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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Wiederkehr der Liebe. Und während ich auf dem Rückweg zu Abdullah und den anderen darüber nachsann, wie es Modena gelungen war, zu bewältigen, was man ihm angetan hatte, entdeckte ich etwas, das ich schon viel früher hätte sehen müssen. Es war etwas ganz Einfaches: so einfach, dass erst ein großes Leid wie das von Modena mir die Augen dafür öffnete. Er hatte mit seinem Leid umgehen können, weil er seinen eigenen Anteil an der Ursache akzeptiert hatte. Ich dagegen hatte bis zu diesem Augenblick niemals meine eigene Verantwortung am Scheitern meiner Ehe und meinem Schmerz erkennen können. Und deshalb hatte ich all das nicht verkraftet.
    Und als ich mich ins lärmende, grellbunte Treiben des Marktes begab, holte ich das nach: Ich akzeptierte meinen Teil der Schuld, und ich spürte, wie mein Herz sich ausdehnte und entfaltete, als es die Lasten der Angst, der Bitterkeit und des Selbstzweifels abwerfen konnte. Ich wanderte an den Marktständen vorbei, an denen lebhaft gefeilscht wurde, und als ich wieder zu Abdullah, Vikram und den Tierkreis-Georges stieß, lächelte ich. Ich beantwortete ihre Fragen über Modena und dankte Abdullah für diese Überraschung. Er hatte recht – danach verzieh ich ihm tatsächlich alles. Und obwohl mir die Worte fehlten, um ihm meine innere Veränderung zu schildern, spürte er wohl doch, dass in meinem Lächeln ein neuer innerer Frieden zum Ausdruck kam, der an diesem Tag in mir geboren wurde und heranzuwachsen begann.
    Der Umhang der Vergangenheit wird geschneidert aus Gefühlsficken und Fäden aus Bilderrätseln. Meist können wir uns nur mit ihm umhüllen, um uns zu trösten, oder ihn hinter uns herzerren, wenn wir vorwärts streben. Doch alles hat eine Ursache und eine Bedeutung. Jedes Leben, jede Liebe, jede Handlung, jedes Gefühl, jeder Gedanke hat Grund und Sinn: seinen Anfang und seine Bedeutung am Ende. Manchmal können wir das erkennen. Manchmal sehen wir die Vergangenheit so deutlich und können die Geschichte ihrer Einzelteile so genau lesen, dass jede Naht der Zeit ihren Zweck enthüllt und wir ihre Botschaft begreifen. Nichts im Leben, so gut oder so kümmerlich es auch gelebt wird, ist weiser als das Scheitern oder klarer als der Schmerz. Und weil sie uns diese kleine kostbare Weisheit vermitteln, haben sogar Versagen und Leiden, diese bedrohlichen und verhassten Feinde, ihren Sinn und ihren Zweck in unserem Dasein.

E INUNDVIERZIGSTES K APITEL
     

    G eld stinkt. Ein Stapel neuer Geldscheine riecht nach Tinte, Säure und Bleichmittel, wie der Raum für Fingerabdrücke im Polizeirevier. Altes Geld, von Hoffnung und Begehren geprägt, riecht wie tote Blumen, die man zu lange zwischen den Seiten eines Groschenromans aufbewahrt hat. Legt man viel Geld, altes wie neues, in ein Zimmer – Millionen von Rupien, zweimal gezählt und mit Gummibändern gebündelt –, dann stinkt der ganze Raum. Ich liebe Geld, hatte Didier einmal zu mir gesagt, aber den Geruch von Geld kann ich nicht ausstehen. Je glücklicher es mich macht, desto gründlicher muss ich mir die Hände waschen. Ich wusste genau, was er meinte. In dem Raum, in dem das Geld für die Wechselgeschäfte der Mafia gezählt wurde, einer stickigen Bude im Fort-Viertel, in der die Deckenstrahler grell genug waren, um jede Fälschung zu offenbaren und die Ventilatoren sich nie so schnell drehten, dass sie Banknoten vom Tisch fegen konnten, roch das Geld wie der Schweiß und die Friedhofserde an den Stiefeln eines Totengräbers.
    Ein paar Wochen nach meiner Begegnung mit Modena drängte ich mich hastig durch die Tür von Rajubhais Zählraum, rempelte dabei spielerisch die Goondas an der Tür an, wie ich es immer tat, und atmete hastig die frischere Luft im Treppenhaus ein. Jemand rief nach mir, und ich blieb auf der dritten Stufe stehen, die Hand auf dem hölzernen Geländer. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Rajubhai den Kopf durch die Tür streckte. Der kleine, dicke und kahlköpfige Geldzähler in Khaders – nein, Salmans – Klan trug wie immer einen Dhoti und ein weißes Hemd. Er streckte nur den Kopf durch die Tür, weil er den Zählraum erst verließ, wenn er ihn allnächtlich gegen Mitternacht abschloss. Er hatte eine Privattoilette, die mit einem Spiegel ausgestattet war, damit er den Raum im Auge behalten konnte. Er war ein leidenschaftlicher Buchhalter – der beste der Mafia –, doch Rajubhai hing nicht nur aus Pflichtgefühl so an seinem Beruf. Außerhalb des Zählraums war er ein grantiger,

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