SHANNICE STARR (German Edition)
bedanken. Zwischen ihnen beiden hatte sich ein schillerndes Band aufgebaut, das selbst der Tod nicht zerreißen konnte.
Ihre blassen Lippen hauchten einen Kuss auf die Stirn des Toten.
Schließlich zog sie ihren Remington aus Dreads Hosenbund und schob ihn in ihr Holster.
»Es war falsch, vor dem, was geschehen ist, fortzulaufen. Aber ich werde versuchen, diesen Fehler wiedergutzumachen. Auch wenn ich dafür mit diesem leeren, trostlosen Leben bezahlen muss …«
Das Halbblut schwang sich auf den Rappen und schnalzte dem Tier aufmunternd zu. Der Schwarze akzeptierte seine neue Herrin und ließ sich ohne Widerstand leiten.
Im Licht der sinkenden Sonne wurden Pferd und Reiter eins mit den schneebedeckten Kieferbäumen …
3
Zu Tode gehetzt
Der Ritt durch die weiße Einöde wollte nicht enden. Viel zu schnell hatten sich Shannices Vorräte aufgebraucht, und nun war es hoch an der Zeit, diese aufzufüllen, wollte die junge Cheyenne in der trostlosen Weite des Landes nicht ein verfrühtes Ende nehmen. Die Gedanken an Josh Dread, mit denen sie sich während ihres Rittes getragen hatte, gingen immer mehr unter, je drängender das Verlangen nach Nahrung und Wärme wurde. Die Flanken des Rappen zitterten, so sehr geschwächt und erschöpft war das Tier. Es wurde höchste Zeit, dass sie etwas zu essen fanden und sich Ruhe gönnen konnten. Doch in den Bergen und Wäldern gab es nichts von dem.
Zusammengekauert hielt sich Shannice im Sattel. Der Frost hatte ihre Lider verklebt und erschwerte die Orientierung. Dennoch keimte mit einem Mal Hoffnung in ihr auf, und sie musste zweimal hinsehen, um die Sicherheit zu haben, keinem Trugbild ihres Verstandes erlegen zu sein. Schwerfällig blinzelte sie, bis es keinen Zweifel mehr gab: Am Ende des Trails gab es eine Hütte!
Selbst am Ende ihrer Kräfte, redete Shannice dem schwarzen Hengst Mut zu und spornte ihn ein letztes Mal an. Keine fünfzehn Minuten dauerte es, bis sie die Hütte erreicht hatten.
Hüfthohe Verwehungen hatten sich wie eine schützende Mauer um das Gebäude gelegt. Es ging leichter Wind, der Schneeflocken aufstieben ließ. Doch hinter den zugefrorenen Fensterscheiben flackerte warmer Schein.
Shannice fiel mehr, als dass sie von dem Pferderücken hinunterkletterte. Schwankend erreichte sie die Blockbohlentür und warf sich dagegen, denn ihre Arme schmerzten, und jede Bewegung verursachte ein hässliches Ziehen in ihren Muskeln.
Wieder und wieder stieß sie hart mit der Schulter gegen das massive Holz, bis sie das Stampfen schwerer Stiefel vernahm, und die Tür spaltbreit nach innen aufgezogen wurde. Ein Cowboy in Wollpullover und verbeulten Jeans zeigte sich in der schmalen Öffnung. In seinem Mundwinkel hing ein Zigarettenstummel. Misstrauisch verengte er die Augen, als er Shannice sah, doch dann zog er die schwere Tür auf und ließ sie eintreten. Gerade noch konnte er das Halbblut auffangen, als dieses vornüber fiel und haltlos zu Boden gestürzt wäre.
»Immer langsam, Ma’am«, brummte der Cowboy, ohne dabei die Lippen zu öffnen. Und über die Schulter gewandt rief er: »Helft mir mal, Jungs! Dem Girl geht’s richtig dreckig.«
Die Hütte hatte nur einen Raum. Neben einem provisorischen Kamin saßen zwei weitere Männer auf einfachen Holzstühlen. Schwerfällig erhoben sie sich und packten mit an. Sie zerrten Shannice zu einem Metallbett und legten sie auf die dünne Matratze.
»Mein Pferd …«, hauchte die Cheyenne. »Jemand muss sich um mein Pferd kümmern …«
»Randy!«, rief der Cowboy, dem sie praktisch in die Arme gefallen war. »Sieh mal nach dem Gaul und stell ihn bei unseren Pferden unter.«
Randy zog sich einen Mantel über und verließ den Raum.
»Du brauchst ’nen heißen Kaffee«, raunte der Cowboy. Er zog an seiner Zigarette, warf sie auf die Dielen und trat sie aus. »Und ’nen Happen zu futtern könntest du bestimmt auch vertragen.« Sein Kumpan stiefelte zu einer Blechkanne hinüber und schüttete einen Becher voll.
»Kalt …«, stöhnte Shannice. »So kalt …«
Der Cowboy wandte sich ab, ging zum Kamin und legte einige Scheite auf. Mit einem Feuerhaken stocherte er in der Glut. Anschließend forderte er seinen Partner auf, mit ihm gemeinsam das Bett zur Feuerstelle herüberzuschieben.
»Gleich wird’s wärmer, Mädchen«, redete er Shannice gut zu. »Die Kälte steckt dir in den Knochen. Wird ’ne Weile dauern, bis du aufgetaut bist.« Er reichte ihr den Kaffeebecher, erkannte jedoch, dass
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