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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ich Sie gestört habe, Ma’am«, sagte er und ließ den Musselinvorhang zum Vorraum wieder zufallen.
    Der indische Schreiber schüttelte heftig den Kopf. »Sie hätten nicht dort reingehen sollen, Sahib! Dies ist ein Privatquartier! Privat! Ich werde gezwungen sein, dies Captain Torrance zu melden.«
    Sharpe ging zum Stuhl des Schreibers und kippte ihn, zwang so den Mann aufzustehen. Die wartenden Männer im Raum lachten. Sharpe ignorierte sie, setzte sich auf den Stuhl und zog die Hauptbücher zu sich heran. »Mich interessiert nicht, was Sie Captain Torrance erzählen werden, solange Sie mir erst etwas über die Hufeisen sagen.«
    »Sie sind verloren gegangen!«, sagte der Schreiber.
    »Wie verloren gegangen?«, fragte Sharpe.
    Der Schreiber zuckte mit den Schultern. »Dinge gehen nun mal verloren.« Schweiß rann über sein Gesicht, als er einige der Hauptbücher von Sharpe wegzuziehen versuchte. Er verharrte mitten in der Bewegung, als er den Ausdruck im Gesicht des Ensigns sah. »Dinge gehen verloren«, wiederholte er schwach. »Es ist die Natur der Dinge, dass sie abhanden kommen.«
    »Musketen?«, fragte Sharpe.
    »Verloren«, gab der Schreiber zu.
    »Eimer?«
    »Verloren«, sagte der Schreiber.
    »Papierkram?«
    Der Schreiber runzelte die Stirn. »Papierkram, Sahib?«
    »Wenn etwas verloren geht«, sagte Sharpe geduldig, »dann gibt es eine Akte. Wir sind bei der verdammten Armee. Da können Sie nicht pissen gehen, ohne eine Aktennotiz davon zu machen. Also zeigen Sie mir die Akte, was verloren gegangen ist.«
    Der Schreiber seufzte und schlug eines der großen Hauptbücher auf. »Hier, Sahib«, sagte er und wies mit einem Tintenfinger darauf. »Ein Fass Hufeisen, sehen Sie? Transportiert auf einem Ochsen von Jamkandhi, verloren im Godavari am 12. November.«
    »Wie viele Hufeisen sind in einem Fass?«, fragte Sharpe.
    »Hundertzwanzig.« Der langbeinige Kavallerie-Sergeant war ins Büro gekommen und lehnte jetzt am Türpfosten.
    »Und es sollen viertausend Hufeisen auf Lager sein?«, fragte Sharpe.
    »Hier!« Der Schreiber blätterte eine Seite um. »Ein weiteres Fass, sehen Sie?«
    Sharpe spähte auf die schlecht geschriebene Eintragung. »Verloren im Godavari«, las er laut.
    »Und hier.« Der Schreiber tippte wieder auf eine Eintragung.
    »Gestohlen«, las Sharpe. Ein Schweißtropfen landete auf der Seite, als der Schreiber sie umdrehte. »Wer hat sie also gestohlen?«
    »Der Feind, Sahib«, sagte der Schreiber. »Seine Reiter sind überall.«
    »Seine verdammten Reiter galoppieren davon, wenn man sie nur anblickt«, sagte der große Sergeant mürrisch. »Die können nicht mal ’ner Henne ein Ei unter dem Hintern wegklauen.«
    »Die Konvois wurden aus dem Hinterhalt überfallen, Sahib«, beteuerte der Schreiber, »und die Dinge wurden gestohlen.«
    »Sie meinen wohl geraubt«, sagte Sharpe. Er schob die Hand des Schreibers zur Seite und blätterte die Seiten zurück, suchte nach dem Datum, an dem die Schlacht bei Assaye stattgefunden hatte. Er fand sie und entdeckte eine andere Handschrift als bei den vorherigen Eintragungen. Vermutlich hatte Captain Mackay das Hauptbuch selbst geführt. In Mackays Eintragungen gab es weitaus weniger Vermerke »gestohlen« oder »verloren gegangen«. Mackay hatte acht Kanonenkugeln bei der Durchquerung eines Flusses als »verloren gegangen« vermerkt, und zwei Fass Pulver als »gestohlen«, doch in den Wochen seit Assaye hatten nicht weniger als achtundsechzig Ochsen ihre Last verloren, entweder durch Unfälle oder Diebe. Noch aufschlussreicher, jeder dieser Ochsen hatte eine knappe Ware transportiert. Die Armee würde keine Ladung von Kanonenkugeln vermissen, aber sie würde ernsthaft leiden, wenn ihre letzte Reserve an Hufeisen verschwand. »Wessen Handschrift ist das?«, fragte Sharpe, nachdem er zur neuesten Seite umgeblättert hatte.
    »Meine, Sahib.« Der Schreiber sah ängstlich drein.
    »Woher wissen Sie, wenn etwas gestohlen worden ist?«
    Der Schreiber zuckte mit den Schultern. »Der Captain sagt es mir. Oder der Sergeant.«
    »Der Sergeant?«
    »Er ist nicht hier«, erklärte der Schreiber. »Er bringt einen Ochsenkonvoi nach Norden.«
    »Wie heißt der Sergeant?«, fragte Sharpe, denn er konnte keine Eintragung im Hauptbuch finden.
    »Hakeswill«, sagte der Kavallerie-Sergeant lakonisch. »Das ist der Scheißer, der für gewöhnlich damit handelt, weil Captain Torrance immer krank ist.«
    »Verdammt!«, entfuhr es Sharpe, und er schob den Stuhl zurück.

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