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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Existenz von Ihnen allen in Gefahr gebracht.«
    Er legte den Textmarker hin, kämpfte darum, die Hand ruhig zu halten.
    Ich sagte: »Da man Ihnen den Teppich unter den Füßen weggezogen hat, kann ich mir vorstellen, dass Sie jetzt Ihre zehnte Auflage losschlagen.«
    Steife, roboterhafte Bewegungen. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und versuchte, entspannt zu wirken, aber er war seelisch am Boden. »Sie glauben, Sie sind so’n schlauer Junge, was? Das haben Sie schon immer geglaubt. Immer überall mit dem Kopf durch die Wand.«
    »Und ich dachte, Sie erinnerten sich nicht an mich.«
    »Ihre rüde Art hat mein Gedächtnis erschüttert, junger Mann. Ich erinnere mich jetzt sehr genau an Sie - der Vorwitzige, der es in drei Jahren schaffte. Falls Sie es noch nicht wissen: Ich war dagegen, Sie früher Examen machen zu lassen, obwohl Sie Ihre Scheine hatten. Ich hatte das Gefühl, dass Sie noch nicht reif waren. Offenbar hat der Lauf der Zeit dieses Problem noch immer nicht gelöst.«
    Ich rückte auf die Vorderkante meines Stuhls vor, nahm den gelben Marker auf und legte ihn hin. »Es geht nicht um meine Reife, Professor. Es geht um den bemitleidenswerten Zustand Ihrer Ethik. Dass Sie die Fakultät an den Meistbietenden verkaufen. Wie viel hat Kruse gezahlt, damit Sie ihm den Posten abtraten? Haben Sie das Geld alles auf einmal gekriegt oder in monatlichen Raten? Per Scheck oder Kreditkarte? Oder hat er es Ihnen in bar in einer großen braunen Tüte gebracht?«
    Er wurde bleich, fing an sich von seinem Stuhl zu erheben, sank wieder darauf hinunter und drohte mir mit einem wackligen Finger: »Passen Sie auf, was Sie sagen! Werden Sie nicht unverschämt!«
    »Unverschämt«, sagte ich, »ist der schnelle Dollar per Postversand, wo man sich angeblich das Rauchen abgewöhnt, so etwas für die armen Idioten. Was für einer wissenschaftlichen Rigorosität mussten Sie sich unterziehen, um so was auszubrüten?«
    Er machte den Mund auf und dann wieder zu, bewegte Kopf und Schultern auf eine Art, dass die Kleidung ihn zu verschlingen schien. »Sie haben keine Ahnung von der Situation. Kein bisschen.«
    »Dann klären Sie mich auf. Wie viel wurde gezahlt?«
    Er drehte sich auf seinem Stuhl herum, starrte tausend Bücher an, tat, als untersuche er den Rücken eines Bandes.
    »Wenn Sie verstopft sind«, sagte ich, »lassen Sie mich mal Ihre Ventile einstellen. Kruse hat Ihren kleinen Versuch als freier Unternehmer finanziert - das ganze Geld für die Anzeigen, den Druck, die Klischees. Entweder von seinem eigenen Geld, oder er hat Mrs. Blalock angezapft. Wie viel war es - zehntausend? Fünfzehntausend? Er gab für seine Sommergarderobe mehr aus. Aber für Sie wäre es ein größeres finanzielles Risiko.«
    Er sagte nichts.
    »Zweifellos war er es, der den Betrug vorgeschlagen hat«, sagte ich. »Anzeigen hinten in das Heft, in dem er seinen Leserbriefkasten hatte.«
    Immer noch Schweigen. Aber er war blass geworden.
    »Rechnen Sie dazu den Nonstopzufluss an Blalock-Geld für Ihre akademische Forschung, und es war für Sie beide ein gutes Geschäft. Keine Betteleien mehr um Stiftungsgelder und keine Wichtigtuerei mehr für Sie. Und Kruse bekam den Lehrstuhl, sofortige Respektabilität. Um Klatsch und Eifersüchteleien zu vermeiden, arrangierte er wahrscheinlich auch für die anderen Fakultätsmitglieder eine Finanzierung. All ihr rigorosen Forscher hingt ohne ihn in der Luft - müsstet eigene Forschung betreiben. Obwohl ich damit rechne, dass die übrigen Herren Professoren überrascht sein werden, wie viel Kruse Ihnen extra an Schmiergeld gezahlt hat - Zeit für’ne tolle Fakultätssitzung, finden Sie nicht, Professor?«
    »Nein«, sagte er matt. »Es gibt nichts, dessen ich mich schämen muss. Meine Behandlung für Raucher beruht auf gesunden Prinzipien der Verhaltensforschung. Private Stiftungsgelder für Forschungen zu erlangen ist eine seit langem ehrwürdige Tradition. In Anbetracht unserer nationalen Wirtschaft ist es gewiss die Welle der Zukunft.«
    »Sie waren nie an der Zukunft interessiert, Frazier. Kruse hat Sie weitergeschoben.«
    »Warum reden Sie so, Delaware? Greifen Sie den Fachbereich an? Wir haben Sie zu dem gemacht, was Sie sind.«
    »Ich spreche nicht vom Fachbereich. Nur von Ihnen. Und Kruse.«
    Er machte Wiederkäubewegungen mit den Lippen, als ob er das richtige Wort herauszubringen versuchte. Als er schließlich sprach, war seine Stimme matt.
    »Sie werden hier keinen Skandal entdecken. Alles ist

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