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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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vielleicht besser erfüllen könnte, »eine mit mehr Erfahrung, ja, vielleicht ein Mann«.
    Aber Kruse ermutigte sie fortzufahren, riet ihr, sich mehr auf die nonverbale Manipulation zu verlassen.
    Noch einen Monat lang blieb die Situation unverändert, dann verschwand J. erneut.
    Fünf Wochen später war sie wieder da - platzte in Sharons Praxis, als Sharon gerade mit einer anderen Patientin sprach, beschimpfte die Frau: »Idiotin, deine Probleme zählen einen Scheißdreck«, und scheuchte sie aus der Praxis.
    Trotz Sharons Versuch, die Situation zu meistern, rannte die andere Patientin schreiend hinaus. Sharon sagte J., das solle sie nie wieder tun. J. wurde Jana und warf Sharon an den Kopf, sie sei »eine böse, egoistische Fotze. Du bist eine verdammte manipulierende Fotze, die mir alles wegnehmen will, was ich besitze, alles, was ich bin. Alles, was du willst, ist, mich aussaugen, bis auf den letzten Tropfen!«
    Und nachdem sie Sharon gedroht hatte, sie würde sie verklagen und ruinieren, rannte sie aus der Praxis.
    Und kam nie wieder.
    Ende der Behandlung. Zeit für die erfolglose Therapeutin, noch mal drüber nachzugrübeln.
    Hundert Seiten Diskussion der Ergebnisse. Hundert Seiten Begründung, und das an einem Montagmorgen. Der Endpunkt: Sharon begreift, dass ihr Versuch, J. und Jana zu versöhnen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, weil die »Zwillinge erbitterte Feinde sind; der Triumph des einen verlangt den Tod des anderen - einen psychologischen Tod, aber einen, der so heftig und lebensentscheidend sein kann, dass er dem körperlichen gleichkommt«.
    Statt die Integration zu suchen, das begriff sie jetzt, hätte sie lieber an der Stärkung der guten Identität von J. arbeiten, sich mit dem guten Zwilling zusammentun sollen, um die »destruktive, in flagranter Weise verwirrte Jana« zu vernichten.
    »In der Psyche dieser jungen Frau«, so schloss sie, »ist kein Platz für irgendeinen Partner, geschweige denn für konflikthaltige stille Partner, wie sie die Spaltungen ihrer Persönlichkeit darstellen. Die Natur der menschlichen Identität ist so beschaffen, dass das Geschäft des Lebens ein einsamer Prozess sein muss. Manchmal einsam, aber bereichert durch die Stärke und Befriedigung, die aus der Selbstbestimmung eines voll integrierten Ichs kommt. Wir werden allein geboren, und wir sterben allein.«
    Eine Hölle von einem Fall. Wenn’s je ein Fall war.
    Ich kannte J. Ich hatte sie geliebt, mit ihr draußen auf der Terrasse getanzt.
    Ich kannte auch Jana, hatte sie Erdbeerdaiquiris gegen den Kamin werfen, sich aus ihrem flammenfarbenen Kleid schlängeln und alles mit mir machen sehen, was sie wollte.
    Ein Kapitel aus der Psychologie der Zwillinge, aber nirgendwo hatte Sharon schriftlich angedeutet, dass sie selbst eine Zwillingsschwester besaß. Ihre eigene stille Partnerin. Verleugnung? Betrug?
    Autobiografie.
    Sie hatte ihre eigene gequälte Psyche ergründet, eine Fallgeschichte erfunden und als Doktorarbeit durchgebracht.
    Ich blätterte sie durch. Irgend so eine Avantgardetherapie?
    Genau wie das Pornovideo.
    Kruse war ihr Doktorvater gewesen.
    Es stank nach Kruse.
    Aber was war mit Shirlee? Der wirklichen stillen Partnerin? Hatte Sharon sie einer stummen, dunklen Welt überlassen?
    Und wer zum Teufel war »Jasper«?
    Und tiefen Dank Alex, der mich sogar dann noch, wenn er abwesend ist, inspiriert.
    Die spröde, passive, damenhafte J. Völlig altmodische Ansichten über Sex und Romantik … obwohl sie tatsächlich sexuell aktiv mit einem Mann gewesen war, an dem ihr sehr viel lag … die Beziehung endete schließlich durch die Intervention Janas.
    Ich wog die Dissertation in der Hand. Über vierhundert Seiten pseudowissenschaftliche Seelensuche. Alles gelogen. Wie zum Teufel war sie damit durchgekommen?
    Ich dachte, ich wüsste, wie ich das herausbekommen könnte.

26
    Bevor ich ging, rief ich bei Olivia im Büro an. »Sorry, Darling, die Krankenhauskartei ist immer noch nicht verfügbar. Vielleicht heute Abend.«
    »Okay, danke. Ich rufe später wieder an.«
    »Ach, noch was - das Krankenhaus, nach dem du gefragt hast in Glendale? Ich habe mit einer Freundin von mir gesprochen und sie hat gesagt, es gäbe da ein Haus auf Brand mit dem Namen Resthaven Terrace, das kürzlich zugemacht hätte. Sie hätte früher mal dort gearbeitet und die Buchführung für die Krankenhauskartei gemacht.«
    »Kürzlich zugemacht? Ganz?«
    »Das hat Arlene gesagt.«
    »Wo kann ich Arlene erreichen?«
    »St.

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