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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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mich an. »Das stimmt, oder? Sie arbeiten nicht für irgendeinen Winkeladvokaten?«
    »Wie sollte ich?«
    Sie lächelte. »Sie möchten also, dass ich mit allen Patienten in Kontakt trete, die ich eventuell an sie weiterempfohlen habe?«
    »Und mir die Namen aller anderen Personen nennen, so weit sie Ihnen bekannt sind, die Patienten an Sharon überwiesen haben.«
    Ihr Lächeln wurde kalt.
    »Das dürfte schwierig werden, Dr. Delaware. Gar keine gute Idee - nicht, dass es so viele gewesen wären. Und ich habe keine Ahnung, wer sonst noch Patienten zu ihr geschickt hat. Obwohl sie mir gewiss leidtun.«
    Sie hielt inne, schien nach Worten zu suchen. »Sharon Ransom war ein … Sie und ich … Nun, erzählen Sie mir mal zuerst etwas. Warum haben Sie die Verabredung mit ihr nicht eingehalten?«
    »Ich wollte mich nicht auf sie einlassen. Sie … sie war eine komplizierte Frau.«
    »Das war sie bestimmt.« Sie sah auf die Armbanduhr, nahm das Stethoskop ab. »Also gut, ich werde jetzt telefonieren und mich über Sie erkundigen. Wenn Sie der sind, der Sie zu sein behaupten, können wir uns unterhalten. Aber ich muss erst etwas essen.«
    Sie ließ mich im Wartezimmer, kam ein paar Minuten später wieder und sagte »Okay«, ohne mich anzusehen.
    Wir gingen zu Fuß eine Querstraße entlang zu einem Café an der Brighton Street. Sie bestellte ein Roggensandwich mit Thunfisch und einen Kräutertee. Ich schob gummiartige Spiegeleier auf meinem Teller herum.
    Sie aß schnell und ungezwungen, bestellte einen Eisbecher mit heißer Schokoladensoße zum Nachtisch, aß die Hälfte davon und schob den Teller weg.
    Nachdem sie sich den Mund abgewischt hatte, sagte sie: »Als ich hörte, dass jemand wegen Sharon angerufen hatte, war dieses Würgen im Hals wieder da. Sie hat mir eine schöne Suppe eingebrockt. Lange ist es mit uns beiden nicht gutgegangen.«
    »Was hat sie Ihnen eingebrockt?«
    »Eine Sekunde.« Sie rief die Kellnerin herbei und bat um ein Nachschenken des Kräutertees. Ich bestellte Kaffee. Die Rechnung kam mit den Getränken.
    Ich nahm sie. »Ich zahle.«
    »Informationen kaufen?«
    Ich lächelte. »Sie sprachen gerade von dem, was sie Ihnen eingebrockt hatte.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Also wirklich, ich weiß nicht, ob ich das alles jetzt vertiefen möchte.«
    »Es bleibt unter uns«, sagte ich.
    »Ärztliche Schweigepflicht?«, fragte sie. »So als ob Sie mein Therapeut wären?«
    »Wenn Ihnen das lieber ist?« »Jetzt reden Sie wie ein richtiger Seelenklempner. Ja, das ist mir lieber. An solchen Geschichten kann man sich verdammt die Finger verbrennen - ärztliche Kunstfehler und so weiter.« Ihre Augen wurden hart. »Ich konnte es nicht verhindern, aber versuchen Sie das mal einem Geschworenengericht zu erzählen. Wenn ein Winkeladvokat so etwas in die Finger kriegt, dann geht er die ganze Liste durch und schießt jeden einzelnen Doktor an, der je im Korridor an dem Patienten vorbeigekommen ist.«
    »Ein Gerichtsverfahren anzuheizen ist das Letzte, was ich im Sinn habe«, sagte ich.
    »Das Letzte auch, was ich im Sinn habe, Sie sagen es!« Sie schlug so hart mit der Hand auf den Tisch, dass das Salzfass hochhopste. »O verdammt! Sie hat mich reingelegt! Ich brauche nur daran zu denken, und schon kriege ich eine wahnsinnige Wut. Ja, es tut mir leid, dass sie tot ist, aber Trauer kann ich einfach nicht darüber empfinden. Sie hat mich ausgenutzt.«
    Sie nippte an ihrem Tee.
    »Ich habe sie erst letztes Jahr kennengelernt. Sie kam zu mir in die Praxis, stellte sich vor und lud mich zum Lunch ein. Ich wusste, worum es ihr ging - sie suchte Patienten und wollte, dass ich ihr welche überweise. Ist ja auch nichts Schlimmes dabei. Ich praktiziere auch erst seit etwas über einem Jahr und weiß, wie es ist, wenn man gerade anfängt. Und mein erster Eindruck von ihr war sehr positiv. Sie hatte Grips, konnte sich gut ausdrücken und schien eine erstklassige Ausbildung zu besitzen. Ihr Lebenslauf sah beeindruckend aus; eine große und vielseitige klinische Praxis. Außerdem arbeitete sie im selben Haus - es ist immer eine gute Sache, wenn man sich Patienten gegenseitig überweist. Fast alle meine Patienten sind Frauen, die meisten würden lieber zu einer Therapeut in gehen, also dachte ich mir, wir versuchen es mal. Die einzigen Bedenken, die ich hatte, betrafen ihr gutes Aussehen - ich fragte mich, ob das manche Patientinnen nicht eher abschrecken würde. Aber ich sagte mir, dass sei sexistisches Denken und fing an, ihr

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