SHANNICE STARR (German Edition)
erwischt?«
»Alles eine Frage der Zeit, Jack«, erklärte Miles Conaghan. »Orchid ist allein. Wir greifen von zwei Seiten an. Ein Colt gegen drei Gewehre – das ist ’ne Rechenaufgabe, Jack.«
Steamboat Jack, ehemaliger Mississippi-Dampfbootkapitän, brummte unverständlich vor sich hin. Dann meinte er: »Slaine und ich hätten das Thema schnell abgehakt.«
»Du und Slaine«, ließ Conaghan jede Silbe genüsslich auf der Zunge zergehen, »habt ein unleugbares Talent für Massaker. So weit brauchen wir aber nicht zu gehen, um einen einzelnen Mann auszuschalten, der sich im Übermut einfach nur mit den falschen Leuten angelegt hat. – Und jetzt lasst uns tun, was wir tun müssen.«
Die drei verschwanden durch die Hintertür. Für sie war klar, dass Sheriff Tex Orchid in wenigen Minuten sterben würde …
»Du schleichst dich von der Rückseite ran«, wies Miles Conaghan den Hünen mit der Augenklappe an. »Lucy und ich dringen durch das Scheunentor ein, nehmen den Sheriff unter Feuer, damit du ihn ungehindert abknallen kannst.«
Steamboat Jack grinste. »Das erste kluge Wort, das ich heute höre.« Er huschte hinüber zu dem Loch, das der Sheriff in die Scheunenfassade gerammt hatte, und stellte sich daneben. Judy Garrett und Miles Conaghan rannten um das Gebäude herum. Während die blonde Frau links vom Tor stehenblieb, sprang Conaghan auf die rechte Seite. Höchstens eine Sekunde war er in dem Spalt zwischen den aufgezogenen Torflügeln zu sehen, doch diese Zeit reichte Tex Orchid, um aus dem Innern der Scheune zwei Schüsse abzugeben, die den Boden nahe bei Conaghans Füßen aufspritzen ließen.
»Heute nicht gut in Form?«, spottete Miles Conaghan und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Bretterwand.
»Komm rein, und du siehst, dass ich noch verflixt gut mit dem Colt umgehen kann!«, hallte es aus der Scheune.
»Wir sind zu zweit!«, log Conaghan. »Gib lieber auf, Orchid!«
»Du Bastard kennst also meinen Namen«, erwiderte der Sheriff. »Ich bin schon gespannt, euch kennenzulernen. Will zu gerne wissen wie jemand aussieht, der wehrlose Reisende wie krankes Vieh abknallt!«
Judy Garretts Gewehrmündung schob sich in den Torspalt. Dreimal kurz hintereinander krachten Schüsse.
»So einfach kriegt ihr mich nicht!«, höhnte Tex Orchid. »Aber wenn ihr jetzt aufgebt, sind vielleicht noch mildernde Umstände drin!«
Miles Conaghan schmunzelte. Er hielt seinen Revolver fest in der rechten Hand und beugte sich vor, sodass der Sheriff seine Hutkrempe am Tor sehen musste.
»Ich kenne kein Gesetz, das mildernde Umstände für Mord gewährt«, rief er dem Sheriff zu. »Also lassen wir doch das unnütze Gerede und kommen endlich zur Sache!«
»Wenn du es so willst …« Schrittgeräusche aus der Scheune wurden laut – und genau diesen Augenblick nutzten Conaghan und seine Freundin, um vorzuspringen und ihre Waffen abzufeuern. In Sekundenschnelle hatte Conaghan seinen Sechsschüsser leergeschossen; Judy Garrett jagte Kugel um Kugel aus ihrer Rifle und repetierte mit einer Geschwindigkeit, der das Auge kaum zu folgen vermochte. Gleichzeitig drückte auch Tex Orchid mehrfach ab, hatte aber genug damit zu tun, dem Kugelhagel der beiden Angreifer auszuweichen, sodass er keinen direkten Treffer anbringen konnte. Und ob es Glück war oder die Erfahrung eines langen Lebens – instinktiv warf der Sheriff sich zur Seite, als er die stolpernden Laute in seinem Rücken hörte und die Mündung eines weiteren Gewehrs mehr ahnte, als dass er sie sah. Haarscharf jagte eine Kugel an seinem Kopf vorbei und schlug in einen verrottenden Heuhaufen. Orchids Colt schwenkte dem Schützen entgegen, konnte diesen jedoch nicht fixieren, da ihm bereits flammende Blitze entgegenschlugen. Heiß schlug eine Kugel in die Hüfte des Sheriffs, während der Rest der Salve knapp neben ihm Löcher in den Boden stanzte. Auf dem Rücken liegend legte Orchid den Kopf in den Nacken und sah einen Mann und eine Frau vom Tor her heraneilen. Ihre Waffen waren drohend auf ihn gerichtet.
»Ende der Fahnenstange!«, schallte es dem Sheriff entgegen. »Mach deinen Frieden mit Gott …«
»Conaghan!«, stieß Tex Orchid hervor. » Sie haben die Kutsche überfallen?«
»Nicht nur die«, erwiderte der Mann kalt. »Aber das braucht dich nun nicht mehr zu interessieren.«
Tex Orchid streckte sich lang am Boden aus; er wusste, wann er verloren hatte. Und nichts mehr drängte ihn danach, sein Leben so teuer wie möglich verkaufen zu wollen.
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