Shaos Todeswelt
mit einem Nicken zur Kenntnis nahm. »Ja«, sagte er dann. »Es wären nun gewisse Dinge geklärt, aber ich kenne den Grund Ihres Besuchs in meiner Firma noch immer nicht.«
Diesmal meldete sich Suko. Er hatte seine Hände auf eine Stuhllehne gestützt und lächelte Cheng kühl an. »Sie stellen doch Videospiele her, denke ich.«
»Ja, natürlich. Das hätten wir Ihnen auch am Telefon sagen können. Ich weiß nicht, wer die Polizei dazu veranlasst hat, sich darum zu kümmern. Da bin ich überfragt, muss ich Ihnen ehrlich gestehen.« Er hob die Schultern. »Bei uns finden Sie keine Pornos oder andere Dinge, um die sich die Polizei kümmern müsste.«
»Sie gestatten, dass wir es anders sehen« sagte Suko ruhig und sehr freundlich. »Ja, bitte.«
»Uns geht es um ein Spiel.«
»Wie heißt es?«
»Totenwelt!«
Cheng schwieg und räusperte sich nach der Kunstpause. »Es ist das erfolgreichste Spiel aus unserem Programm«, gab er zu. Dann verschärfte sich seine Stimme. »Oder ist es in diesem Land verboten, erfolgreich zu sein? Selbst nach dem Regierungswechsel sehe ich das nicht so.«
»Da sind wir auch auf einer Linie«, gab Suko zu. »Uns geht es auch nicht um den Erfolg oder Misserfolg, sondern um etwas ganz anderes, und das betrifft das Spiel direkt und nicht dessen Verkauf.«
»Ich höre.«
»Wie wir erfuhren, sind die mitwirkenden Personen oder Figuren in diesem Spiel gut getroffen. Lebensecht.«
»Ja, darum bemühen wir uns. Wir sind weggekommen von diesen abgehackten und trickfilmähnlichen Bewegungen. Wir nähern uns immer stärker dem normalen Film.«
»Ist das nicht jetzt schon der Fall?« fragte Suko.
»Nein, leider nicht.«
»Das sehen wir etwas anders.«
»Dann sind Sie besser als wir«, gab Cheng zu. »Aber worum geht es Ihnen genau? Doch nicht um die Qualität eines Videospiels. Dafür wird sich Scotland Yard nicht interessieren.«
»Stimmt, Mr. Cheng«, gab Suko zu. »Es geht uns um etwas anderes.« Er fixierte für einen Moment die mit Bildern gespickte Pinnwand. »Wir interessieren uns mehr für die Personen oder auch Monstren, die in der Totenwelt ihre virtuelle Heimat gefunden haben.«
»Da gibt es einige.«
»Sicherlich richtig. Wir aber möchten gern über eine bestimmte Person etwas wissen.«
»Bitte, ich höre.«
»Es geht um eine Chinesin, die ebenfalls in die Geschichte integriert worden ist.«
Cheng runzelte für einen Moment die Stirn. »Fragen Sie deshalb, weil sie so gut wie nackt ist? Das haben wir absegnen lassen. So etwas gehört eben zum Reich der Fantasy. Lesen Sie einschlägige Bücher, schauen Sie sich die entsprechenden Filme an, meine Herren.« Ich hatte Suko beobachtet. Bei dem Begriff nackt war er etwas blass geworden. Klar, dass er dabei an Shao dachte. Sie in einem Computer-Spiel nackt zu sehen, konnte ihm nicht gefallen.
Suko schüttelte den Kopf. »Sie brauchen uns nicht über Dinge zu belehren, die wir kennen. Es geht uns auch nicht darum, ob die Person nackt ist oder nicht. Wir haben andere Gründe für unsere Fragen.«
»Da bin ich gespannt.«
»Wir wollen wissen, nach welchem Vorbild Sie oder Ihre Leute die Person geschaffen haben.«
Cheng überlegte. Er wusste sicherlich Bescheid, aber er ließ sich bewusst Zeit. »Vorbild?« fragte er dann.
»Ja, Sie haben richtig gehört. Ihre Heldin ist zwar ein Kunstgeschöpf, aber sie könnte nach einer Person geschaffen worden sein, die es auch in der Realität gibt.«
»Man könnte vieles machen«, gab Cheng zu. »Aber ob es auch zutrifft, ist fraglich. Selbst für mich.«
»Sie sind der Chef.«
Cheng lachte albern. »Das stimmt schon. Nur muss ich mich um andere Dinge kümmern als um die Entwicklung von Figuren. Ich bekomme sie in ihrem Endstadium präsentiert und kann dazu meinen Segen geben oder auch nicht. Der Vertrieb unserer Spiele und das internationale Marketing sind meine Ressorts.«
»Akzeptiert«, sagte Suko. Er verließ seinen Platz, was Cheng verwunderte, denn Suko kam auf ihn zu.
Auch ich verfolgte seine Schritte mit gespannten Blicken, denn im Moment wusste ich nicht, was Suko vorhatte. Cheng zeigte sich ebenfalls verunsichert. »Wo möchten Sie denn hin?«
»Das werden Sie gleich sehen.«
»Augenblick. Sie haben kein Recht…!«
»Doch, das habe ich!« Selbst ich zuckte unter Sukos Stimme zusammen. Noch beherrschte er sich, aber es fiel ihm schwer. Zwei Schritte ging er auf Cheng zu, dem die Sache nicht geheuer war, deshalb drückte er sich zur Seite. Damit machte er den Weg zur
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