Sharpes Sieg
durch die Sepoys zu bahnen. Er war gut einen Kopf größer als jeder von ihnen und viel stärker, und sein Zorn und die Waffe trieben sie beiseite. Er trat einen Mann von dem getöteten Offizier fort, sprang mit der Stute über die Leiche hinweg und schwang den Musketenkolben auf den Schädel von einem der Männer, die versuchten, die Frau von ihrem Pferd zu zerren. Der Mann stürzte zu Boden, und Sharpe drehte die Muskete um und stieß ihre Mündung in den Bauch des zweiten Sepoys. Der Kerl krümmte sich zusammen und taumelte zurück, doch ein dritter Mann packte das Pferd am Zaumzeug und riss es so schnell von der Wand fort, dass die Frau auf die Straße fiel.
Die Sepoys, die ihre hochgereckten Beine in der Luft sahen, stießen triumphierende Rufe aus und stürzten auf sie zu. Sharpe wirbelte die Muskete wie eine Keule und trieb sie zurück. Einer von ihnen zielte mit seiner Muskete auf Sharpe.
Sharpe starrte ihm in die Augen.
»Na los, du Bastard«, sagte er. »Du getraust dich ja nicht!«
Die Sepoys entschieden sich, nicht zu kämpfen. Es waren andere Frauen in der Stadt, und so wichen sie zurück. Ein paar verharrten, um die Leiche des europäischen Offiziers zu fleddern, während andere das Packmuli plünderten, dessen Ladung sie abgeschnallt hatten, und jetzt grinsend Leinenkleider, Strümpfe und Kopftücher durchwühlten. Die Frau kniete hinter Sharpe, zitternd und schluchzend, und so wandte er sich zu ihr und ergriff sie am Ellbogen.
»Kommen Sie, meine Liebe«, sagte er, »es ist jetzt alles in Ordnung. Sie sind jetzt sicher.«
Sie erhob sich. Ihr Hut war heruntergefallen, als sie vom Pferd gestürzt war, und ihr zerzaustes goldblondes Haar hing um ihr blasses Gesicht. Sharpe sah, dass sie groß war. Sie war hübsch, obwohl ihre Augen im Schock geweitet waren und sie immer noch zitterte. Er bückte sich, um ihren Hut aufzuheben.
»Sie sehen aus, als wären Sie durch eine Hecke geschleift worden«, sagte er, schüttelte den Staub von ihrem Strohhut und hielt ihr den Hut hin. Ihr Pferd stand frei auf der Straße. Er ergriff es am Zaumzeug und führte die Frau und das Tier zu einem nahen Torweg, der zu einem Hof führte.
»Ich muss mich um Ihr Pferd kümmern«, sagte er. »Pferde sind wertvoll. Wissen Sie, wie ein Soldat ein Ersatzpferd bekommt?« Er war sich nicht ganz sicher, weshalb er so viel redete, obwohl er nicht einmal wusste, ob die Frau ihn verstand, doch er hatte das Gefühl, dass sie wieder in Tränen ausbrechen würde, wenn er sie nicht mit seiner Plauderei ablenkte. »Wenn ein Soldat sein Pferd verliert, muss er beweisen, dass es gestorben ist, verstehen Sie? Zeigen, dass er es nicht verkauft hat. So hackt er dem toten Pferd einen Huf ab. Für diesen Zweck haben einige kleine Äxte bei sich. Man kann kein dreibeiniges Pferd verkaufen, verstehen Sie? Der Soldat zeigt seinen Offizieren den Huf, und er erhält ein neues Pferd.«
Da stand eine Liege im Hof, und er führte die Frau hin.
Sie setzte sich. »Man sagte, Sie würden erst in weiteren drei Tagen kommen«, sagte sie bitter und mit starkem Akzent.
»Wir waren in Eile, meine Liebe«, sagte Sharpe. Sie hatte immer noch nicht bemerkt, dass er ihren Hut hielt, und so ging er in die Hocke und hielt ihn ihr hin. »Sind Sie Französin?«
Sie nickte. Sie hatte wieder zu weinen begonnen, und Tränen rannen über ihre Wangen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er. »Sie sind jetzt sicher.« Dann sah er den Ehering an ihrem Finger, und ein schrecklicher Verdacht stieg in ihm auf. War der Offizier mit dem weißen Uniformrock ihr Ehemann gewesen? Und hatte sie gesehen, wie er vor ihren Augen getötet worden war?
»Dieser Offizier«, sagte er und nickte zu der Straße hin, wo Sepoys Türen eintraten und mit ihren Musketen Fensterläden aufbrachen, »war das Ihr Ehemann, meine Liebe?«
Sie schüttelte den Kopf. »O nein«, sagte sie. »Nein. Er war ein Lieutenant. Mein Ehemann ist Captain.« Sie nahm endlich den Strohhut und schniefte. »Es tut mir leid.«
»Es braucht Ihnen nichts Leid zu tun«, sagte Sharpe. »Sie sind mit dem Schrecken davongekommen. Jetzt ist alles in Ordnung.«
Sie atmete tief durch und wischte sich dann über die Augen. »Ich scheine immer leicht zu weinen.« Sie blickte Sharpe in die Augen. »Das Leben ist stets zum Heulen, nicht wahr?«
»Nicht für mich, meine Liebe. Nein. Ich hab nicht mehr geheult, seit ich ein Kind war. Kann mich gar nicht daran erinnern.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Danke«, sagte sie und
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