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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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durch den Torweg spähte, sah es zuerst aus, als löse sich das ganze Turmhaus auf, nicht in Trümmer und Staub, sondern in die Steine, aus denen es bestand, denn die Granitblöcke des alten Gebäudes schienen unter dem schrecklichen Druck des Explosionsfeuers, das darin tobte, aufzuquellen und sich auseinander zu schieben. Staub quoll aus jedem sich öffnenden Spalt, als sich die großen Steine aus den Mörtelfugen trennten, und dann verlor Sharpe die Sicht auf das zusammenfallende Turmhaus, weil plötzlich nichts mehr außer Staub, Rauch, Flammen und Lärm wahrzunehmen war.
    Er zuckte zurück in Deckung und hielt die Arme über den Kopf, als der Donnerschlag über ihn hinweghallte, nur einen Augenblick, nachdem der Staub auf den Torweg zugepeitscht worden war, als die Gase des sich ausbreitenden Feuers entwichen.
    Das Krachen schien gar nicht aufhören zu wollen. Zuerst war es der anschwellende Knall des explodierenden Pulvers, dann das kreischende Krachen von Steinen und das Pfeifen von Splittern, die durch die Stadt wirbelten, und dann klingelte es in Sharpes Ohren, und über dem Klingeln, so weit entfernt und so dünn wie der Trompetenklang, der den Angriff angekündigt hatte, waren die Schreie von Männern zu hören, die vom Feuer gefangen oder vom Gestein begraben waren. Und danach kam ein Geräusch wie das Fauchen von Wind, ein unnatürlicher Sturmwind, der Dächer von Häusern fegte, Dachziegel abwarf und Staubteufel eine Viertelmeile von der Explosion entfernt durch die Straßen fegte.
    Die Männer auf den Wällen nahe des Turmhauses sahen nichts, nur den Blitz, der ihr Leben beendete, denn die Explosion blies die Verteidiger von der Brustwehr südlich der Bresche. Der Wall selbst war unbeschädigt. Auch dort, wo er am Turmhaus vorbei verlief. Denn dort wurde der alte äußere Torweg weggeblasen wie ein Mündungspfropfen, und ein gewaltiger Strahl aus Flammen und Rauch schoss aus dem Stadtwall, um die explosive Wucht sicher unter die Brustwehren abzuleiten.
    Der Turm über dem alten Tor fiel. Er brach langsam zusammen und glitt in den Raum zwischen dem inneren und äußeren Wall. Brocken von Ziegeln flogen hinauf und zur Seite und platschten in den Fluss, genau vor Bairds vorrückende Kolonnen. Weitere Steinbrocken regneten auf die Stadt herab.
    Der Lärm ließ langsam nach. Das Klingeln in Sharpes Ohren verschwand, und er konnte einen Mann hören, der irgendwo im Grauen wimmerte. Er spähte wieder aus dem Versteck und sah, dass die Explosion die Gasse von toten und verwundeten Männern leer gefegt hatte. Von dem Handkarren war nichts mehr zu sehen. Da gab es nichts außer zerbrochenen Steinen, brennendem Stroh und Blutlachen.
    Nördlich der Bresche, wo die Flammen und die Explosion wegen der Entfernung weniger gewütet hatten, waren die Verteidiger vom Lärm wie betäubt. Ihre Banner aus goldener, scharlachroter und grüner Seide flatterten im Wind, als sich die Männer hinter ihren Schießscharten duckten und wie Betrunkene im heißen Wind taumelten. Die Helden des Sultans, die sich freiwillig zum Kampf gegen die Himmelfahrtskommandos der Engländer in der Bresche gemeldet hatten, waren fast bis auf den letzten Mann tot, denn sie hatten sich auf der inneren Seite der Bresche befunden, wo nichts sie hatte retten können, während die Überlebenden der Himmelfahrtskommandos, zurückgeworfen vom ersten Angriff von Tippus Männern, von der südlichen Flanke der Bresche abgeschirmt worden waren.
    In der Bresche selbst war ein Schleier von wirbelndem Staub. Eine gewaltige Staubwolke wallte über den Wällen, doch die Bresche war, im Moment jedenfalls, unverteidigt. Die Männer Tippus, welche die Flanken der Bresche hatten bewachen sollen, waren entweder gefallen oder so unter Schock, dass sie nicht reagieren konnten, während sich die Männer auf dem inneren Wall geduckt hatten, als das schreckliche Krachen, die Hitze und der Staub ringsum gewütet hatten. Die meisten von ihnen duckten sich immer noch angstvoll in der sonderbaren Stille, die der Explosion folgte.
    »Jetzt, Jungs, jetzt!«, schrie ein Mann in der Bresche, und die Überlebenden der Himmelfahrtskommandos kletterten in den Rauch und dann den Wall hinauf. Sie keuchten in der staubigen Luft, und ihre roten Röcke waren weiß vom Staub, doch sie waren Männer, die in der schlimmsten Tortur des Krieges, dem Erstürmen einer Bresche, gestählt waren, und der Stahl war hart und kalt in ihren Seelen, sodass sie kaum das Grauen der letzten paar Sekunden

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