Sharpes Beute
»Es ist immer noch zu heiß, um ins Haus zu kommen, Sir, und es ist ohnehin nur noch ein Haufen rauchender Trümmer, aber Jules hat entkommen können.«
»Nur Jules?«
»Er war der Einzige, den ich finden konnte, Sir. Der Rest ist tot oder im Krankenhaus, nehme ich an. Und Jules schwört, es war Sharpe.«
»Das kann nicht sein!«
»Er sagt, drei Männer kamen aus dem Haus, Sir. Zwei waren Matrosen und der andere ein großer Mann mit schwarzem Haar und einer Narbe auf der Wange.«
Lavisser fluchte.
»Und«, fuhr Barker fort, »der Mann mit der Narbe im Gesicht trug Skovgaard.«
Lavisser fluchte von Neuem. »Und das Gold?«, fragte er.
»Das ist vermutlich noch in Bredgade, Sir. Vielleicht geschmolzen, aber es wird dort sein.«
Lavisser schwieg eine Weile. Die Bergung des Goldes konnte sicherlich warten, aber er konnte keinen Vorschuss von den Franzosen erwarten, wenn er ihnen nicht die Liste mit den Namen gab, die er aus Skovgaard herausgefoltert hatte. Diese Liste würde Lavisser die Großzügigkeit des Kaisers eröffnen, der ihn dafür zum Prinzen von Seeland oder Herzog von Holstein oder sogar, wie er es sich schon oft in seinen geheimsten Träumen ausgemalt hatte, zum König von Dänemark machen würde.
»Hat Jules irgendetwas über die Liste gesagt?«
»Er nahm an, dass sie im Haus war, als es brannte, Sir.«
Lavisser raufte sich die Haare. »All die Mühe für die Katz«, zürnte er. »Reine Zeitverschwendung!«
Baker starrte zu den Tauben auf dem Dach des Schlosses. Er dachte daran, dass auch seine Nacht vergeudet war, denn Lavisser hatte darauf bestanden, dass er mit ihm die fallenden Bomben beobachtete und zählte. Barker hätte es vorgezogen, das Haus in Bredgade zu bewachen, doch Lavisser hatte ihn angewiesen, die Mündungsblitze der Geschütze von der Flotte zu zählen, während Lavisser die Schüsse von den Batterien an Land gezählt hatte. Eine wahre Verschwendung, dachte Barker, denn wenn er in Bredgade gewesen wäre, dann wäre Sharpe jetzt tot, und Skovgaard würde vielleicht noch immer Namen preisgeben.
»Wir müssen Skovgaard wiederfinden, Sir«, sagte Barker.
»Wie?«, fragte Lavisser verdrossen, dann beantwortete er selbst seine Frage. »Er muss im Krankenhaus sein, nicht wahr?«
»Oder bei einem Doktor.«
Lavisser schüttelte den Kopf. »Alle Ärzte sind in die Krankenhäuser befohlen worden.«
So suchten Lavisser und Barker in den Krankenhäusern von Kopenhagen nach Ole Skovgaard. Die Suche dauerte den ganzen Morgen, als sie von Station zu Station gingen, wo Hunderte Opfer mit Verbrennungen in schrecklichen Schmerzen lagen, aber Skovgaard fanden sie nicht. Ein verschwendeter Morgen, und Lavisser war in grimmiger Stimmung, als er sich auf den Weg machte, um zu sehen, was vom Haus in Bredgade noch übrig war.
Das Haus war eine rauchende Ruine, und das Gold, wenn es noch da war, musste eine geschmolzene Masse tief in seinem Keller sein.
Jules, einer der Franzosen, der zurückgeblieben war, als die Diplomaten aus Kopenhagen geflüchtet waren, befand sich immer noch im unbeschädigten Kutscherhaus, und Jules wollte seine eigene Rache an Sharpe.
»Wir wissen, wo er ist«, sagte Barker.
»Ulfedts Plads?«, fragte Lavisser.
»Wo sonst?«
»Du, ich und Jules gegen drei von ihnen?«, sagte Lavisser. »Ich glaube, wir müssen diese Chance verbessern.«
Barker und Jules machten sich auf den Weg, um Ulfedts Plads zu beobachten, und Lavisser ging zur Zitadelle, wo General Peymann sein Quartier hatte. Der General war die ganze Nacht auf gewesen und jetzt zu Bett gegangen, und es war schon Nachmittag, als er erwachte und Lavisser ihm seine Lügengeschichte auftischen konnte.
»Ein Kind hat mit einem Blindgänger gespielt, Sir«, sagte er, »und ich befürchte, dass es noch mehr solcher tragischen Todesfälle gibt. Es liegen zu viele Bomben auf den Straßen herum.«
Peymann blies auf seinen Kaffee, um ihn abzukühlen. »Ich dachte, Captain Nielsen beschäftigt sich mit diesem Problem.«
»Er ist mit Arbeit überschüttet, Sir. Ich brauche ein Dutzend Männer.«
»Natürlich, natürlich.« Peymann unterzeichnete den notwendigen Befehl. Lavisser weckte einen Leutnant und befahl ihm, eine Gruppe antreten zu lassen.
Der Leutnant fragte sich, warum seine Männer Musketen brauchten, um Blindgänger zu sammeln, doch er war noch zu schläfrig, um zu diskutieren. Er folgte mit seinen Männern einfach zum Ulfedts Plads, wo zwei Zivilisten neben einem Lagerhaus warteten.
»Klopfen Sie an die
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