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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Parvati stand in Kumars Küche und kochte. Ihr dicker schwarzer Zopf war das Seil, an dem sich ein Mann in den siebten Himmel hangeln konnte. Ihre zierliche Figur – sie war klein, sogar noch kleiner als Prabaker – war sein Fleisch gewordenes Verlangen. Und als sie uns das Gesicht zuwandte, sahen wir ihre Augen: sie waren reines, schwarzes Feuer.
    Leider stand ihre Mutter Nandita hinter ihr, ein furchterregendes Weib, dessen Gewicht und Taillenumfang sich auf das Dreifache ihrer zierlichen Töchter Parvati und Sita zusammen belief. Jetzt betrachtete sie uns finster, und in ihrer Miene mischten sich die Gier nach unserem Geld, das wir hier auszugeben gedachten, und ihre Verachtung für das männliche Geschlecht. Ich lächelte sie an und wiegte den Kopf. Das Lächeln, mit dem sie das meine erwiderte, hatte jedoch bemerkenswerte Ähnlichkeit mit der wilden Grimasse, die Maori-Krieger ziehen, wenn sie ihre Feinde einschüchtern wollen.
    »Die letzte Aktion des guten Vikram«, fuhr Didier fort, »bestand darin, dass er auf dem Chowpatty Beach ein Pferd gemietet hat und zu Letitias Wohnung am Marine Drive geritten ist, um ihr vor ihrem Fenster ein Ständchen zu bringen.«
    »Und, hat es gewirkt?«
    »Non, leider nicht. Das Pferd hat eine Ladung merde auf dem Gehweg vor dem Haus deponiert – zweifellos während einer besonders ergreifenden Stelle von Vikrams Lied –, und die vielen anderen Bewohner des Hauses haben ihrer Empörung dadurch Ausdruck verliehen, dass sie den armen Vikram mit vergammelten Lebensmitteln bewarfen. Es sollte an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden, dass Letitia noch widerlichere Wurfgeschosse als ihre Nachbarn warf und außerdem noch besser traf.«
    »C’est l’amour«, seufzte ich.
    »Genau – merde und verdorbenes Essen, c’est l’amour«, pflichtete Didier mir eilends bei. »Ich glaube wirklich, dass ich mich in diese Liebesgeschichte einmischen muss, wenn sie glücklich enden soll. Der arme Vikram – er ist schon ganz dumm vor lauter Liebe, und wenn Letitia etwas nicht leiden kann, dann ist es Dummheit. Maurizio dagegen war in letzter Zeit ziemlich erfolgreich. Er hat zusammen mit Modena, Ullas Geliebtem, irgendein großes Geschäft abgewickelt und schwimmt derzeit im Geld, wie unsere liebe Letitia sich ausdrücken würde. Er gilt in Colaba mittlerweile als bedeutender Dealer.«
    Ich zwang mich, meine ausdruckslose Miene beizubehalten, während mich eifersüchtige Gedanken an den attraktiven, vom Erfolg berauschten Maurizio quälten. Es fing wieder an zu regnen, und als ich kurz hinausschaute, sah ich, wie die Leute, mit geschürzten Hosen und Saris über die vielen Pfützen hüpfend, nach Hause rannten.
    »Erst gestern«, fuhr Didier fort, während er seinen Tee im Stil der Slumbewohner aus der Tasse in die Untertasse goss und vorsichtig schlürfte, »erst gestern ist Modena in einem Wagen mit Chauffeur vor dem Leopold’s vorgefahren. Und Maurizio trägt jetzt eine Zehntausend-Dollar-Rolex. Allerdings …«
    »Allerdings?«, half ich nach, als er innehielt, um einen Schluck zu trinken.
    »Na ja, die Geschäfte, denen die beiden nachgehen, sind ausgesprochen riskant. Maurizio ist nicht immer … ehrenhaft in seinem Geschäftsgebahren. Wenn er die falschen Leute gegen sich aufbringt, wird es ein fürchterliches Blutvergießen geben.«
    »Und was ist mit dir?« Ich wechselte das Thema, damit Didier nicht die Schlange der Bosheit sah, die ihr hässliches Haupt in mir emporreckte, als er davon sprach, dass Maurizio in Schwierigkeiten geraten könnte. »Gehst du nicht selbst ein ziemliches Risiko ein? Ich habe gehört, dein neuer … Schwarm ist kurz davor überzuschnappen oder so ähnlich. Lettie meint, er wäre extrem reizbar und würde bei jeder Gelegenheit in die Luft gehen.«
    »Der?«, meinte Didier abfällig, die Mundwinkel seines ausdrucksvollen Mundes nach unten gezogen. »Ach was. Der ist nicht gefährlich. Allerdings kann er einen ganz schön auf die Palme bringen, und das ist schlimmer, als wenn er gefährlich wäre, n’estce pas ? Es ist einfacher, mit einem gefährlichen Mann zurechtzukommen als mit einem, der einen aufregt.«
    Prabaker kaufte bei Kumar an der Theke drei Beedies, die er gleichzeitig in der Hand hielt und mit demselben Streichholz anzündete. Er reichte Didier und mir je eines, setzte sich wieder zu uns und rauchte zufrieden.
    »Ach ja, es gibt noch eine Neuigkeit – Kavita hat eine neue Stelle bei einer Zeitung, dem Noonday. Sie schreibt Features.

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