Shannara VIII
erschrocken einen Schritt zurück.
Wie ein Schatten oder ein Dämon oder vielleicht eine Mischung aus beidem, aber vor allem wie ein Ungeheuer aus einem Albtraum, das in die wirkliche Welt geflohen ist, drehte sich das Ding - denn ein anderes Wort dafür gab es nicht - zu ihnen um.
Es war Ard Patrinell.
Oder was von ihm übrig war.
Kapitel 14
Während sich Quentin Leah vorgestellt hatte, was seinen vermissten Freunden möglicherweise zugestoßen war, hatte er an einige Furcht erregende und grauenhafte Möglichkeiten gedacht, doch nicht im Entferntesten an eine Kreatur, wie sie ihnen nun gegenüberstand. Das Wesen vor ihnen, das Ding, das einst Ard Patrinell gewesen war, überstieg jegliche Vorstellungskraft. Es bestand einerseits aus Fleisch und Knochen und andererseits aus Metall. Im Inneren funktionierte eine Maschine: Der Hochländer hörte das ständige Surren aus dem Metalltorso, an dem die anderen Teile befestigt waren. Die Beine und der linke Arm bestanden ebenfalls aus Metall, und alle drei Teile hatten Streben, die an Knien, Ellbogen, Füßen und Händen Kugelgelenke aufwiesen, von Kabeln umgeben, welche an dem Wesen verlegt waren wie Arterien und Venen in einem menschlichen Körper.
Von dem alten Ard Patrinell waren der rechte Arm und das Gesicht geblieben. Die Gesichtszüge des Hauptmanns der Leibgarde erkannte man sofort. Der mit einer Metallkappe versehene Kopf steckte in einem hohen Kragen. Es ließ sich nicht erkennen, ob der Kopf noch mit irgendeinem Teil seines Körpers verbunden war, obwohl Quentin selbst im trüben Licht des Lüftungsschachtes Farbe in den ausdrucksstarken Zügen und eine Bewegung der Augen bemerkte. Aber keinerlei Zweifel hatte er in Hinsicht auf den rechten Arm, der aus einer Metallschulter ragte und dort ebenso mit einem Kugelgelenk angebracht war wie die übrigen Glieder.
Rote und grüne Lichter blinkten wie winzige Glasaugen überall an dem glänzenden Torso, und Zahlen in Fensterchen klickten und surrten und steuerten Funktionen, die Quentin sich kaum ausmalen konnte. Die Füße waren mit einem weichen Material gedämpft, deshalb erzeugte das Wesen beim Gehen nur ein dumpfes Stampfen, kein metallisches Klacken. In der menschlichen Rechten hielt das Ding ein breites Schwert. Die metallene Linke hatte ein langes Messer umschlossen, am Unterarm war zudem ein Schild befestigt.
Als es sie sah - und es sah sie, das konnten sie an der Bewegung der Augen und dem Zucken des Körpers erkennen -, ging es, ohne zu zögern, auf sie los und hob die Waffen zum Angriff.
Einen Augenblick lang hielt die Gruppe die Stellung, eher, weil sie unfähig waren, sich zu rühren, und nicht, weil sie übermäßiger Mut antrieb. Dann schrie Tamis: »Nein! Raus hier!«
Sie wichen zurück, langsam zunächst, dann schneller, während auch das Ungeheuer den Schritt beschleunigte. Es hatte großes Körpergewicht, dennoch wirkten die Bewegungen geschmeidig und unangestrengt, als wäre ein Teil von Ard Patrinells Behändigkeit in der neuen Gestalt eingefangen worden. Schließlich begannen der Zwerg, der Hochländer und die drei Elfen zu rennen, angetrieben von Furcht und Entsetzen, und dazu hetzte sie noch ein weiterer Grund. Sie wollten sich nicht einem Ding stellen, das zum Teil aus jemandem bestand, den sie gekannt und bewundert hatten. Ard Patrinell war ihr Freund gewesen, und keiner von ihnen wollte gegen seinen Schatten kämpfen.
Aber was sie wollten, zählte nicht sehr viel. Sie flogen den Gang entlang, den sie gekommen waren, riefen einander ermutigende Worte zu, und Tamis schrie, sie sollten nach draußen laufen, wo sie mehr Platz hatten, um sich zu verteilen. Und wo die Rindge ihnen vielleicht Hilfe leisten konnten, dachte Quentin, ohne es auszusprechen. Kian und Wye, zähe Kerle in hervorragendem körperlichem Zustand, waren den anderen dreien bald ein gutes Stück voraus. Tamis ließ sich absichtlich ein wenig zurückfallen und hielt ein Auge auf Panax, der sich mit dem Laufen abmühte. Quentin hätte mit den schnellen Elfen mithalten können, der Zwerg dagegen war zu stämmig und nicht für große Geschwindigkeiten gebaut. Schon bald keuchte er heftig, und das unermüdliche Metallungeheuer hinter ihnen holte auf.
An der ersten Gabelung des Ganges drehte sich Quentin zu ihrem Verfolger um und rief den anderen zu, sie sollten weiterlaufen. Er stellte sich in die Mitte, hob das Schwert von Leah und griff das Ding an, das früher einmal Ard Patrinell gewesen war. Es kam auf ihn zu, ohne
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