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Shaos Todeswelt

Shaos Todeswelt

Titel: Shaos Todeswelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Wie wäre es, wenn wir es uns jetzt gemeinsam anschauen?«
    Der Vorschlag hatte Cheng irritiert. Er wusste zunächst nicht, wohin er blicken sollte. Er schluckte einige Male, wischte auch über sein Gesicht und verzog den Mund.
    »Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt?« fragte Suko, der einen Teil seiner Geduld verlor.
    »Nein, das nicht, Sir. Aber die Umstände…«
    »Sind doch günstig. Hier wird uns kaum jemand stören. Ihre drei Mitarbeiter brauchen wir nicht. Wir machen es uns hier bequem, und Sie können uns zeigen, wie man mit dem Spiel umgeht. Ist das ein Vorschlag?«
    Cheng nickte, obwohl er protestierte. »Sie können sich vorstellen, dass ich noch andere Termine habe.«
    »Können wir, Mr. Cheng. Aber die sind jetzt für Sie nicht wichtig. Hier spielt die Musik. Außerdem liegt es an Ihnen, wie lange Sie spielen. Ich denke, dass Sie Fachmann genug sind, um so rasch wie möglich fertig zu werden.«
    »Ich habe es selbst noch nicht bis zum Ende durchgespielt«, hielt er uns entgegen.
    »Vielleicht ist das auch nicht mehr nötig«, sagte ich. »Tun Sie meinem Kollegen den Gefallen.«
    Cheng holte ein Taschentuch hervor und wischte sich mit dem weißen Stoff über die Stirn. Die Mitarbeiter hatte er gut im Griff. Er nickte ihnen nur kurz zu. Die drei Männer erhoben sich wie Puppen und verließen den Raum. Sie würden sicherlich zu dritt nicht mehr zurückkehren. Für uns war einzig und allein Cheng wichtig, dessen Blicke zwischen uns und dem Computer pendelten.
    »Es ist Ihr bestes Spiel?« fragte Suko.
    »Ja. Eine Neuheit. Es hat viel Geld gekostet, um es überhaupt zu entwickeln. Wir haben eine neue Technik ausprobiert und sind sehr zufrieden gewesen.«
    »Was sich auch auf den Verkauf niederschlug?«
    »Das versteht sich.«
    »Ist Shao die erste Protagonistin auf einer CD-ROM?«
    »In dieser Form ja. Es gibt zwar einige Heldinnen auf anderen Spielen, aber die sind nicht so gut wie die unsere. Sie kann die Göttin befreien, wenn sie den…«
    »Fächer findet!« beendete Suko den Satz.
    Cheng schrak zusammen. »Sie wissen es? Sie haben es schon gespielt, nicht wahr? Jetzt wollen Sie es nur nicht zugeben, glaube ich. Kommen Sie. Warum haben Sie mich reingelegt und…?«
    »Das haben wir nicht«, erklärte ich. »Dieses Spiel beruht auf einer alten Sage. Eine Göttin ist in der Dunkelwelt gefangen und kann erst befreit werden, wenn der Fächer gefunden wurde. So einfach ist das. Wir denken uns, dass der Spieler den Fächer suchen muss.«
    »Das ist auch so.«
    »Dann sind wir gespannt.«
    Ich hatte meinen Platz verlassen und war an die Pinnwand getreten. Dort hingen noch genügend Bilder, die allesamt Sukos Partnerin Shao zeigten. In verschiedenen Positionen, an unterschiedlichen Orten.
    Beim Einkauf, auch im Lokal, und sie war wirklich verfolgt worden, ohne dass sie es bemerkt hatte, denn alle Aufnahmen wirkten sehr natürlich. Da war nichts Gestelltes dabei.
    Cheng waren meine forschenden Blicke aufgefallen, und er versuchte es mit einer Erklärung. »Wir haben uns bewusst so verhalten, weil wir ein getreues Bild unserer Heldin virtualisieren wollten. Ich hoffe, das ist auch für Sie verständlich.«
    »Normal schon«, gab ich zu. »Allerdings sind wir in diesem Fall selbst davon betroffen, und das ist nicht so nett, wie Sie möglicherweise einsehen können.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.«
    »Außerdem haben Sie die Frau fast nackt agieren lassen.«
    Cheng hob die Schultern. »Es ist nicht verboten.«
    »Aber verkaufsfördernd, nicht?«
    »In der Tat.«
    Diese Moral war nicht die meinige und auch nicht die meines Freundes Suko. Aber mit der Moral ist das sowieso so eine gewisse Sache. Sie ist einfach zu individuell, um sie über einen Kamm scheren zu können. Jeder macht sich seine Moral selbst, und damit musste er dann auch sein Leben lang fertig werden.
    Einer der Mitarbeiter kehrte zurück. Ein junger Mann mit einem strichdünnen Oberlippenbart. Er brachte das Spiel, legte es auf den Tisch und zog sich schweigend und irgendwie auch devot zurück.
    Cheng wollte es an sich nehmen, aber ich legte meine Hand auf den Karton. »Einen Augenblick noch, Mr. Cheng. Ich wollte mir nur das Bild anschauen.«
    »Bitte.«
    Es zeigte nicht viel. Zumindest sah ich keinen Hinweis auf Shao, und es war auch keine nackte Frau zu sehen. Dafür eine gemalte, düstere und bedrohlich wirkende Welt, eine Heimat riesiger Vögel, von denen einer ein blutiges Stück zwischen seinem Schnabel hielt, das aussah wie ein

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