Sharpes Beute
Treppenabsatz gingen zwei Türen ab. Er ignorierte sie. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Bewohner des Hauses sich höher aufhielten, und so bog er um die Ecke des Absatzes und nahm im Laufen die nächste Treppe. Er sah eine halb offene Tür - und einen Musketenlauf. Einen Sekundenbruchteil, bevor die Muskete aufblitzte, warf er sich hin. Die Kugel krachte in ein Porträt hoch an der Wand im Treppenschacht. Sharpe rappelte sich auf, schob die siebenläufige Waffe über die oberste Treppenstufe und drückte ab.
Die sieben Kugeln zerfetzten die untere Hälfte der Tür. Ein Mann schrie. Sharpe zog eine Pistole und feuerte von Neuem, dann waren Hopper und Clouter hinter ihm, und beide schossen auf die Tür, bevor sie an Sharpe vorbeirannten.
»Wartet!«, rief er. Er wollte als Erster in das Zimmer, nicht aus Heroismus, sondern weil er Captain Chase versprochen hatte, auf seine beiden Männer aufzupassen, doch Clouter, die Axt in der Hand, hatte bereits mit der Schulter die Tür aufgerammt und taumelte hindurch.
»Pucelle!«, schrie der Schwarze. »Pucelle!« Es klang, als entere er ein feindliches Schiff.
Sharpe folgte ihm, als Hoppers siebenläufige Waffe krachte. Eine feindliche Kugel pfiff an seinem Kopf vorbei, während er durch die Tür sprang. Mit einem schnellen Blick erfasste er ein elegantes Arbeitszimmer mit Bücherregalen, Porträts, einem Schreibtisch und Sofa. Ein Mann krümmte sich beim Schreibtisch, getroffen von einer von Hoppers Kugeln. Ein anderer Mann lag beim Fenster, von Clouters Axt getroffen. »Da lebt noch einer hinter dem Schreibtisch«, sagte Hopper.
Sharpe gab die leer geschossene Siebenläufige Hopper. »Lade sie«, sagte er, dann schritt er auf den Schreibtisch zu. Er hörte das Scharren eines Ladestocks in einem Waffenlauf und wusste, dass sein Feind im Augenblick nicht schießen konnte. Mit drei weiteren schnellen Schritten war er bei dem Mann und sah, dass sich der Mann mit einer halb geladenen Pistole duckte. Sharpe hatte gehofft, Lavisser zu finden, doch diesen Mann hatte er noch nie gesehen. Der Mann schaute ihn entsetzt an und schüttelte den Kopf. »Non, Monsieur, non!«
Sharpe feuerte. Die Kugel traf den Franzosen in den Schädel, und Blut schoss über den Schreibtisch und auf den Sterbenden zu Sharpes Füßen.
Es war ein vierter Mann im Zimmer. Er lag gefesselt und geknebelt auf einem Sofa in einem Alkoven. Er war nackt. Sharpe musste schlucken, als er ihn sah. Es war ein Wunder, dass er noch lebte.
Ole Skovgaard war gefoltert worden. Ein grässlicher Anblick. Er war halb blind und bewusstlos, hatte anscheinend nichts von dem Kampf mitbekommen, der das Zimmer mit erstickendem Pulverrauch erfüllte.
Clouter, die blutige Axt in einer großen Hand, kam zum Sofa. Sharpe erschauerte beim Anblick von Skovgaards leerer Augenhöhle, dem blutigen Mund und den Fingerspitzen, wo die Nägel ausgerissen waren, bevor man ihm die Fingerknochen gebrochen hatte.
Sharpe legte sein Gewehr ab, nahm sein Messer und zerschnitt die Stricke, mit denen Skovgaard gefesselt war. »Können Sie mich hören?«, fragte er.
Skovgaard hob eine zitternde Hand. »Lieutenant?« Er konnte kaum sprechen, denn sein blutiger Mund war zahnlos.
»Wir bringen Sie nach Hause«, sagte Sharpe.
Hopper feuerte mit der Pistole zum Treppenschacht, und Clouter eilte ihm zur Hilfe. Skovgaard wies schwach zum Schreibtisch, und Sharpe ging hin. Er sah einen Stapel von Papieren, die mit dem Blut des Franzosen besprenkelt waren, den er soeben erschossen hatte. Auf den Blättern standen viele Namen.
Es war die Liste der Korrespondenten, die London schützen wollte. Hans Bischoff aus Bremen, Josef Gruber aus Hannover, Carl Friederich in Königsberg. Da waren russische und preußische Namen, sieben Seiten voller Namen, und Sharpe raffte die Seiten zusammen und steckte sie ein.
Clouter feuerte die Treppe hinab. Hopper hatte eine der siebenläufigen Waffen nachgeladen und schob Clouter zur Seite, um einzugreifen, doch da gab es anscheinend keine Bedrohung mehr, denn er schoss nicht.
Vor den Fenstern hingen Samtvorhänge. Sharpe packte einen, zog hart daran und riss ihn los. Er hüllte den nackten Skovgaard in den Samt ein und hob ihn hoch. Skovgaard stöhnte vor Schmerzen.
»Wir gehen jetzt heim«, sagte Sharpe. Rauch trieb vom Treppenschacht herauf. »Wer ist da unten?«, fragte Sharpe Clouter.
»Zwei Mann, vielleicht drei.«
»Wir müssen runtergehen«, sagte Sharpe, »und durch die Vordertür raus.« Er hatte weder
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