Shaolin - Du musst nicht kämpfen, um zu siegen!: Mit der Kraft des Denkens zu Ruhe, Klarheit und innerer Stärke
Sie es, als wüssten Sie nichts von den Zutaten. Und zwar jedes Mal aufs Neue.
Manches wird früh »eingeimpft«
Das erste Mal mit vorgefertigten Meinungen konfrontiert werden viele Menschen bereits im frühen Alter. Viele Kinder lernen, alles, was von Erwachsenen kommt, als richtig anzusehen. Es geht ihnen so sehr in Fleisch und Blut über, dass sie selbst im Alter nicht mehr in der Lage sind, diese Meinungen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Es entwickeln sich somit starre Verhaltensmuster.
Schreiben Sie bitte in Ihr Heft fünf Meinungen, Vorurteile oder vermeintliche Fakten, die Sie von Ihren Eltern, Lehrern oder anderen Bezugspersonen ungeprüft übernommen haben. Und schreiben Sie bitte auch dazu, warum Sie diese so sicher für richtig halten. In einer stillen Stunde können Sie diese ja einmal überprüfen.
Wenn ein Mensch geboren wird, hat er von der Gesellschaft, deren Teil er sein Leben lang sein wird, keine Idee. Er weiß nichts über ihre Moral, nichts über ihre Werte, ihre Urteile. Er weiß nicht, was sie als gut und was sie als böse empfindet, und auch nicht, was als erwünscht und was als unerwünscht. Und er weiß nicht, was sein darf und was nicht. Ließe man so eine Person gewähren, sie wäre zwar frei, aber sie wäre für alle anderen unberechenbar. Sie würde Dinge tun, weil sie diese für notwendig, aber nicht weil sie diese für erwünscht hält.
Jedem »Neuen« wird daher ein Platz in einer Gesellschaft zugeteilt, und er wird wie ein zukünftiger Mitarbeiter mit dem Unternehmensleitbild vertraut gemacht. Solange der Neuzugang noch keine Einschulung erhalten hat, kann er jeder Abteilung zugewiesen werden.
Würden Sie zum Beispiel in einen kriminellen Clan hineingeboren, Sie hätten zum Töten sicher einen anderen Zugang als der Spross einer Pfarrersfamilie. Als Ersterer würden Sie allerdings auch die Chancen, selbst von einem anderen getötet zu werden, um einiges realistischer einschätzen. Denn nur weil Sie selbst etwas nicht tun würden, bedeutet das nicht, dass es auch andere nicht tun. Abgesehen von den moralischen Vorstellungen, werden auch Assoziationen, geprägt, die dann ein Leben lang gültig sind. Interessant ist hierbei, dass diese Verknüpfungen nicht vorrangig von persönlichen Erfahrungen, sondern von übernommenen Meinungen abhängig sind.
Polizisten, so werden Sie mir wohl recht geben, sind rechtschaffene Menschen. Schließlich sind sie die Vertreter des Staates und garantieren Recht und Ordnung. Sie begegnen also einem Polizeibeamten, obwohl Sie diesen gar nicht kennen, mit einem gewissen Respekt. (Wenn sich Ihre Familie nun aber mit dem organisierten Verbrechen beschäftigte: Wie würden Sie dem gleichen Beamten dann begegnen? Sie kennen ihn trotzdem nicht.)
»Fordere viel von dir selbst, und erwarte wenig von anderen. So bleibt dir mancher Ärger erspart«, meint Konfuzius.
Wenn Sie jetzt auf der Straße sehen, dass ein Polizist oder eben jemand, der eine Polizeiuniform trägt, jemanden anderen attackiert, werden Sie wohl, ohne lange zu überlegen, davon ausgehen, dass der Uniformierte recht hat. Warum sollte ein Beamter der Polizei auf jemanden anderen losgehen? Ja, warum denn nicht? Dass jemand, für den es ein Lebensprinzip ist, anderen zu helfen, in den Polizeidienst geht, ist durchaus wahrscheinlich. Der Umkehrschluss, dass jeder, der Polizist wird, auch dieses Lebensprinzip hat, ist leider unzulässig.
Das Prinzip des Sich-lösen-Könnens lehrt uns, dass der Gegner auch dort angreift, wo er es unserer Meinung nach gar nicht kann oder darf. Wer sich nicht von vorgefertigten Meinungen lösen kann, ist im Kampf wie eine Statue, die nur in eine Richtung blickt. Als Kinder hatten wir ein Spiel, das hieß »Klingelpartie«. Eigentlich war es ja mehr eine Mutprobe. Die Aufgabe bestand darin, im Vorbeigehen eine oder gleich mehrere Türglocken zu betätigen und dann schnellstmöglich wegzulaufen. Von zornigen Hausparteien erwischt zu werden konnte unangenehme Folgen haben. Damals war der Gegner klar. Drei Kinder, die schnell laufen, sonst konnte das niemand gewesen sein.
Heute sieht das schon etwas anders aus. Die Klingler sind nicht mehr zu erwischen. Schließlich sind sie dreißig Jahre älter geworden. Nein, nicht weil sie viel schneller laufen. Sondern weil sie es gar nicht gewesen sein können. Als Erwachsener betätigt man einfach die Klingeltaste und geht dann seelenruhig weiter. Sofort geht im ersten Stock ein Fenster auf. »Haben Sie das gesehen?
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