen gerufen, ihn in seinem Kopf geflüstert, mit einer Stimme, die er nicht erkannte, mit Worten, die er beim Erwachen augenblicklich vergessen hatte. War das nur Einbildung gewesen?
Er erhob
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