Sharon: die Frau, die zweimal starb
Gesellschaft, entdeckte etwas Weißes und eine Rauchsäule, die hinter dem Laden des Holzschnitzers aufstieg. Niedrig hängende Äste nahmen mir den Blick. Ich ging an ihnen vorbei und sah eine Reihe von verwitterten Holzbuden zusammenmontiert unter einem einzigen, funkelnagelneuen roten Dach. Als ich näher kam, wurde die Luft süßlich - die schwere Süße des Honigs gemischt mit dem säuerlichen Aroma von Äpfeln. Die Bäume hörten auf, und ich stand auf einer Lichtung.
Eine der Buden trug ein Schild APFELPRESSE & CIDER, eine andere BLÜTENKLEEHONIG. Aber der süße Rauch kam aus dem nächsten Haus, es war mit grünen Fensterläden versehen und trug den Namen GOLDEN DELICIOUS CAFE. OBSTKUCHEN. COCKTAILS. Die Fassade des Cafés bestand aus weißgestrichenen Planken und Buntglasfenstern - Fenstern geschmückt mit schwarzen Ästen, rosaweißen Blüten, grünen, roten und gelben Äpfeln. Die Tür war offen. Ich ging hinein.
Im Innern war alles blitzblank und weißgestrichen - Picknicktische und -bänke, ein weißer Deckenventilator, der heiße, honigsüße Luft herumblies, ein Tresen mit Hartplastikbeschichtung und drei weiße Synthetik-Barhocker, hängende Pflanzen, eine alte Messingladenkasse und ein kopiertes Werbeplakat für einen Astrologen in Yucaipa. Eine junge Frau saß hinter dem Tresen, trank Kaffee und las ein Biologielehrbuch. Eine Durchreiche hinter ihr gestattete einen Blick auf die blinkende Küche.
Ich setzte mich hin. Sie sah auf. Neunzehn oder zwanzig, mit einer Himmelfahrtsnase, kurzgeschnittenem, lockigem blondem Haar und großen, dunklen Augen. Sie trug eine weiße Bluse und schwarze Jeans, war schlank, aber mit runden Hüften. Auf einem apfelgrünen Anstecker an ihrer Bluse stand WENDY.
Sie lächelte. Maura Bannons Alter. Weniger intellektuell zweifellos, aber irgendwie älter als die Reporterin.
»Hallo. Was kann ich Ihnen bringen?«
Ich zeigte auf ihren Kaffeebecher. »Wie wär’s erst mal damit für den Anfang?«
»Klar. Sahne und Zucker?«
»Schwarz.«
»Möchten Sie eine Speisekarte?«
»Ja, bitte.«
Sie gab mir ein Plastikbüchlein. Die Auswahl überraschte mich. Ich hatte mit Hamburger und Pommes frites gerechnet, aber es war ein Dutzend Gerichte aufgeführt, manche von ihnen kompliziert zu kochen, ein bisschen nouvelle cuisine, bei allen fanden sich Buchstaben für den richtigen Wein dazu: C für Chardonay JR für Johannisberg Riesling. Hinten eine volle Weinkarte - französische und kalifornische Weine guter Qualität wie auch am Ort hergestellter Apfelwein, beschrieben als »leicht und fruchtig, ähnlich in Blume und Geschmack dem Sauvignon Blanc«.
Sie brachte den Kaffee. »Etwas zu essen?«
»Wie wär’s mit einem Apfelpflücker-Mittagessen?«
»Klar.« Sie wandte mir den Rücken zu, öffnete den Kühlschrank und verschiedene Schubladen und Fächer, klapperte ein bisschen herum, legte ein Besteck und eine Leinenserviette auf den Tresen und servierte mir einen Teller mit perfekt zerschnittenen Äpfeln und dicken Keilen aus Käse, mit Minze garniert.
»Hier bitte«, sagte sie und legte eine Vollweizensemmel und in Blumenform gepresste Butterstücke dazu. »Der Ziegenkäse ist wirklich gut, den macht eine Baskenfamilie in der Nähe von Loma Linda. Organisch gefütterte Tiere.«
Sie wartete.
Olivias Eier lagen mir noch im Magen. Ich nahm einen kleinen Bissen. »Fantastisch.«
»Danke. Ich studiere auf dem College, wie man Essen präsentiert, möchte eines Tages mal meinen eigenen Laden führen. Hier arbeite ich als Teil meiner unabhängigen Studien.«
Ich deutete auf das Lehrbuch. »Sommerschule?«
Sie verzog das Gesicht. »Examen. Prüfungen sind nicht meine Spezialität. Noch mehr Kaffee?«
»Klar.« Ich nippte. »Heute’n bisschen ruhig.«
»Das ist immer so. Während der Pflücksaison, September bis Januar, bekommen wir eine Hand voll Touristen an den Wochenenden. Aber es ist nicht wie früher. Die Leute wissen von der Kirschenlese in Beaumont, aber wir haben nicht viel Reklame. Es war mal ganz anders - das Dorf wurde 1867 gebaut; die Leute fuhren mit Körben voll Spartanern und Jonathans nach Haus. Aber Leute aus der Stadt sind gekommen und haben etwas von dem Land aufgekauft. Haben sich nicht drum gekümmert.«
»Ich habe tote Obstgärten auf dem Weg herauf gesehen.«
»Ist das nicht traurig? Äpfel brauchen Pflege, genau wie kleine Kinder. All diese Ärzte und Anwälte aus L.A. und San Diego haben die Obstgärten wegen der Steuer gekauft und dann einfach
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