Sharpes Feuerprobe
anzuzünden. Das Papier in seiner Hand brannte heftig, doch er schaffte es, acht der Lunten anzuzünden, bevor er gezwungen war, ein anderes Luntenpapier abzureißen, um damit mehr Lunten anzuzünden. Es war schwierig, zwischen die Bambusstäbe der Raketen zu greifen, doch er zündete weitere zehn an, während die ersten paar Lunten zischten und rauchten.
Lawford, der sah, was Sharpe tat, hatte die Seite aus der Bibel aus seiner Tasche genommen und drehte sie zu einem Fidibus, mit dem er noch weitere Raketen anzündete. Dann hustete die zuerst angezündete Rakete und spuckte Rauch aus, und Sharpe packte sofort die Griffe des Karrens und schob ihn um die Ecke, sodass die Geschosse genau in die Gasse wiesen. Er duckte sich daneben, geschützt vor den Männern in der Gasse durch die Ecke des Gebäudes, und zog seine Muskete an sich. Er benutzte die Muskete, um die Griffe des Karrens zu heben, sodass dessen Ladefläche und die darauf liegenden Raketen horizontal waren.
Die erste Rakete erzitterte und schoss dann davon. Die zweite einen Augenblick später, dann zwei weitere, und plötzlich ruckte und zitterte der ganze Karren, als die Raketen davonjaulten. Eine Musketenkugel traf den Karren, eine andere fegte Staub von der Ecke des Gebäudes, doch dann waren keine Schüsse mehr zu hören, nur Entsetzensschreie, als die Geschosse durch die Gasse kreischten.
Einige der Raketen hatten Kugeln in ihren Kegeln, andere hatten kleine Schwarzpulverladungen, und diese begannen jetzt zu explodieren. Ein Mann schrie gellend. Weitere Raketen explodierten, und das Krachen erfüllte die Gasse. Hinzu kamen Rauch und Flammen aus den Schweifen der Geschosse.
Sharpe wartete, bis die letzte angezündete Rakete vom Karren schoss.
»Jetzt kommt der harte Teil«, warnte er Lawford. Er ersetzte die Zündladung der Muskete, packte die Griffe der Handkarre und schob sie vor sich her durch die Gasse.
Mindestens dreißig der Raketen waren abgefeuert, und die Gasse war jetzt ein Inferno von wallendem Rauch, in dem sich noch scharfe Raketen wie verrückt drehten und abprallten, während die Hüllen anderer ausbrannten. Sharpe stürmte in dieses Chaos, hoffte, dass ihnen der halb beladene Karren als Schild dienen würde, wenn noch jemand in der Gasse am Leben war.
Lawford rannte jetzt hinter ihm her. Mindestens vier Mann waren noch auf den Füßen, und ein weiterer hatte Deckung in einem tiefen Torweg gefunden, doch sie waren benommen, geschockt von den Raketen und fast blind vom Rauch.
Sharpe versetzte dem Karren einen harten Stoß, um ihn den Männern entgegenzuschicken. Einer der jettis sah den Karren, wich ihm aus und griff Sharpe mit einem Säbel an, doch Lawford erschoss ihn mit seiner Muskete, schoss dem riesigen Mann so schnell und genau durch die Kehle wie bei der Fasanenjagd. Der Karren traf zwei der stehenden Männer und riss sie zu Boden. Sharpe trat einem auf den Kopf und dem anderen in den Schritt. Er schlug einem Franzosen den Musketenkolben auf den Schädel, stieß den Lauf der Waffe einem jetti tief in den Bauch. Als sich der Mann vornüberkrümmte, rammte er ihm den Lauf ins Gesicht. Der jetti schrie auf und taumelte zurück, die Hände auf ein Auge gepresst.
Lawford hatte sich einen gefallenen Säbel vom Boden geschnappt und zog einem anderen jetti die Klinge durch die Kehle. Das Blut des Mannes spritzte heraus und landete zischend auf den brennenden Resten einer Rakete.
Sergeant Rothière lag am Boden. Eine Rakete hatte ihn gestreift, und eines seiner Beine war gebrochen. Dennoch spannte er seine Muskete und richtete sie auf Lawford. Dann hörte der Sergeant Sharpe hinter sich und versuchte die Muskete herumzuschwingen.
Doch Sharpe war zu nahe und zu schnell. Er fällte Rothière mit einem so gewaltigen Schlag, dass der Kolben auf dem Schädel des französischen Sergeants brach. Die Muskete war noch geladen, und so drehte er sie herum und spähte angriffsbereit durch den Rauch. Er konnte keine Gefahr sehen, nur verwundete und tote Männer und flackernde Raketenhüllen. Die Lunte der Sprengladung war irgendwie dem Feuer der Raketen entgangen und lag jetzt neben dem umgestürzten Fass, an das Rothière einen angezündeten Luntenstock gehalten hatte. Sharpe bewegte sich auf das Fass zu. Dann hörte er das Klicken einer Waffe, die gespannt wurde.
»Das ist weit genug, Sharpe«, sagte Colonel Gudin. Er stand hinter Sharpe. Der Colonel hatte gerade neben dem Turmhaus auf das Signal des Sultans vom inneren Wall gewartet, doch
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