Shaolin - Du musst nicht kämpfen, um zu siegen!: Mit der Kraft des Denkens zu Ruhe, Klarheit und innerer Stärke
sind.
So entstehen schon in einem jungen Menschen zwei Persönlichkeiten. Jene, die er tatsächlich ist, und jene, die er glaubt, sein zu müssen. Natürlich hat die selbst geschaffene Person sehr viele Stärken und kaum Schwächen. Dem steht jene Persönlichkeit gegenüber, die von den anderen geprägt wurde. In den meisten Fällen geht das in die Gegenrichtung. Selten haben Mitmenschen Interesse an einem starken Gegner: »Überschätze dich mal nicht« oder »Schuster, bleib bei deinen Leisten« stutzen sie zurück.
Die Selbsteinschätzung als Handicap
Der Mensch beginnt sich in frühem Alter selbst zu skalieren.
Das heißt, jeder legt für sich selbst fest, bis wohin er es in seinem Leben bringen kann und wo die Grenze ist. Weiter kommt er dann auch nicht. Besagte Grenze entsteht aber nicht durch mangelnde Fähigkeiten. Sie ist das Ergebnis einer Blockade im Kopf. Denn andere Personen haben nicht Ihre Erziehung gehabt und daher einen ganz anderen Blick auf Ihre Person.
Was das Erkennen von Fähigkeiten mit der Erziehung zu tun hat? Ich selbst bin mit zwei Worten groß geworden, die ich lange nicht abschütteln konnte: »Eigenlob stinkt.« Niemand, so weiß ich heute, hat irgendein Interesse daran, dass sich andere Menschen ihres eigenen Könnens bewusst werden.
Angenommen, Ihre Sekretärin oder wer immer für Sie das Telefon abhebt, wenn Sie es nicht selbst tun können, teilt Ihnen mit, der Inhaber eines der größten Unternehmen der Welt persönlich habe angerufen, um mit Ihnen zu sprechen. Er erwarte Ihren Rückruf.
Was denken Sie? Und was tun Sie? Schreiben Sie beides in Ihr Heft.
Ein Großteil der Menschen, so schätze ich, ruft nicht zurück. »Warum soll so jemand ausgerechnet mich anrufen? Der kennt mich ja gar nicht. Und vor allem: Es gibt hunderttausend Leute, die das viel besser können als ich. Da mache ich mich ja höchstens lächerlich!«
Was wäre die Antwort nach dem Shaolin-Prinzip? Rufen Sie einfach mal zurück, und schauen Sie, was der Herr zu sagen hat. Ohne den Wunsch nach einem Millionenauftrag, aber auch ohne irgendeinen Stress. Warum sollte er Sie nämlich nicht angerufen haben?
Schreiben Sie auch das auf. Höre ich gerade ein »Weil ich …?« Weil Sie was? Sie wissen ja noch gar nicht, was der Herr eigentlich wollte, oder? Vielleicht besitzen Sie einfach Fähigkeiten, die Sie selbst noch nie wahrgenommen haben.
Die Kenntnis der eigenen Fähigkeiten könnte die Menschen doch unabhängig machen von Lob und Tadel ihrer Gegner! »Du bist dann gut, wenn ich dir sage, dass du gut bist. Das kannst du doch selbst gar nicht einschätzen. Was willst du denn schon über dich wissen?«
Wie tief dieses Prinzip in den meisten verankert ist, lässt sich leicht zeigen. Ich wage zu behaupten, dass auch Sie mit einer negativen Beurteilung viel leichter umgehen können als mit Lob. Nehmen wir an, Sie zeigen mir ein Bild, das Sie im Rahmen eines Kurses selbst geschaffen haben. Da Sie mich für einen Experten halten, ist Ihnen meine Meinung sehr wichtig. Werfe ich auch nur einen kurzen Blick auf das Gemälde und habe dann sofort etwas auszusetzen, werden Sie wohl ohne weitere Nachfrage wieder gehen. Auch wenn Ihnen selbst das Bild sehr gut gefällt, werden Sie umgehend an der Ausmerzung der vermeintlichen Fehler arbeiten. Dass Sie nicht an meine Leistung herankommen, war Ihnen ja ohnehin klar, und wenigstens wäre ich ehrlich.
Was aber, wenn ich nach einem ebenso kurzen Blick das genau gleiche Bild lobe? Ihnen sage, dass ich es wunderschön finde, Ihnen so etwas nie zugetraut hätte und überhaupt selbst nie auf diese Idee gekommen wäre? Sie beginnen sich sofort zu überlegen, was wohl hinter meinem Lob für eine Absicht steckt. Sicher, Sie haben für den Kurs bezahlt, und als Kunde würde ich Sie wohl kaum kritisieren.
Keine falsche Bescheidenheit
Immer wieder stelle ich auch mit Erstaunen fest, dass Leute, die man nach ihren Fehlern fragt, gleich eine ganze Reihe von Antworten geben können. Auf die Frage nach dem, was sie besonders gut können, ist meistens betretenes Schweigen die Antwort.
In den vorigen Kapiteln habe ich immer wieder versucht, Ihnen zu zeigen, wie sich Ihre Gegner, ohne dass Sie es bemerken, über Sie stellen. Das ist möglich, weil sich die meisten Menschen immer relativ zu den anderen messen und nicht absolut zu sich selbst. Entweder ich kann etwas, oder ich kann es nicht. Da ändert sich nichts daran, wenn es jemand anderer angeblich besser kann. Ich muss mir aber
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