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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zu entführen, und er wusste, dass er lange bewusstlos in dem Zelt gelegen hatte, nachdem Hakeswill ihn niedergeschlagen hatte. Er erinnerte sich, dass er sich unter der Zeltplane geduckt hatte, als er den Kolben einer Muskete wahrgenommen hatte, und dann hatte es nur noch Schmerzen und Benommenheit gegeben. Schließlich hatte er ein Gewicht auf seinem Bauch gespürt und nach einer Weile vermutet, dass jemand seinen Fuß auf den Teppich stellte, in den er eingewickelt war. Sharpe hatte sich bewegt, um seine Annahme zu überprüfen, und der Mann hatte ihn getreten. Danach war er wieder bewusstlos geworden.
    Ein Hund war entkommen, erinnerte er sich jetzt. Irgendwie war es ihm gelungen, den Strick zu lockern und abzustreifen und flussabwärts davonzukriechen. Die Kinder waren ihm schreiend am Ufer gefolgt und hatten Steine nach ihm geworfen. War der Hund gestorben? Sharpe konnte sich nicht erinnern. Gott, dachte er, ich war damals ein wilder Bengel. Sie hatten versucht, die Wildheit aus ihm herauszuprügeln, hatten ihn blutig geschlagen und ihm dann ein schlimmes Ende vorausgesagt. Sie hatten prophezeit, dass er am Tyburn Hill aufgehängt werden würde. Dick Sharpe baumelnd am Galgen, während der Urin an seinen Beinen hinablief und der Henkerstrick an seinem Hals brannte. Aber es war nicht so gekommen. Er war ein Offizier und Gentleman, und er lebte immer noch und zerrte an den Fesseln um seine Handgelenke, doch sie gaben nicht nach.
    Fuhr Hakeswill den Karren? Das war möglich und ließ den Schluss zu, dass ihn der Sergeant irgendwo ungestört töten wollte. Aber wie? Schnell mit einem Messer? Das war Wunschdenken, denn Hakeswill kannte kein Erbarmen. Vielleicht plante er, es ihm heimzuzahlen und ihn unter den Fuß eines Elefanten zu legen und sich daran weiden, wie er schrie und sich wand, bis das Gewicht auf ihm den Schrei erstickte und er zerquetscht wurde wie eine Eierschale und er im Fege feuer litt. Wie oft waren ihm im Waisenhaus die Qualen für seine Sünden ausgemalt worden, und jetzt erlebte er sie noch vor seinem Tod. Also stirb gut, sagte er sich. Jammere und schreie nicht. Was immer geschehen wird, kann nicht schlimmer sein als die Auspeitschung, die ich wegen Hakeswills erlogener Anschuldigungen erleiden musste. Was hatte Sergeant Major Bywaters gesagt, als er den ledernen Knebel in Sharpes Mund geschoben hatte? »Sei tapfer, Junge. Enttäusche nicht das Regiment.« Also würde er tapfer sein und würdevoll sterben. Und was dann? Die Hölle, nahm er an, und eine qualvolle Ewigkeit in den Händen einer Legion von Hakeswills. Eigentlich wie in der Armee.
    Der Karren stoppte. Er hörte dumpfes Pochen auf den Wagenbrettern, vermutlich Schritte, das Murmeln von Stimmen, und dann wurden der Teppich und er gepackt und von der Karre geworfen. Er prallte auf den Boden, dann wurde der Teppich aufgehoben und getragen. Stirb würdig, sagte er sich, aber das war leichter gesagt als getan. Nicht vielen Männern gelang das. Sharpe hatte starke Männer zittern sehen, als sie auf den Tod gewartet hatten. Andere hatte er mit so starkem Stolz und Trotz sterben sehen, dass die Zuschauer atemlos erstarrt waren. Doch alle Männer, die Tapferen und die Feigen, hatten am Ende am Galgen getanzt, am Henkerstrick gezuckt, und die Gaffer hatten über ihre bizarren Verrenkungen gelacht. Beste Puppenschau in London, hatten sie gesagt. Es gab keine gute Art zu sterben, außer im Bett, schlafend, unwissend. Oder vielleicht in der Schlacht vor dem Rohr einer Kanone, in Sekundenschnelle ins himmlische Königreich geblasen.
    Er hörte die Schritte der Männer, die ihn trugen, auf Steinboden pochen, dann lautes Stimmengewirr. Es waren viele Stimmen, alle schienen auf einmal zu sprechen und klangen aufgeregt, und dann spürte er, dass der Teppich durch ein Menschengewühl geschleppt wurde. Er wurde anscheinend eine Treppe hinunter getragen, dann blieb die Menge zurück und er wurde auf harten Boden geworfen. Die Stimmen klangen jetzt lauter, als befände er sich in einem Raum, und er stellte sich plötzlich vor, dass man ihn in eine Hahnenkampfarena wie die in der Vinegar Street getragen hatte, wo er sich als Kind ein paar Pennys verdient hatte, indem er Krüge mit Bier zu den Zuschauern brachte, die entweder verdrossen oder euphorisch aufgeregt gewesen waren.
    Sharpe lag lange da. Er konnte Stimmen und manchmal sogar Gelächter hören. Er erinnerte sich an den fetten Mann in der Vinegar Street, dessen Gewerbe, die Schädlingsbekämpfung,

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