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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Angst vor denen, weil ich wusste, was Maurizio mit ihnen vorhatte, und deshalb habe ich dich gefragt, ob du mich begleitest. Als Freund. Aber dann haben sie ihre Pläne geändert, und wir haben uns alle zusammen woanders getroffen. Hey, und ich kam nicht weg, um dir Bescheid zu sagen. Ich habe dich am nächsten Tag gesucht, um dir alles zu erklären und mich zu entschuldigen, aber … du warst verschwunden. Ich habe überall nach dir gesucht, wirklich. Es hat mir so leidgetan, dass ich nicht zum Leopold’s kommen konnte, wie ich es versprochen hatte.«
    »Wann hast du erfahren, dass ich im Gefängnis war?«
    »Erst nachdem du wieder draußen warst. Ich habe Didier getroffen, und der sagte, du sähest furchtbar aus. Das war das erste, was ich … Moment mal … du … du glaubst doch nicht, dass ich etwas damit zu tun habe, oder? Dass du ins Gefängnis gekommen bist, meine ich. Glaubst du das etwa?«
    Ich erwiderte ihren Blick einen Moment lang stumm, bevor ich antwortete.
    »Stimmt es denn?«
    »Oh Gott! Oh verdammt!«, stöhnte sie, und Bestürzung entstellte ihr hübsches Gesicht. Sie schüttelte heftig den Kopf, so heftig, als wolle sie verhindern, dass sich irgendein Gedanke oder Gefühl dort festsetzte. »Anhalten! Sofort! He, Fahrer! Band karo! Abi, abi! Band karo!«
    Der Taxifahrer hielt am Straßenrand neben einer Reihe von Geschäften mit herabgelassenen Rollgittern. Die Straße war menschenleer. Er stellte den Motor ab und beobachtete uns im Rückspiegel.
    Ulla hantierte am Türgriff. Sie weinte. In ihrer Aufregung verkantete sie den Griff, sodass die Tür nicht aufging.
    »Ganz ruhig«, sagte ich, löste ihre Hände sanft vom Türgriff und hielt sie in meinen. »Es ist alles okay. Ganz ruhig.«
    »Überhaupt nichts ist okay«, schluchzte sie. »Ich weiß nicht, wie wir in diesen Schlamassel reingeraten sind. Modena ist kein guter Geschäftsmann. Die haben alles versaut, er und Maurizio. Sie haben eine Menge Leute betrogen, weißt du, und sie sind immer damit durchgekommen. Aber bei diesen Typen hat das nicht geklappt. Die sind anders. Ich hab solche Angst. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Die bringen uns um. Uns alle. Und jetzt glaubst du auch noch, dass ich die Polizei auf dich angesetzt hätte! Warum hätte ich das denn tun sollen, Lin? Hältst du mich für so einen Mensch? Bin ich so ein schlechter Mensch, dass du mir so was zutraust? Für wen hältst du mich denn?«
    Ich griff an ihr vorbei und öffnete ihre Tür. Sie stieg aus und lehnte sich ans Taxi. Ich stellte mich zu ihr. Sie zitterte und schluchzte. Ich nahm sie in die Arme und hielt sie so lange, bis sie sich ausgeweint hatte.
    »Ist ja gut, Ulla. Ich glaube nicht, dass du etwas damit zu tun hattest. Ich habe es auch vorher nicht geglaubt – nicht wirklich –, nicht mal direkt in der Nacht, als sie mich verhaftet haben. Nicht mal, als du nicht gekommen warst. Dass ich dich das gefragt habe – na ja, das habe ich getan, weil ich das Kapitel abschließen möchte. Ich musste das fragen. Kannst du das verstehen?«
    Sie schaute zu mir auf. Das Licht der Straßenlampen schimmerte in ihren großen blauen Augen. Ihre Mundwinkel hingen vor Angst und Erschöpfung schlaff herab, doch ihre Augen schienen auf eine ferne, unerschütterliche Hoffnung gerichtet.
    »Du liebst sie wirklich, oder?«
    »Ja.«
    »Das ist gut«, sagte sie träumerisch, beinahe wehmütig und mit abgewandtem Blick. »Die Liebe ist etwas Gutes. Und Karla – Karla braucht Liebe, viel Liebe sogar. Modena liebt mich auch, weißt du. Er liebt mich wirklich, aus tiefstem Herzen …«
    Einen Moment lang gab sie sich ihrer Träumerei hin, dann warf sie den Kopf in den Nacken und sah mich an. Ihre Hände umklammerten meine Arme, die sie noch immer umfingen.
    »Du wirst sie finden. Fang am besten in Mapusa mit der Suche an. Sie will noch eine Weile in Goa bleiben, hat sie mir geschrieben. Sie wohnt irgendwo direkt am Strand. In ihrem Brief stand, dass sie von ihrem Fenster aus das Meer sehen kann. Fahr hin und such sie, Lin. Wenn du sie suchst, wirst du sie finden. Das Einzige, was zählt auf der Welt, ist die Liebe, weißt du … nur die Liebe …«
    Und sie begleiteten mich, Ullas lichtfunkelnde Tränen, begleiteten mich, bis sie sich im glitzernden, mondbeschienenen Meer rings um die Fähre auflösten. Und ihre Worte, Das Einzige, was zählt auf der Welt, ist die Liebe, reihten sich wie Perlen einer Gebetsschnur der Möglichkeiten aneinander, während Musik und Gelächter mich

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