SHANNICE STARR (German Edition)
natürliche Abneigung gegen Strolche, die einen Wehrlosen hetzen und töten wollen.«
»Sie sind nicht von hier«, sagte Miles Conaghan. »Folglich können Sie nicht wissen, worum es geht.«
»Mir reicht, was ich sehe.« Shannice trat auf den Sidewalk und ging einige Schritte über die Main Street. Ihr Gewehr hielt sie zielsicher im Anschlag.
»Und mir reicht das Gequatsche!«, zischte Judy Garrett, ließ sich katzengewandt in die Hocke fallen und zog den Stecher ihrer Rifle durch. Shannice entging der heimtückischen Attacke, nutzte ihre raubtierhaften Reflexe und erwiderte das Feuer. Judy Garrett spürte den Atem des Todes, als die Kugel nur wenige Zentimeter an ihrem Gesicht vorbeischoss und die Scheunenfassade durchschlug. Conaghan riss, noch während er sich duckte, seinen Revolver hoch und zog zweimal ab. Hinter Shannice hackten die Geschosse in eine Bretterwand. Die Halbindianerin jedoch reagierte ohne Verzögerung und schoss Conaghan den Stetson vom Kopf. Eine nachfolgende Salve riss Judy Garrett die Winterjacke an der Schulter auf.
»Los! Zurück in die Scheune!« Miles Conaghan zerrte seine Freundin am Kragen. Inzwischen aber war Steamboat Jack beim Tor aufgekreuzt, wollte anlegen und duckte sich unter dem Splitterregen, den Shannice mit einigen gezielten Schüssen in den Torflügel auslöste. Der Mann mit der Augenklappe verriss sein Gewehr und jagte seine Kugeln in den Himmel.
Fluchend heftete sich Judy Garrett an Conaghans Fersen. Erst im Schutz der Scheune machte sie ihrem Ärger Luft.
»Ich ziehe nicht den Schwanz ein! Von der Schlampe lasse ich mich nicht einschüchtern!«
»Zuerst bringen wir das Geld zur Ranch«, warf Conaghan ein. »Danach schnappen wir uns die Frau. Denn so, wie ich das sehe, ist sie uns nicht das letzte Mal über den Weg gelaufen.« Er sah hinüber zu Sheriff Tex Orchid, der immer noch auf dem Boden saß und sich die verletzte Hüfte hielt. »Hast noch mal Glück gehabt, Orchid. Ich an deiner Stelle würde mein Glück aber nicht überstrapazieren.«
Nacheinander setzten sich Miles Conaghan, Steamboat Jack und Judy Garrett durch die rückwärtige Öffnung in der Scheune ab.
Bedächtig und mit äußerster Wachsamkeit ging Shannice auf die Scheune zu, nachdem ihre drei Widersacher untergetaucht waren. Einige Augenblicke lang stand sie neben dem Torflügel, bis sie sich mit vorgehaltener Waffe durch den Spalt schob, bereit, auf jede verdächtige Bewegung zu reagieren und im Bruchteil einer Sekunde abzudrücken. Doch der erwartete Hinterhalt blieb aus. Stattdessen traf sie auf einen einzelnen Mann, der sich mühsam erhob und den sie zuvor noch nie gesehen hatte. Einzig das Abzeichen an seiner Brust ließ sie ahnen, was hier vorgefallen sein mochte.
»Auf der Jagd nach schweren Jungs, Sheriff?«, fragte sie und senkte den Lauf ihrer Rifle.
Der Mann sah verdutzt auf, hatte sich jedoch rasch wieder im Griff.
»Ihnen habe ich also meine Rettung zu verdanken«, meinte er stockend. Seine Hand presste sich an die Hüfte. Das Blut der Schusswunde hatte die Kleidung durchnässt. »Ich hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen.«
»Wer sind die Typen?«, wollte Shannice wissen.
»Elende Halsabschneider!«, presste Tex Orchid hervor. »Haben eine Postkutsche überfallen und drei Menschen getötet. Der Vierte ist schwer verletzt. Wer weiß, welche Gräueltaten sonst noch auf ihr Konto gehen.«
»Wenn wir ihnen auf den Fersen bleiben«, warf Shannice ein, »können wir sie noch stellen.«
»Das ist nicht Ihr Job, Ma’am!«, winkte Orchid ab.
»Mein Name ist Shannice Starr.«
Tex Orchid stellte sich ebenfalls vor, wandte jedoch ein: »Das ist eine Sache zwischen mir und denen. – Verflucht! Dass ausgerechnet Miles Conaghan dahintersteckt …!«
»Sie kennen die Ganoven?« Shannice war verblüfft.
»Conaghan ist ein einflussreicher Mann in Cowdrey«, antwortete der Sheriff. »Anscheinend versucht er, durch Überfälle an noch mehr Macht und Geld zu kommen. Gemeinsam mit seiner Geliebten, dieser blonden Hexe Judy Garrett.«
»Wenn das so ist«, folgerte Shannice, »ist es doch kein Problem, den Kerl und seine Bande hinter Schloss und Riegel zu bringen. Sie nehmen sie in Gewahrsam und überlassen den Rest dem Richter.«
Tex Orchid lachte freudlos auf. »Ich allein kann gar nichts machen. Wahrscheinlich steht der Richter sogar auf Conaghans Gehaltsliste. – Sehen Sie, Miss Starr, in dieser Situation kann ich nur mit dem Colt etwas ausrichten. Alles andere hat keine
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