Sharpes Beute
halten. Die Männer im Haus in Bredgade waren hellwach, wartend und bereit gewesen. Es war dort also etwas Neues im Gange, etwas, das Lavisser sehr vorsichtig gemacht hatte. Und da war noch etwas Neues in dieser seltsamen Nacht gewesen, das auf den ersten Moment lustig wirkte, jetzt jedoch Sharpe böse und unheilvoll vorkam. Er rammte die letzte Kugel in den Lauf, steckte den Ladestock in die Röhre und brach nach Süden auf.
Zu seiner Rechten loderten noch die Feuer, und müde Männer bedienten die Pumpen und versuchten zu löschen. Brauereiwagen brachten Fässer mit Wasser vom Hafen. Die Pumpen hatten kaum etwas bewirkt, doch als die Kirchenglocken ein Uhr schlugen, begann es zu regnen, und die Brandbekämpfer hofften, dass der Himmel die Flammen löschen würde.
Sharpe schloss Skovgaards Haustür auf. Er bezweifelte sehr, dass Skovgaard zu Hause war, und er hoffte, dass Astrid schlief. Er ging in die Küche und suchte im Dunkeln nach einer Laterne und Zunderbüchse. Er fand beides, ging dann mit der Laterne zum Lagerhaus, wo er feststellte, dass Bang immer noch auf seinem improvisierten Bett aus leeren Säcken schnarchte. Sharpe stellte die Laterne ab und legte die siebenläufige Waffe daneben. Dann hob er Bang von den Säcken und schüttelte ihn wie ein Terrier, der eine Ratte tötete, und warf ihn gegen eine Kiste mit Gewürzen. Bang schrie erstickt auf und blinzelte zu Sharpe auf.
»Wo ist er, Aksel?«, fragte Sharpe.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen. Was ist denn los?« Bang war noch schlaftrunken.
Sharpe trat auf ihn zu, hob ihn wieder hoch und schlug ihm hart ins Gesicht. »Wo ist er?«
»Ich glaube, Sie sind wahnsinnig!«, keuchte Bang.
»Vielleicht«, sagte Sharpe. Er stieß Bang gegen die Kiste und hielt ihn mit einer Hand fest, während er die Taschen der blauen Uniform des Dänen durchsuchte. Er fand, was er befürchtet hatte. Guineas. Die goldene Kavallerie von Sankt Georg, neu, glänzend und frisch aus der Münze. Sharpe legte die Münzen eine nach der anderen auf die Kiste, während Bang nur noch wimmerte. »Du Bastard«, sagte Sharpe. »Du hast dich für zwanzig Guineas verkauft, nicht wahr? Warum hast du es nicht für dreißig Silberlinge getan?«
»Sie sind verrückt«, sagte Bang und streckte die Hand nach den Goldmünzen aus.
Sharpe schlug ihm die Rechte ans Kinn. »Erzähl schon, Aksel!«
»Da gibt es nichts zu erzählen.« Ein Blutfaden rann an Bangs länglichem Kinn hinab.
»Nichts? Du gehst mit Skovgaard zum Gebet und kommst ohne ihn zurück. Du bist besoffen und hast die Taschen voller Gold. Hältst du mich für blöde?«
»Ich handele selbst etwas«, sagte Bang und wischte sich Blut von den Lippen. »Mister Skovgaard hat das genehmigt. Ich habe einige Dinge verkauft.«
»Welche Dinge?«
»Etwas Kaffee«, behauptete Bang. »Kaffee und Jute.«
»Du hältst mich nicht nur für blöde, sondern sogar für saublöde, Aksel!« Sharpe zog sein Taschenmesser hervor.
»Ich habe nichts getan!«
Sharpe lächelte und ließ die Klinge herausschnappen. »Kaffee und Jute? Nein, du hast eine Seele verkauft, und jetzt wirst du mir davon erzählen.«
»Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt!«
Sharp schob ihn gegen die Kiste. Dann hielt er die Messerklinge unter Bangs rechtes Auge. »Wir nehmen dieses zuerst, Aksel. Es tut anfangs nicht mal sehr weh. Wenn wir das linke Auge haben, nehmen wir das rechte dran, und danach werde ich die Augenhöhlen mit Salz füllen. Dann wirst du schreien.«
»Nein!«, schrie Bang entsetzt. »Bitte nicht!«
Sharpe drückte die kalte Klinge gegen Bangs Haut, und er schrie, als werde er kastriert. »Nein!«
»Dann erzähl mir die Wahrheit, Aksel«, sagte Sharpe. »Ich tausche die Wahrheit gegen deine Augen.«
Was Bang stammelte, war nicht offen und ehrlich erzählt, und er versuchte sich damit zu rechtfertigen. Er beschuldigte Skovgaard, ein Verräter Dänemarks zu sein. Er hatte für die Briten spioniert, und die Briten waren die Feinde Dänemarks. Und Ole Skovgaard war ein gemeiner, knauseriger Mann. »Ich arbeite jetzt seit zwei Jahren für ihn, und er hat kein einziges Mal meinen Lohn erhöht. Man muss doch Perspektiven haben ...«
»Sprich weiter«, sagte Sharpe. Er warf das Messer in die Luft, und Bang beobachtete mit hervorquellenden Augen die Flugbahn und schluckte, als Sharpe es wieder am Griff auffing. »Ich höre.«
»Es ist nicht rechtens, was Mister Skovgaard macht«, sagte Bang. »Er ist ein Landesverräter.« Er wimmerte auf, nicht, weil
Weitere Kostenlose Bücher