Sharpes Beute
Skovgaard war ein dänischer Patriot, doch seine Ehe mit einer Engländerin hatte zu einer Verbindung mit ihrem Heimatland geführt, und jetzt wurde es von dessen Flotte bedroht.
Skovgaard hatte nie vorgehabt, sich in das düstere Geschäft der Spionage verwickeln zu lassen. Zuerst hatte er nur an die britische Botschaft die Nachrichten weitergegeben, die er von den Kapitänen der Ostseehändler, die in sein Lagerhaus kamen, gesammelt hatte. Und im Laufe der Jahre war dieser Nachrichtendienst so angewachsen, dass Skovgaard die Sankt-Georg-Goldstücke an Dutzende von Männern und Frauen im nördlichen Europa verteilt hatte. London schätzte ihn, doch Skovgaard war sich nun nicht mehr sicher, ob er London jetzt, da sich eine britische Flotte Kopenhagen näherte, helfen wollte.
»Dies ist eine Zeit«, sagte er zu Sharpe, »in der sich alle Dänen für ihre Loyalität entscheiden müssen. Das trifft auf mich hinsichtlich Major Lavisser zu, einem Mann, an dessen Integrität ich nicht zweifle. Er ist in Ihrem Militärdienst hoch aufgestiegen, Lieutenant. Er war ein Gardeoffizier, ein Adjutant des Duke of York und Gentleman, der es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, länger zu unterstützen, was Ihr Land macht. Aber Sie? Was sind Sie, Lieutenant?«
»Ein Soldat, Sir«, sagte Sharpe.
»Welcher Art?« Die Frage klang sarkastisch. »Wie alt sind Sie? Dreißig? Und immer noch ein Second Lieutenant?«
»Es zählt, wo man anfängt«, sagte Sharpe bitter.
»Und wo wird es bei Ihnen enden?« Skovgaard wartete nicht auf eine Antwort. Stattdessen nahm er die Berlingske Tidende. »Die Zeitung, Lieutenant, sagt uns mehr als Fakten über Major Lavissers Ankunft. Gestern Nachmittag, auf Einladung des Kronprinzen, sprach Major Lavisser vor dem Verteidigungsausschuss, und ich finde, Sie sollten seine Worte hören. Er warnte davor, dass Britannien verzweifelt ist und zu den hinterhältlichsten Maßnahmen greifen wird, um Dänemarks Zweifel zu zerstreuen. ›Wenn es um die Sache des Köpfens geht, kann Britannien das genauso gut tun wie Madame Guillotine.‹ Haben Sie zugehört, Lieutenant? Dies waren Major Lavissers Worte. ›Ich habe gehört, ich kann nicht beschwören, dass es wahr ist, dass ein Armeeoffizier, dessen Karriere dem Ende nahe ist, ein Rüpel, der aus den Mannschaften befördert worden ist und wegen eines Skandals zu Hause nach Dänemark geschickt worden ist, um den Kronprinzen zu ermorden. Ich kann so etwas Ungeheuerliches nicht glauben, möchte aber trotzdem jeden loyalen Dänen ermuntern, wachsam zu sein.‹« Skovgaard warf die Zeitung auf den Schreibtisch. »Nun, Lieutenant?«
Sharpe starrte ihn ungläubig an.
»Und was sind Sie, Lieutenant?«, fragte Skovgaard. »Ein Lieutenant, der in den Mannschaften angefangen hat, und Sie wollen mir weismachen, dass England solch einen Mann schickt, um mit einem Prinzen zu verhandeln? Sie?« Er schaute Sharpe voller Abscheu von oben bis unten an.
»Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt!«, protestierte Sharpe ärgerlich.
»Das bezweifle ich«, sagte Skovgaard, »aber es ist leicht herauszufinden. Ich habe Major Lavisser eine Botschaft geschickt und ihn gebeten, am Morgen herzukommen und Ihre Worte zu bestätigen oder zu dementieren.«
»Sie haben Lavisser gebeten, hierherzukommen?«, rief Sharpe. »Dieser Bastard hat versucht, mich zu killen!«
Skovgaard versteifte sich. »Ich missbillige Ihre Vulgärsprache«, sagte er. »Also, Lieutenant, sind Sie bereit, hier zu warten und Major Lavisser gegenüberzutreten?«
»Den Teufel werde ich tun.« Sharpe machte kehrt, um seinen Packen und Mantel holen. »Und zum Teufel mit Ihnen, Skovgaard«, fügte er hinzu.
Die beiden jungen Männer blockierten Sharpe den Weg zur Tür, und Skovgaards Stimme ließ ihn zum Schreibtisch herumfahren. Der Händler hielt jetzt eine langläufige Pistole in der Hand.
»Ich bin nicht bereit, das Leben meines Prinzen aufs Spiel zu setzen, Lieutenant«, sagte Skovgaard. »Entweder bleiben Sie freiwillig hier, oder ich werde Sie mit Gewalt aufhalten, bis Major Lavisser mich beraten kann.«
Sharpe schätzte gerade die Entfernung zum Schreibtisch und die Wahrscheinlichkeit ab, dass die Pistole genau schoss, als einer der beiden Wächter eine Waffe zog. Es war eine große Pistole, mit der man ein Pferd töten konnte, und die Mündung war auf seinen Kopf gerichtet.
Skovgaard sagte etwas auf Dänisch, und während der Mann ihn mit der Pistole bedrohte, nahm der andere Mann ihm den Säbel ab und
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