Sharpes Sieg
wies zur Straße, wo sie von den Sepoys überfallen worden war. »Ich danke Ihnen.«
Sharpe lächelte. »Ich habe nichts getan, meine Liebe, außer die Kerle zu vertreiben. Ein Hund hätte das genauso gut tun können. Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sie wurden doch nicht verletzt?«
»Nein.«
Er tätschelte ihre Hand. »Ihr Mann verließ die Stadt ohne Sie, nicht wahr?«
»Er schickte Lieutenant Sillière, um mich zu holen. Nein, das war nicht er, Major Dodd hat Sillière geschickt.«
»Dodd?«, fragte Sharpe.
Die Frau hörte Interesse in Sharpes Stimme. »Sie kennen ihn?«, fragte sie.
»Ich habe von ihm gehört«, sagte Sharpe vorsichtig. »Habe ihn nicht kennen gelernt, nicht richtig.«
Sie musterte Sharpes Gesicht. »Sie mögen ihn nicht?«
»Ich hasse ihn, Ma’am.«
»Ich hasse ihn auch.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich heiße Simone. Simone Joubert.«
»Das ist ein schöner Name, Ma’am. Simone? Sehr schön.«
Sie lächelte über sein unbeholfenes Kompliment. »Und wie soll ich Sie nennen?«
»Richard Sharpe. Ma’am. Sergeant Richard Sharpe, 33. Regiment des Königs.«
»Richard«, wiederholte sie, »das passt zu Ihnen. Richard Löwenherz, ja?«
»Er war ein großer Kämpfer, Ma’am.«
»Der gegen die Franzosen gekämpft hat, Sergeant«, sagte sie tadelnd.
»Jemand muss das ja«, sagte Sharpe mit einem Grinsen, und Simone Joubert lachte, und in diesem Moment hielt Sharpe sie für das schönste Mädchen, das er seit Jahren gesehen hatte. Vielleicht war sie nicht wirklich schön, doch lebhaft und blauäugig und goldhaarig und lächelnd. Aber eine Offiziersfrau, sagte sich Sharpe. Vergiss nicht, dass Sie die Frau eines Offiziers ist!
»Sie müssen nicht gegen die Franzosen kämpfen, Sergeant«, sagte Simone. »Ich werde das nicht zulassen.«
»Wenn es aussieht, als würde es geschehen, Ma’am, dann lasse ich es Sie wissen, und Sie werden mich bremsen müssen.«
Sie lachte wieder und seufzte dann. In der Nähe war ein Feuer ausgebrochen, und Fetzen von brennendem Stroh schwebten in der warmen Luft. Eine der Rußflocken landete auf Simones weißem Kleid, und sie rieb darüber, verschmierte die Asche ins Gewebe.
»Sie haben mir alles genommen«, sagte sie traurig, »Ich hatte wenig genug, aber es ist fort. All meine Kleider! Alles!«
»Dann bekommen Sie neue Sachen«, sagte Sharpe.
»Womit soll ich das bezahlen? Damit?« Sie zeigte ihm eine winzige Handtasche, die an ihrer Hüfte hing. »Was wird mit mir geschehen, Sergeant?«
»Es wird Ihnen gut gehen, Ma’am. Man wird sich um Sie kümmern. Sie sind die Frau eines Offiziers, nicht wahr? So werden unsere Offiziere für Ihr Wohlergehen sorgen. Vermutlich wird man Sie zu Ihrem Ehemann zurückschicken.«
Simone lächelte ihn an, und Sharpe fragte sich, warum sie nicht überglücklich war, mit ihrem Captain wiedervereinigt zu werden, doch dann vergaß er die Frage, als auf der Straße eine Salve krachte. Er drehte sich um und sah, dass ein Araber in den Torweg taumelte. Sein Gewand war voller Blut, und einen Augenblick später sprang ein halbes Dutzend Highlander auf den zuckenden Schwerverwundeten zu und begann, seine Kleidung zu zerreißen. Einer der Highlander schlitzte das Gewand des Opfers mit seinem Bajonett auf, und Sharpe sah, dass der Sterbende ein feines Paar Reitstiefel trug.
»Da ist eine Frau!«, rief einer der Plünderer, als er Simone im Hof erblickte, doch dann sah er Sharpes angelegte Muskete und hob beschwichtigend eine Hand. »Alles für dich, wie? Kein Problem, Sergeant, wir machen keinen Ärger.«
Dann ruckte der Kopf des Mannes zur Straße herum, und er rief seinen Kumpanen eine Warnung zu. Die sechs Männer rannten davon.
Einen Moment später tauchte im Torweg eine Reihe Sepoys unter dem Kommando eines berittenen Offiziers auf. Es waren die ersten disziplinierten Soldaten, die Sharpe in der Stadt sah, und sie stellten die Ordnung wieder her. Der Offizier spähte in den Hof, sah nichts Verdächtiges und befahl seinen Männern, in Reihe weiterzumarschieren. Eine halbe Kompanie von Rotröcken mit Kilts folgte den Sepoys. Sharpe nahm an, dass Wellesley die Feldwache des Tages in die Stadt befohlen hatte. Die Feldwache wurden jeweils aus Halbkompanien von jedem Bataillon zusammengestellt.
In einer Ecke des Hofs gab es einen Brunnen. Sharpe zog einen Ledereimer hoch und gab Simone und sich zu trinken. Er schöpfte mehr Wasser für das Pferd der Französin, und dabei hörte er McCandless seinen Namen durch die
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