Sharpes Beute
Skovgaards Tochter«, stellte sie sich vor. »Astrid.«
»Richard Sharpe, Miss«, sagte er. »Sie sprechen gut Englisch.«
»Meine Mutter war Engländerin.« Sie blickte in den Korridor. »Sie sind hier, um mit meinem Vater zu sprechen?«
»Ich hoffe es.«
»Dann tut es mir leid, dass ich Sie gestört habe«, sagte sie.
»Haben Sie die Musik gespielt?«, fragte Sharpe.
»Ich bin nicht gut darin.« Sie schenkte ihm ein schnelles und verlegenes Lächeln. »Ich muss noch viel üben.« Sie bedachte ihn mit einem letzten verwunderten Blick, dann kehrte sie in das Zimmer zurück. Sie ließ die Tür einen Spalt offen, und kurz darauf waren wieder ein paar Töne zu hören.
Zwei Männer holten Sharpe ab. Wie der Diener, der die Tür geöffnet hatte, waren beide in Braun gekleidet, aber diese Männer waren viel jünger. Sie wirkten kräftig und hart. Einer ruckte mit dem Kopf, und Sharpe folgte ihm gehorsam den kurzen Gang hinab. Die Tür am Ende quietschte alarmierend. Sie öffnete sich in einen eleganten Raum, wo Aksel Bang neben einem schmächtigen Mann stand, der mit gesenktem Kopf an einem Schreibtisch saß.
Sharpe ließ seinen Packen auf einen Sessel fallen, legte Mantel und Hut darauf und wartete. Die Tür fiel quietschend hinter ihm zu, und dann blieben die beiden jungen Männer, offenbar Wächter, hinter seinem Sessel stehen.
Der Raum war ein Arbeitszimmer, doch groß genug, um darin zu tanzen. Bücherregale, gefüllt mit dicken Lederbänden, nahmen zwei Wände ein, die dritte hatte hohe Glastüren, die sich in einen Garten öffneten, während die vierte mit hellem Holz getäfelt war, das einen Marmorkamin umgab, über dem das Porträt eines traurig wirkenden Mannes in einem schwarzen Predigergewand hing.
Dann legte der Mann hinter dem Schreibtisch seine Schreibfeder aus der Hand, nahm seine Brille ab und schaute zu Sharpe auf. Er blinzelte sichtlich erstaunt, als er das Gesicht seines Besuchers sah, ließ sich jedoch nicht anmerken, was es war, das ihn so überrascht hatte.
»Ich bin Ole Skovgaard«, sagte er mit rauer Stimme, »und Aksel hat Ihren Namen vergessen.«
»Lieutenant Richard Sharpe, Sir.«
»Ein Engländer«, sagte Skovgaard missbilligend. »Ein Engländer«, wiederholte er, »doch er sieht fast wie mein armer Schwiegersohn aus, er ruhe in Frieden. Hast du Nils mal gesehen, Aksel?«
»Leider kam ich nicht in den Genuss dieses Privilegs«, sagte Bang, sichtlich erfreut, dass er von seinem Chef angesprochen wurde.
»Er sah genau wie dieser Engländer aus«, sagte Skovgaard. »Die Ähnlichkeit ist - wie heißt das Wort? Außergewöhnlich.« Er schüttelte verwundert den Kopf. Er hatte eingefallene Wangen, und sein Gesicht drückte Strenge und Missbilligung aus. Er wirkte wie fünfzig, obwohl sein blondes Haar noch kein Grau zeigte. »Schreiben Sie Ihren Namen mit einem ›e‹ am Ende?«, fragte er, und als Sharpe das bestätigte, setzte er seine Brille auf und notierte etwas mit kratzender Feder. »Und Sie sind Lieutenant, ja? In der Marine oder der Armee? Und in welchem Regiment?« Sein Englisch war perfekt. Er notierte Sharpes Antworten und blies auf die noch feuchte Tinte. Dann spielte er mit einem Brieföffner aus Elfenbein und musterte Sharpe von oben bis unten. Nach einer Weile zuckte er leicht mit den Schultern und wandte sich an Bang. »Aksel, würdest du in der Halle mit Astrid warten?«
»Selbstverständlich.« Bang sah absurd erfreut aus, als er aus dem Arbeitszimmer eilte.
»Sagen Sie mir, Lieutenant Sharpe, was führt Sie zu mir?«
»Man sagte mir, Sie würden helfen, Sir.«
»Wer sagte das?«
»Lord Humphrey, Sir.«
»Ich habe nie von einem Lord Humphrey gehört«, sagte Skovgaard. Er erhob sich und ging zu einem Beistelltisch. Skovgaard war ganz in Schwarz gekleidet und trug einen Trauerflor an seinem rechten Ärmel. Er war so dünn, dass er an ein wandelndes Skelett erinnerte. Er nahm eine Pfeife, stopfte sie mit Tabak aus einer Dose, auf der sich ein gemalter Drache wand, und ging dann mit einer Zunderbüchse zu seinem Schreibtisch zurück. Er zündete den Tabak an und wartete, bis er gleichmäßig brannte. »Warum könnte dieser Lord Pumphrey glauben, dass ich Ihnen helfen würde?«
»Er sagte, Sie wären ein Freund Britanniens, Sir.«
»So? Das sagte er?« Skovgaard saugte an der Pfeife. Der Rauch kräuselte zur Decke. »Ich bin ein Händler, Lieutenant Sharpe«, sagte er und betonte den Dienstrang so, dass es beleidigend klang. »Ich handele mit Zucker, Tabak,
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