Sharpes Gefecht
blenden, ausweiden und bei lebendigem Leibe häuten würde, würden Sie dann nicht genau das Gleiche tun wie ich?«
»Mit Kindern?« Sharpe deutete mit dem Daumen zum Dorf zurück.
Überrascht riss Loup sein gesundes Auge auf, als empfinde er Sharpes Einwand als unsoldatisch. »Würden Sie auch eine Ratte verschonen, nur weil sie jung ist? Ungeziefer ist und bleibt Ungeziefer, Captain, egal wie alt es ist.«
»Sie haben doch gerade gesagt, die Berge seien sicher«, sagte Sharpe. »Warum dann das Töten?«
»Weil letzte Woche zwei meiner Männer in einem Dorf nicht weit von hier in einen Hinterhalt geraten und getötet worden sind. Die Familien der Mörder haben hier in dem Glauben Zuflucht gesucht, dass ich sie nicht finden würde. Aber ich habe sie gefunden, und jetzt, Captain, kann ich Ihnen versichern, dass in Fuentes de Oñoro niemand mehr meine Männer überfallen wird.«
»O doch, und zwar, wenn ich sie finde.«
Loup schüttelte traurig den Kopf. »Sie sind mit Ihren Drohungen wirklich schnell bei der Hand, Captain. Aber ich glaube, wenn Sie gegen mich kämpfen, dann werden Sie recht bald Vorsicht lernen. Aber kommen wir zu unserem aktuellen Problem zurück. Geben Sie mir einfach meine Männer, und ich ziehe ab.«
Sharpe hielt kurz inne und dachte nach. Dann zuckte er mit den Schultern und drehte sich um. »Sergeant Harper!«
»Sir!«
»Holen Sie die beiden Froschfresser!«
Harper zögerte, als wolle er wissen, was Sharpe vorhatte, doch dann drehte er sich widerwillig zu den Hütten um, und kurz darauf kehrte er mit den beiden französischen Gefangenen zurück. Beide waren nach wie vor von der Hüfte abwärts nackt, und einer krümmte sich noch immer vor Schmerz.
»Ist er verletzt?«, fragte Loup.
»Ich habe ihm in die Eier getreten«, sagte Sharpe. »Er hat ein Mädchen vergewaltigt.«
Loup schien die Antwort zu amüsieren. »Haben Sie ein Problem mit Vergewaltigungen, Captain Sharpe?«
»Seltsam für einen Mann, nicht wahr? Aber ja, das habe ich.«
»Wir haben auch ein paar solcher Offiziere«, sagte Loup, »doch wenn sie erst einmal einige Monate in Spanien gewesen sind, dann sind sie von ihrer Empfindsamkeit geheilt. Die Frauen hier kämpfen genauso wie die Männer, und wenn eine Frau glaubt, dass ihr Rock sie beschützt, dann irrt sie sich. Und Vergewaltigung ist ein Teil des Terrors, und sie dient auch noch einem anderen Zweck. Wenn man Soldaten vergewaltigen lässt, kümmert es sie nicht mehr, ob sie Hunger leiden oder seit einem Jahr keinen Sold mehr gesehen haben. Vergewaltigung ist eine Waffe wie jede andere auch, Captain.«
»Das werde ich mir merken, Brigadier, wenn ich in Frankreich einmarschiere«, erwiderte Sharpe und drehte sich dann wieder zu den Hütten um. »Bleiben Sie da stehen, Sergeant!« Harper hatte mit den beiden Gefangenen inzwischen den Dorfausgang erreicht. »Und, Sergeant …«
»Sir?«
»Holen Sie ihre Hosen. Sie sollen sich erst einmal ordentlich anziehen.«
Loup war mit dem Verlauf seiner Mission sichtlich zufrieden, und er lächelte Sharpe an. »Sie sind ausgesprochen vernünftig. Gut. Ich hätte es gehasst, genauso gegen Sie kämpfen zu müssen wie gegen die Spanier.«
Sharpe betrachtete Loups barbarische Uniform. Es war ein Kostüm, dachte er, eine Verkleidung, um Kindern Angst einzujagen, das Kostüm eines Wolfsmenschen wie aus einem Albtraum, doch der Säbel dieses Wolfsmenschen war auch nicht länger als Sharpes und sein Karabiner wesentlich ungenauer als Sharpes Gewehr.
»Ich glaube nicht, dass Sie gegen uns kämpfen könnten, Brigadier«, sagte Sharpe, »jedenfalls nicht erfolgreich. Wir sind nämlich echte Soldaten, wissen Sie, keine unbewaffneten Frauen und Kinder.«
Loup versteifte sich. »Captain Sharpe, Sie werden herausfinden, dass die Brigade Loup gegen jeden kämpfen kann, überall und egal wie. Ich verliere nie, Captain.«
»Wenn Sie nie verlieren, Brigadier, wie sind Sie dann als Gefangener nach Edinburgh gekommen?« Sharpe schnaubte verächtlich. »Vermutlich haben Sie tief und fest geschlafen, als man Sie geschnappt hat.«
»Ich war Passagier auf einem Schiff nach Ägypten, Captain, und die Royal Navy hat uns aufgebracht. Diese Niederlage kann man ja wohl kaum mir ankreiden.« Loup beobachtete, wie seine beiden Männer sich die Hosen anzogen. »Wo ist das Pferd von Kavallerist Godin?«
»Wo Kavallerist Godin hingeht, braucht er kein Pferd mehr«, erwiderte Sharpe.
»Er soll zu Fuß gehen? Nun ja, dann ist das eben so. Das Pferd sei
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