Sharpes Trafalgar
taten.
Chase wich den Mannschaften der beiden Backbord-Karronaden aus und sah Collier auf dem Hauptdeck, wo er Orangen aus dem großen Netz nahm. »Wirf sie her, Junge!«, rief er Collier zu.
Collier blickte alarmiert bei dem Befehl, als fürchte er sich davor, seinen Kapitän mit etwas zu bewerfen, doch dann warf er die Orange, und Chase musste zur Seite springen, um sie mit einer Hand aufzufangen. Einige Kanoniere johlten, und Chase hielt die Orange hoch wie eine Trophäe und warf sie dann Hopper zu.
Captain Llewellyns Seesoldaten feuerten auf die Franzosen, doch diese waren zahlenmäßig überlegen, und ihre Schüsse dünnten Llewellyns Reihen aus. »Gehen Sie mit Ihren Männern so gut Sie können in Deckung, Llewellyn«, befahl Chase.
»Kann ich einige auf den Großmast schicken, Sir?«, schlug der Waliser vor.
»Nein, nein, ich habe Nelson mein Wort gegeben. Bringen Sie sie in Deckung. Ihre Zeit wird noch früh genug kommen. Suchen Sie unter dem Achterdeck Schutz. Sie können von dort aus feuern.«
»Sie sollten mit uns kommen, Sir.«
»Ich möchte Luft schöpfen, Llewellyn«, sagte Chase und lächelte. In Wirklichkeit war ihm nicht nach Lächeln zumute. Er war aufgewühlt und musste dauernd an seine Frau und die Kinder denken. In ihrem letzten Brief hatte Florence geschrieben, dass eines der Ponys erkrankt sei, aber welches? Und ging es dem Tier jetzt besser? Er dachte an solche häuslichen Dinge, fragte sich, ob die Apfelernte gut gewesen war, ob der Hof beim Stall neu geteert worden war und warum der Kamin im Wohnzimmer so stark bei Ostwind rauchte, doch all dies sollte ihn nur ablenken. In Wirklichkeit wünschte er sich, sich in den Schutz des Achterdecks zurückzuziehen und nicht mehr dem Musketenfeuer des Feindes ausgesetzt zu sein. Er wollte sich in Deckung kauern, doch es war sein Job, auf seinem Achterdeck zu bleiben. Deshalb bekam er 418 Pfund und zwölf Schilling pro Jahr, und so schritt er auf und ab, immer wieder, machte sich bewusst, dass er einen Zweispitz und vergoldete Epauletten trug, und er versuchte 418 Pfund und zwölf Schilling durch 365 Tage zu teilen, während die Franzosen mit ihren Musketen auf ihn zielten und schossen. Er sah den Schiffsbarbier, einen einäugigen Iren, auf dem Hauptdeck an einem Geschütz hantieren. In diesem Moment dachte Chase, dass der Mann für das Schiff wertvoller als sein Kapitän war. Er ging weiter auf und ab, wusste, dass er bald getroffen werden würde, hoffte, dass es nicht zu sehr schmerzte, und wünschte, vor seinem Tod noch einmal die Kinder zu sehen. Er hatte Angst, aber er wusste, dass es undenkbar war, etwas anderes als eine lässige Verachtung der Gefahr zu zeigen.
Er drehte sich und starrte westwärts. Das Gewimmel um die Victory hatte zugenommen, aber er konnte eine britische Flagge über einer Trikolore erkennen, was zeigte, dass ein feindliches Schiff besiegt worden war. Weiter südlich gab es ein zweites Gefecht, wo Collingwoods Geschwader die Nachhut der französischen und spanischen Flotte abgeschnitten hatte. Im Osten, jenseits der Revenant, segelte eine Hand voll feindlicher Schiffe schmachvoll davon, während im Norden das Vorgeschwader des Feindes gedreht hatte und sich südwärts schob, um den umzingelten Kameraden zu helfen. Chase nahm an, dass die Schlacht nur noch schlimmer werden konnte, denn mehr als ein Dutzend Schiffe auf beiden Seiten hatte bis jetzt noch nicht eingegriffen.
Die Pucelle erbebte, als die Revenant in ihre Seite krachte. Die Wucht der Kollision, Breitseite an Breitseite, zweitausend Tonnen gegen zweitausend Tonnen, trieb die beiden Schiffe wieder auseinander, doch Chase rief den wenigen verbliebenen Männern auf den Decks zu, die Enterhaken zu werfen und die Revenant festzumachen. Die Haken flogen in die Takelage des Feindes, doch der Feind hatte die gleiche Idee, und seine Mannschaft schleuderte ebenfalls Enterhaken, während Seeleute in der französischen Takelage die unteren Rahen der Pucelle an ihre eigenen banden. Beide Schiffe konnten jetzt einander nicht mehr entkommen, sie konnten sich nur gegenseitig vernichten. Die Schanzkleider der beiden Schiffe waren dreißig Fuß auseinander, weil ihr Rumpf oben so stark gewölbt war.
Chase war nahe genug, um Montmorins Gesichtsausdruck zu sehen, und der Franzose, der Chase sah, nahm seinen Hut ab und verneigte sich. Chase tat das Gleiche. Chase war es zum Lachen zumute, und Montmorin lächelte, beide Männer betroffen von der kuriosen Situation, in der sie
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