Sharon: die Frau, die zweimal starb
glaub mir, melden wird er sich. Ist das ein Armleuchter, was? Hat einen enormen Ruf als knallharter Prozessierer, aber du hast es ihm so richtig gegeben - dein kleiner Seitenhieb über das Unterbewusste traf genau den Punkt, Alex.«
Er schüttelte den Kopf vor Ausgelassenheit und Schadenfreude. »Gott weiß, wie der den Arsch zusammenkneifen musste, um sich nicht gleich hier in die Hosen zu machen. Und ein großer Teil davon hat Sie motiviert, Anwalt zu werden.
Ich habe dir das nicht erzählt, aber Morettis Dad war eine große Kanone als Psychiater in Milwaukee, hat eine Menge Gutachten fürs Gericht gemacht. Moretti muss ihn gehasst haben, weil er wirklich einen Piek auf Seelenklempner hat - darum hat man ihm diesen Auftrag hier gegeben.«
»Stanford und Psychologie im Hauptfach«, sagte ich. »Blablablablabla.«
Mal hob einen Arm in gespielter Angst. »Junge, du bist wirklich ein gemeiner Bastard geworden, nicht wahr?«
»Habe einfach den ganzen Quatsch satt«, sagte ich. Ich ging zur Tür. »Ruf mich mal eine Zeitlang besser nicht an, okay?«
»He, versteh mich nicht falsch, Alex, ich mache dir keine Vorwürfe. Es gefällt mir, ich meine: Ich find’s einfach toll.«
»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte ich. Und überließ ihn seinem Triumph und seinen Kalkulationen.
Als ich nach Hause kam, klingelte das Telefon. Ich hob es im gleichen Augenblick wie die Frau vom Auftragsdienst ab, hörte Del Hardys Stimme nach Dr. Delaware fragen. Ich redete hinein und sagte dem Fräulein, ich übernähme den Anruf.
»Ich habe etwas herausbekommen«, sagte Del. »Konnte nicht viel Hilfe in Hollywood kriegen, aber ich habe mit einem von diesen Gerichtsmedizinern gesprochen. Hast du irgendwie Bedarf, so was zu hören?«
»Schieß los.«
»Okay, zuerst die Zeit des Todes - zwischen acht Uhr abends und drei Uhr früh am Sonntag. Zweitens: Todesursache. 22-Kaliber-Kugel ins Gehirn. Ist genau in die Großhirnrinde eingedrungen und da herumkarbolzt, wie das bei einer Kleinkaliberkugel so ist, hat viel Schaden angerichtet. Drittens fanden sich große Mengen Alkohol und Barbiturate in ihrem System - so gut wie tödliche Dosierung. Der Gerichtsmediziner fand auch ein paar alte Narben zwischen ihren Zehen, die wie Einstiche aussahen. Hast du gewusst, dass diese Dame mit harten Drogen zu tun hatte?«
»Nein«, sagte ich. »Aber das war sicher lange her.«
»Ja. Die Leute verändern sich. Das hält uns so auf Trab.«
»Überdosis und eine Kugel«, sagte ich.
»Ernsthaftigkeit der Absicht«, erklärte Del. »Vor allem für eine Frau, obwohl sie, wenn sie ganz sicher hätte gehen wollen, die Kanone hätte ›essen‹ müssen, genau ins Rückenmark, löscht das Nervensystem aus und schneidet die Atmung ab. Aber die meisten Leute wissen das nicht, die sehen fern und denken, der Schläfenschuss …« Er hielt ein. »Sorry«
»Schon gut«, sagte ich. »Mit so viel Barbituraten in ihrem Körper - musste sie da nicht zu schläfrig zum Schießen sein?«
»Nicht sofort«, entgegnete Del. »Nun, hier ist noch was Interessantes: Der Gerichtsmediziner sagte mir, sie hätten den Fall schnell über die Bühne gebracht, Befehl vom Boss - ihr üblicher Durchschnitt ist sechs bis acht Wochen um diese Jahreszeit. Es wurde ihnen auch gesagt, mit niemandem darüber zu reden.«
»Warum die Geheimnistuerei?«
»Der Pathologe hatte den Eindruck, dass es sich um reiche Leute handelte, die haben die kleinen Röllchen wie toll geschmiert; soll keine Wellen schlagen.«
»Das Revier hat Informationen an die Presse herausgegeben.«
»Kontrollierte Infos«, sagte Del. »Strategisches Denken. Wenn du gar nichts über etwas sagst und jemand bekommt heraus, dass du’s zurückgehalten hast, fangen die Leute sofort an, von Verschwörung zu reden. Ihnen zu sagen, was du willst, ist sicherer, lässt dich offen und ehrlich erscheinen. Nicht, dass es viel zu erzählen gibt über diesen Fall - glatter Selbstmord, kein Hinweis auf irgendwelche faulen Tricks oder so. Was die Drogen-Kanonen-Kombination angeht, hatte der Pathologe zwei Szenarios: A: Sie hat Alkohol und Drogen geschluckt, um sich zu töten, es sich dann anders überlegt, wollte es schneller oder vielleicht dramatischer hinter sich bringen und nahm das Schießeisen. Leuchtet mir ein - Selbstmord ist’ne Botschaft, stimmt’s? Ihr Jungs habt uns das gelehrt: letztes Statement an die Welt. Die Leute können ganz schön wählerisch werden, wie sie’s planen, was?«
»Stimmt. Was ist
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