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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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mir und ihrer wilden ausgelassenen Party. Und während ich dort auf dem Deck der sanft schwankenden Fähre saß, dachte ich an Ulla und an die Angst, die in ihren saphirblauen Augen geschimmert hatte, als wir im Taxi miteinander sprachen.
    Ulla hatte Geld gebraucht, tausend Dollar, und ich hatte sie ihr gegeben. Sie hatte mich gebeten, sie zu ihrem Hotelzimmer zu begleiten, wo sie ihre Kleider und Habseligkeiten zurückgelassen hatte. Wir fuhren zusammen hin, und obwohl sie vor Angst zitterte, holten wir ihre Sachen und bezahlten die Rechnung, ohne dass es zu einem Zwischenfall gekommen wäre. Sie steckte in Schwierigkeiten, wegen irgendeines Deals, den Modena und Maurizio eingefädelt hatten und der, wie viele von Maurizios krummen Dingern, in die Hose gegangen war. Die Männer, die ihr Geld verloren hatten, waren im Gegensatz zu anderen vor ihnen nicht bereit gewesen, den Verlust einfach hinzunehmen und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Sie wollten ihr Geld zurück, und sie wollten, dass jemand Federn ließ. Und das nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
    Ulla sagte mir nicht, wer die Typen waren. Sie sagte mir nicht, warum die Männer sie als mögliches Ziel für ihre Vergeltungsmaßnahmen auserkoren hatten oder was sie mit ihr tun würden, wenn sie sie erwischten. Und ich fragte nicht nach. Natürlich hätte ich es tun sollen. Es hätte mir einen Haufen Ärger erspart. Auf lange Sicht hätte es vielleicht sogar das eine oder andere Leben gerettet. Aber ich war nicht wirklich an Ulla interessiert. Ich wollte über Karla Bescheid wissen.
    »Sie ist in Goa«, sagte Ulla, als wir aus dem Hotel ausgecheckt hatten.
    »Wo in Goa?«
    »Ich weiß nicht. An einem der Strände.«
    »Es gibt eine Menge Strände in Goa, Ulla.«
    »Ja, ja, ich weiß«, jammerte sie erschrocken, weil ich so gereizt klang.
    »Du hast doch gesagt, dass du weißt, wo sie ist.«
    »Das weiß ich auch. Sie ist in Goa. Ich weiß, dass sie in Goa ist. Sie hat mir aus Mapusa geschrieben. Ich habe ihren Brief erst gestern bekommen. Sie ist irgendwo in der Nähe von Mapusa.«
    Ich entspannte mich etwas. Wir luden ihre Sachen in ein wartendes Taxi, und ich wies den Fahrer an, zu Abdullahs Wohnung in Breach Candy zu fahren. Ich sah mich genau um und war mir schließlich sicher, dass uns niemand beobachtete. Als das Taxi losfuhr, lehnte ich mich zurück und schaute eine Weile schweigend aus dem Fenster und auf die vorüberziehenden Straßen in der Dunkelheit.
    »Warum ist sie weggegangen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Aber sie muss dir irgendwas gesagt haben. Karla ist sonst nicht so maulfaul.«
    Ulla lachte.
    »Sie hat mir überhaupt nicht gesagt, dass sie weggeht. Und wenn du meine Meinung hören willst: Ich glaube, dass sie wegen dir gegangen ist.«
    Meine Liebe zu Karla erschauderte bei dieser Vorstellung, und meine Eitelkeit labte sich daran. Ich unterdrückte diesen Widerspruch, indem ich einen härteren Ton anschlug.
    »Da muss mehr dahinterstecken. Hatte sie vor irgendwas Angst?«
    Ulla lachte wieder.
    »Karla hat vor nichts Angst.«
    »Vor irgendwas hat jeder Angst.«
    »Und wovor hast du Angst, Lin?«
    Ich wandte mich ihr langsam zu und musterte sie in dem verblassenden Abendlicht. Dabei versuchte ich zu erkennen, ob sich in ihrer Frage ein Anflug von Gehässigkeit, ein Hintersinn oder eine versteckte Andeutung verbarg.
    »Was ist in der Nacht passiert, als ich dich vor dem Leopold’s treffen sollte?«, fragte ich.
    »Da konnte ich nicht. Die haben mich nicht gehen lassen. Modena, also er und Maurizio, die haben im letzten Moment ihre Pläne geändert. Ich durfte nicht weg.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, sollte ich dich gerade deshalb begleiten, weil du ihnen nicht getraut hast.«
    »Stimmt. Na ja, Modena traue ich schon, weißt du, aber er kann sich gegenüber Maurizio einfach nicht durchsetzen. Er kann nicht dagegenhalten, wenn Maurizio ihm sagt, was er tun soll.«
    »Das ist keine Erklärung«, knurrte ich.
    »Ich weiß«, seufzte sie, sichtlich verstört. »Ich versuche ja, es dir zu erklären. Maurizio hatte einen Deal geplant – na ja, einen Betrug, um genau zu sein –, und ich war sozusagen der Mittelsmann. Maurizio hat mich eingesetzt, weil die Männer, denen er das Geld stehlen wollte, mich mochten und mir irgendwie vertrauten – du weißt ja, wie das ist.«
    »Ja, ich weiß, wie das ist.«
    »Oh bitte, Lin, es war nicht meine Schuld, dass ich damals nicht gekommen bin. Ich sollte mich allein mit den Typen treffen. Und ich hatte

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