Sharpes Beute
folgen.
»Bedeutet das Schwierigkeiten?«, fragte Lavisser.
Kapitän Samuels schüttelte den Kopf. »Sie wird uns nicht einholen«, sagte er überzeugt, »und außerdem wird es mit diesem Wind Nebel geben.«
Lavisser blickte zur Festung zurück. »Irgendwas ist faul im Staate Dänemark«, sagte er, und es klang unheilvoll.
»Was?«, fragte Sharpe verwundert.
Der Gardist lachte. »Es ist aus Hamlet, mein lieber Richard, das in genau dieser Festung spielt. Ich wurde als Kind dorthin mitgenommen und war überzeugt, dass ich den Geist des alten Königs über die Brustwehr wandeln sehen würde, aber leider sah ich das nur in meiner Einbildung. Dann, Jahre später, spielte ich die Rolle in Eton. Der verdammte Pumphrey spielte die Ophelia und gab ein überzeugendes Mädchen ab. Ich sollte ihn in einer Szene küssen, und er schien es so sehr zu genießen, dass ich seine Eier drückte, bis er quiekte wie ein Schwein.« Er lächelte in der Erinnerung und lehnte sich dann auf die Reling, um auf das flache grüne Land zu schauen. »Ich wünschte, es wäre wirklich etwas faul in Dänemark. Es ist ein tristes Land, Richard, langweilig, religiös, engstirnig und bigott. Es ist bewohnt von kleinen Leuten, die bescheiden leben.«
»So müssen wir Ihnen alle vorkommen.«
Lavisser war sofort zerknirscht, »Nein, nein. Verzeihen Sie mir. Ich wurde privilegiert geboren, Richard, und ich hatte vergessen, dass andere das nicht sind.«
Die Cleopatra blieb näher an der schwedischen Küste, sodass es für jeden Beobachter wirkte, als sei sie auf der Passage nach Stralsund im nördlichen Preußen, wo eine britische Garnison stationiert war. Aber in der Nacht, nachdem sie Kopenhagen passiert hatten, verließ die Fregatte den gut befahrenen Seeweg und wandte sich nach Westen, in die Köge-Bucht. Die dänische Fregatte hatte längst ihre Jagd auf das britische Schiff aufgegeben, und die Köge-Bucht war leer. Der Mond brach gelegentlich durch die Wolkendecke, und die niedrigen weißen Kalkfelsen der nahen Küste schienen mit unnatürlicher Brillanz zu leuchten. Dort, wo die Klippen in lange Stränden übergingen, gab Kapitän Samuels den Befehl zu stoppen und die Barkasse zu Wasser zu lassen.
Die schwere Truhe wurde über Bord gehievt, dann kletterten Sharpe, Lavisser und Barker zur Barkasse hinab. Sharpe war wie seine Gefährten in Zivil gekleidet. Er trug eine braune Jacke, schwarze Hose und Stiefel und einen braunen Dreispitz. Grace hatte immer gesagt, dass er in dieser Aufmachung wie ein schlecht gelaunter Bauer aussah. Seine Schützenuniform befand sich in einem Packen, den er auf seine Schulter schwang.
Die Barkassenmannschaft ruderte durch die Dunkelheit. Der Mond war hinter Wolken verschwunden, die jetzt den Himmel bedeckten, während weit im Norden, jenseits Kopenhagens, ein Gewitter tobte. Blitze zuckten durch die Dunkelheit, aber kein Regen fiel, und das ferne Donnern verlor sich, bevor es die Barkasse erreichte. Die einzigen Geräusche waren das leise Knarren der Riemen und das Platschen von Wasser.
Es gab keine Brandung, nur das sanfte Ausrollen kleiner Wellen am Strand. Der Kiel der Barkasse knirschte auf Sand, und ein Matrose sprang über Bord, um das Boot an Ort und Stelle zu halten, während ein halbes Dutzend Männer die Goldtruhe an Land trugen. Sharpe, Lavisser und Barker folgten. Der Midshipman, der die Barkassencrew leitete, wünschte ihnen viel Glück. Dann wurde die Barkasse vom Strand ins Wasser geschoben, und die Mannschaft ruderte davon. Ein kalter Windstoß trieb Sandkörner gegen Sharpes Stiefel.
Er war in Dänemark. Und Lavisser zog seine Pistole.
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KAPITEL 4
Lavisser zögerte. »Würden Pistolenschüsse auf der Fregatte zu hören sein?«, fragte er.
»Vermutlich«, sagte Sharpe. »Geräusche tragen über Wasser. Warum?«
»Ich habe die Sorge, dass die Pistole nass geworden ist und nicht funktioniert. Ich wollte das überprüfen, aber ich möchte nicht die Cleopatra alarmieren. Man könnte dort denken, dass wir Probleme haben.«
»Die Pistole ist nicht nass geworden«, sagte Sharpe. »Das Wasser reicht gerade bis zu unseren Knöcheln.«
»Vermutlich haben Sie recht.« Lavisser steckte die Pistole weg. »Ich halte es für das Beste, wenn Sie hier warten, Richard. Wenn Samuels uns an der richtigen Stelle abgesetzt hat, dann ist Herfölge höchstens eine Stunde Fußweg entfernt. Ich werde Sie im Morgengrauen wiedersehen, und
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