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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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begannen. Wäre ich ein anderer, ein besserer Mensch gewesen, hätte ich geweint. Und wer weiß, vielleicht hätte das alles verändert.
    »Ich dachte, du glaubst nicht an die Liebe«, antwortete ich stattdessen und versuchte vergeblich, gegen meine Gefühle anzukämpfen. Ich wollte Karla um keinen Preis in mein Herz blicken lassen und ihr offenbaren, was sie in mir auslöste, wie viel Macht sie über mich hatte.
    »Wieso Liebe?«
    »Ich … ich dachte, darüber hast du gerade gesprochen.«
    »Nein. Ich hab nur gesagt: deshalb mag ich dich so«, sagte sie lachend und schaute zum Mond hinauf. »Aber natürlich glaube ich an die Liebe. Alle Menschen glauben an die Liebe.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Ich würde sagen, dass ziemlich viele aufgehört haben, an die Liebe zu glauben.«
    »Niemand hat aufgehört, an die Liebe zu glauben. Alle wollen sich verlieben. Sie glauben nur nicht mehr an ein Happy End. Ich bin ganz sicher: Alle glauben sie noch an die Liebe und ans Verliebtsein, aber die Meisten wissen jetzt, dass … na ja, sie wissen eben, dass Beziehungen fast nie so gut enden, wie sie anfangen.«
    »Ich dachte, du hasst die Liebe. Hast du das nicht damals im Himmelsdorf gesagt?«
    »Ja, ich hasse die Liebe, genauso wie ich den Hass hasse. Aber das heißt nicht, dass ich nicht trotzdem an den Hass oder an die Liebe glaube.«
    »Du bist wirklich einmalig, Karla«, sagte ich leise und betrachtete lächelnd ihr Profil, während sie auf das nächtliche Meer hinaussah.
    Sie antwortete nicht.
    »Und … würdest du mir sagen – warum?«
    »Warum was?«
    »Warum du mich magst – das hast du doch vorhin gesagt.«
    »Ach so.« Sie blickte mich lächelnd an und zog eine Augenbraue hoch. »Weil ich wusste, dass du mich finden würdest. Ich wusste, dass ich dir keine Nachricht schicken oder dir irgendwie Bescheid sagen muss, wo ich bin. Ich wusste, dass du mich finden würdest. Weil ich wusste, dass du kommen würdest. Keine Ahnung, wieso ich das wusste, es war einfach so. Als ich dich grade für diese Frau hab singen hören – weißt du was, du bist echt ein verrückter Kerl, Lin … Und das finde ich toll. Ich glaube, deshalb bist du so ein guter Mensch: weil du so verrückt bist.«
    »Ein guter Mensch?«, fragte ich, aufrichtig überrascht.
    »Ja. Du hast ein gutes Herz, Lin. Und das ist … das ist etwas, dem man nur schwer widerstehen kann: wenn ein harter Kerl ein gutes Herz hat … Ich glaube, ich hab dir das nie erzählt, aber als wir im Slum zusammengearbeitet haben, war ich wahnsinnig stolz auf dich. Ich wusste, dass du Angst hattest und dass du dir große Sorgen gemacht hast, aber für mich hast du immer gelächelt, und du warst immer da, beim Einschlafen, beim Aufwachen, immer. Was du damals getan hast, das bewundere ich wirklich – mehr als alles andere. Und es kommt nicht oft vor, dass ich etwas bewundere.«
    »Was machst du hier in Goa, Karla? Warum bist du weggegangen?«
    »Es wäre wohl sinnvoller zu fragen, warum du dort bleibst.«
    »Ich habe meine Gründe.«
    »Siehst du. Und ich hatte meine Gründe, um wegzugehen.«
    Sie blickte einer einsamen, fernen Gestalt am Strand nach – dem langen Stab nach zu urteilen ein heiliger Mann auf Wanderschaft. Ich beobachtete Karla, wie sie den heiligen Mann beobachtete, und eigentlich wollte ich sie noch einmal fragen, weshalb sie Bombay verlassen hatte. Aber sie sah so angespannt aus, dass ich beschloss zu warten.
    »Was weißt du über meine Zeit im Arthur-Road-Gefängnis?«, fragte ich stattdessen.
    Sie zuckte zusammen – vielleicht fröstelte sie aber auch nur in der kühlen Brise vom Meer. Sie trug nur ein weites gelbes Trägerhemd und einen grünen Lungi. Ihre nackten Füße waren im Sand vergraben, und sie hatte die Arme um die Knie geschlungen.
    »Wie meinst du das?«
    »In der Nacht, als ich von dir weggegangen bin, um Ulla zu treffen, haben die Bullen mich festgenommen. Was dachtest du denn, was passiert sei, als ich nicht mehr zurückkam?«
    »Ich hatte keine Ahnung in dieser Nacht. Woher auch?«
    »Hast du gedacht, ich … ich hätte dich einfach sitzenlassen?«
    Sie schwieg einen Moment lang nachdenklich.
    »Zuerst schon. Irgend so was in der Richtung. Und ich hab dich dafür gehasst. Aber dann hab ich angefangen herumzufragen. Als ich gehört habe, dass du nicht mal in deiner Slum-Praxis aufgetaucht bist und offenbar niemand dich gesehen hat, dachte ich, du seist wahrscheinlich mit irgendwas … irgendwas Wichtigem beschäftigt.«
    »Mit

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