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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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zur Südseite des Freeways liefen Eisenbahngleise. Geschlossene Güterwagen von Cotton Bowl und Southern Pacific standen rostend auf den Gleisen. Das hintere Drittel des Zuges bestand aus einem Transport funkelnder, kleiner japanischer Wagen hinter Maschendraht. Ein kurzer Ausbruch architektonischen Tatendrangs hinter Claremont, und dann war alles still.
    Ich fuhr an kahlen, von der Sonne verbrannten Hügeln, kleinen Farmen und Ranches, abschüssigen Feldern mit Futterpflanzen und Pferden vorbei, die schlaff in der Hitze grasten. Die Ausfahrt nach Yucaipa verengte sich zu einer einzigen Fahrspur, die an einem Traktorfriedhof entlanglief. Ich fuhr langsamer und kam an einer Reihe von Trailern mit Aluminiumseiten entlang, an denen »Das Große Einkaufszentrum« stand, einer nicht in Betrieb befindlichen Taco-Imbissbude und einem verrammelten Laden mit der Aufschrift »Sehr seltene Antiquitäten«.
    Das Ortsschild von Willow Glen befand sich an einem Pfosten zusammen mit einem zwanzig Meilen südlich gelegenen Bibelcollege und einem Landwirtschaftsdepot des Staates Kalifornien. Der Richtungspfeil zeigte mir den Weg über eine Bogenbrücke und eine rasiermessergerade Straße, die wieder Farmland durchschnitt - Zitrus- und Avocadopflanzungen, wacklige Ställe und unbebaute Felder. Breite Streifen blanker brauner Fläche unterbrachen Kriechpflanzenbeete; Tanzschuppen mit Blechdächern und Kirchen aus Aschenblocksteinen waren umgeben von dem granitenen Schmuck der San-Bernadino-Berge. Die Berge verblassten in der Ferne von lederfarben nach lavendelgrau, die obersten Gipfel verschwammen im perlweißen Nebel des Himmels. Hitze, die aus dem Tiefland aufstieg, verwischte die Konturen der Kiefern, die sich an die Bergabhänge klammerten. Es waren breitgeränderte Silhouetten entstanden, die an das Auslaufen von Tinte auf Löschpapier erinnerten.
    Die Willow Glen Road stellte sich als linker Ausläufer eines Boulevardendes mitten im Niemandsland heraus, eine scharfe Biegung vorbei an einem zersplitterten Reklameschild, das frische Lebensmittel pries, und einer längst verlassenen »Jumbo Turkey Ranch«. Der Wagen mit dem geschlossenen schwarzen Dach schlängelte die Berge hoch, dann in sie hinein. Die Luft wurde kühler, reiner.
    Nach zehn Meilen erschienen ein paar Apfelbaumplantagen: frisch bestellte kleine Gärten, dahinter jeweils ein Holzhaus. Umgeben von Stacheldraht und den Wind brechenden Weiden, von niedrig gestutzten Apfelbäumen mit breiten Gabelungen, ideal zum Handpflücken. Kirschengroße Früchte versteckten sich unter Baldachinen aus Blättern. Die Ernte schien noch gut zwei Monate fern. Selbstgemachte Schilder an Pfählen, die man in die Erde gerammt hatte, hießen Selbstpflücker willkommen, aber es schien kaum Obst für einen einzigen Tag an den Bäumen zu sein. Als die Straße anstieg, bestimmten immer mehr verlassene Obstplantagen die Landschaft - staubige Flächen voll von toten Bäumen, manche gefällt, andere zu gliederlosen grauweißen Stacheln verwittert.
    Der Asphalt endete an zwei telegrafenstangengroßen Pfosten, zwischen die das Banner der Handelskammer gespannt war, an den Pfosten befanden sich Abzeichen von Serviceklubs. Zwischen den Pfosten hing an einer Kette ein Schild mit der Aufschrift WILLOW-GLEN-DORF, 432 Einwohner.
    Ich hielt, sah an dem Schild vorbei. Das Dorf schien nicht mehr zu sein als ein winziges ländliches Einkaufszentrum im Schatten von Weiden und Kiefern und vor einem leeren Parkplatz. Die Bäume gingen am entfernten Ende des Parkplatzes auseinander, und die Straße lief auf der zusammengepressten Erde fort. Ich fuhr hinein, parkte und stieg in der sauberen, trockenen Hitze aus.
    Das Erste, was mir ins Auge fiel, war ein großes schwarzweißes Lama, das in einem kleinen Gehege Heu knabberte. Hinter dem Gehege stand ein kleines, rotangemaltes und weißabgesetztes Holzhaus. Das Schild über dem Eingang verkündete: WILLOW-GLEN-VERGNÜGUNGSZENTRUM UND STREICHELZOO. Ich suchte nach einer menschlichen Behausung, entdeckte keine. Winkte dem Lama, und es starrte mich wiederkäuend an.
    Eine Hand voll anderer Gebäude, alle klein, alle aus Holz, mit Schindeln gedeckt, ungestrichen und miteinander durch Holzplankenwege verbunden. DAS PARADIES VON HUCH, DEM HOLZSCHNITZER. DER VERZAUBERTE WALD / ANTIKGESCHÄFT. GROSSMUTTERS SCHATZKISTE, GESCHENKE UND SOUVENIRS. Alles fest verrammelt.
    Der Boden war von Kiefernnadeln und Weidenblättern bedeckt. Ich ging durch, suchte immer noch nach

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