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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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dass sie irgendwelche Verwandten hätten, nicht in den fünf Jahren, in denen ich hier lebe. Besucher auch nicht.«
    Sie sah auf die Armbanduhr, tippte mit dem Finger auf den Tresen. »Sind Sie fertig, Mister? Weil ich schließen muss, Studium wartet.«
    Ich schob meinen Teller weg. »Wo ist die Rural Route Four?«
    Sie zuckte die Schultern, ging zum Tresen und nahm ihr Buch.
    Ich stand auf. »Was bin ich Ihnen schuldig?«
    »Fünf Dollar genau.«
    Ich gab ihr einen Fünfer. Sie nahm ihn an der Ecke, vermied es, meine Hand zu berühren.
    »Was ist, Wendy? Warum sind Sie verärgert?«
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Wer bin ich?«
    »Der Mann von der Bank. Jetzt wollen Sie den Rest des Dorfes auch noch aufkaufen genau wie bei Hugh und Großmutter. Die anderen Eigentümer mit süßem Gerede betrunken machen und alles billig an sich reißen, damit Sie’s dann später in eine Ferienhaussiedlung oder so etwas verwandeln können.«
    »Sie sind eine sagenhafte Köchin, Wendy, aber nicht so wild als Detektivin. Ich habe nichts mit irgendwelchen Banken zu tun. Ich bin ein Psychologe aus L.A. Ich heiße Alex Delaware.« Ich zog meine Ausweise aus der Brieftasche: Führerschein, Psychologielizenz, Mitgliedskarte der medizinischen Fakultät. »Hier, sehen Sie selbst.«
    Sie tat gelangweilt, prüfte die Papiere aber genau. »Okay. Na und? Selbst wenn Sie der sind, der Sie zu sein scheinen, was wollen Sie hier?«
    »Eine alte Freundin von mir, ebenfalls Psychologin, ist kürzlich gestorben. Sie hat keine Verwandten hinterlassen. Einige Anzeichen deuten darauf, dass sie mit Shirlee und Jasper Ransom verwandt ist. Ich habe ihre Adresse gefunden, dachte, sie würden vielleicht mit mir reden wollen.«
    »Wie ist diese Freundin gestorben?«
    »Selbstmord.«
    Sie wurde blass. »Wie alt war sie?«
    »Vierunddreißig.«
    Sie sah weg, beschäftigte sich mit den Bestecken.
    »Sharon Ransom«, sagte ich. »Schon mal von ihr gehört?«
    »Noch nie. Nie gehört, dass Jasper und Shirlee Kinder haben, Punkt. Sie irren sich, Mister.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Vielen Dank für den Lunch.«
    Sie rief mir nach: »Ganz Willow Glen ist Rural Route Four. Fahren Sie am Schulhaus vorbei, ungefähr eine Meile. Da ist eine alte, verlassene Presse. Da biegen Sie nach rechts ab und immer geradeaus. Aber Sie vergeuden Ihre Zeit.«
    Ich fuhr aus dem Dorf hinaus, ertrug etwa fünfzig Schlaglöcher, bevor der Erdboden ebener wurde und das Schild RURAL ROUTE 4 auftauchte. Ich fuhr an mehreren Obstgärten und einer Anzahl Heimstätten mit ausufernden Holzhäusern vorbei, die mit niedrig hängenden Stangen abgesperrt waren, dann kam eine Flagge an einem Fahnenmast, die das zweistöckige Schulhaus kennzeichnete, das wie ein Milchkarton geformt war und in der Mitte eines von Eichen beschatteten und von Blättern bestreuten Spielplatzes lag. Der Spielplatz ging in den Wald über, der Wald in die Berge. Briefkästen mit Namensschildern standen entlang der Straße: RILEYS SELBSTPFLÜCKEREI UND KÜRBISSE (GESCHLOSSEN). LEIDECKER. BROWARD. SUTCLIFFE …
    Ich fuhr an der verlassenen Apfelpresse vorbei, bevor ich mir dessen gewahr wurde, setzte zurück und parkte am Straßenrand. Von fern sah sie nur wie ein Schrotthaufen aus: Wellblechseitenwände mit Rostblasen, nach innen einsackend, nur noch Ränder des Teerpappendachs und altersschwache Dachsparren waren zu sehen sowie mannshohes Unkraut, das zum Licht strebte. Um das Gebäude herum war der Boden eingesunken und mit Maschinenteilen, totem Holz und Unkraut bedeckt, das die Sonne erreicht hatte und zu Sommerstroh getrocknet war.
    Biegen Sie nach rechts ab und immer geradeaus.
    Ich sah keine Straße, keinen Eingang, erinnerte mich an Wendys Misstrauen und fragte mich, ob sie mich wohl in die Irre geschickt hatte.
    Ich ließ den Motor laufen und stieg aus.Vier Uhr, aber die Sonne brannte noch immer vom Himmel herunter, und innerhalb von ein paar Augenblicken schwitzte ich. Die Straße war still. Es roch wie nach Stinktier. Ich beschattete die Augen, blickte umher und entdeckte schließlich einen kahlen Fleck im Unkraut - die dünne Linie eines Trampelpfads, der an der Presse entlanglief. Ein glänzender Abdruck im Stroh, wo Gummiräder das Gewirr schließlich besiegt hatten.
    Ich dachte daran zu gehen, wusste aber nicht wie weit. Ich ging zum Wagen zurück und fuhr rückwärts, bis ich eine abschüssige Stelle fand und vorwärts in das Feld hinunterfuhr.
    Der Seville war kein guter Geländewagen, er rutschte und

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