Shannara VIII
und eine Möglichkeit, eine Schwachstelle suchte, um es aufzuhalten. Stöhnen und Schreie vermischten sich mit dem Klirren der eisernen Waffen. Klingen blitzten im Sonnenlicht auf, und schweißglänzende oder staubbedeckte Körper kämpften darum, auf den Beinen zu bleiben und sich das metallene Ungeheuer vom Leib zu halten.
»Leah!«, brüllte Quentin wuterfüllt und hieb ein ums andere Mal auf den Wronk ein, der einst Ard Patrinell gewesen war. Voller Schrecken beobachtete er, wie dieser reagierte, mit unbeirrbarem Instinkt und den Fähigkeiten eines Hauptmanns der Leibwache sowie allem Wissen übers Fechten, welches Ard Patrinell sich in den über zwanzig Jahren Kampf und Ausbildung angeeignet hatte. Es war einfach fürchterlich, als lebe Patrinell noch, als sei sein Geist in dieser Metallhülle gefangen und könne deren Handeln bestimmen und über ihre Reaktionen nachdenken. Man hatte den Eindruck, er wisse, was Quentin als Nächstes tun würde, ehe dieser es sich selbst überlegt hatte, als könne er jede Bewegung des Hochländers voraussehen.
Und möglicherweise konnte er das, dachte Quentin entsetzt. Ard Patrinell hatte dem Hochländer fast alles beigebracht, was er über Fechten wusste. An Bord der Jerle Shannara hatte Patrinell Quentin in den Tricks und Finten unterrichtet, die ihm in einem Kampf das Leben retten konnten. Quentin hatte einen guten Schüler abgegeben, aber Patrinell beherrschte seine eigenen Tricks natürlich viel besser.
Mit ihm auch dieser Wronk, zu dem er geworden war, dieses Monstrum, diese schauderhafte Verschmelzung aus Metall und Fleisch.
Wieder fiel ein Rindge, blutig und zerschmettert, vom Hals bis zum Schritt aufgeschlitzt. Obat und die verbliebenen Rindge drehten sich um und gaben Fersengeld. Auch Quentins kleine Gruppe wich vor dem erneuten Ansturm des Wronks zurück. Verzweiflung machte sich auf ihren Mienen breit und raubte ihnen die Entschlossenheit. Aber dann kehrte ihr Glück zurück. Während seines Angriffs verfing sich der Wronk mit den Füßen in der Leiche eines Rindge, stolperte und ging zu Boden. Augenblicklich stand er wieder, doch ein gebrochener Knochen des Toten hatte sich in einem Gelenk verkeilt. Der Wronk brauchte nur wenige Momente, um sich zu befreien, doch diese nutzten Quentin und seine Freunde, um den anscheinend hoffnungslosen Kampf abzubrechen und sich der Flucht der Rindge anzuschließen. Auf diese Weise würden sie die Auseinandersetzung niemals gewinnen, also mussten sie einen neuen Plan schmieden. Bis dahin hielt man sich am besten von dem Ungetüm fern.
Während der Flucht schoben sie die Waffen in die Scheide und rannten in den Wald. Obat verlangsamte den Schritt, damit sie aufholen konnten, und rief Panax etwas zu, der darauf antwortete; dann tauchten sie alle im Wald unter. Sekunden später verschwanden die Ruinen aus dem Blickfeld. Lange Zeit rannten sie weiter. Verschiedene Rindge gesellten sich zu ihnen, alle keuchten, alle waren in Schweiß gebadet, alle von Furcht ergriffen. Quentin spürte, wie die Magie seines Schwertes nachließ, wie ein roter Nebel sich in innere Leere und unerfüllte Sehnsucht verwandelte, in ein Gemisch von Emotionen, die ihn zu zerreißen drohten. Er fühlte sich ausgebrannt und durch und durch entmutigt, und während der eine Teil von ihm den Kampf am liebsten fortgesetzt hätte, dachte der andere nur ans Davonrennen.
Wie lange oder wie weit sie liefen, hätte er nicht zu sagen gewusst. Sie hatten sich ein gutes Stück von den Ruinen entfernt, ehe die verzweifelte und niedergeschlagene Schar taumelnd zum Halt kam. Im schwindenden Nachmittagslicht ließen sie sich erschöpft auf die Knie fallen und lauschten zwischen keuchenden Atemzügen auf Geräusche, die auf eine Verfolgung hindeuteten. Quentin blickte Tamis an, und plötzlich stieg in ihm ein fürchterliches Schamgefühl auf. Ihr gesetztes Ziel hatten sie vollständig verfehlt. Auf keinen Fall waren sie jetzt besser dran als vor der Erkundung des Lüftungsschachts - vielleicht sogar schlechter, da sie nun um das Schicksal eines ihrer Vermissten wussten, das möglicherweise auch die anderen ereilt hatte.
Tamis erwiderte seinen Blick. Die Tränen in ihren Augen überraschten ihn. »Sieh mich nicht so an!«, fauchte sie.
Obat sprach mit einem der Rindge, woraufhin sich der Mann erhob und in Richtung der Ruinen zurücklief - er sollte, so vermutete Quentin, herausfinden, ob das Ding, vor dem sie flohen, ihnen noch immer auf den Fersen war.
Panax gesellte sich
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