Sharpes Trafalgar
den Leutnant, und seine Gedärme hingen über die Gräting, auf der die Kugeln für die Karronaden gelagert wurden.
Der Midshipman verharrte noch sekundenlang wie betäubt vom Lärm. Flammen stiegen zu seiner Linken auf, dann warf ein Kanonier Sand auf die Reste der Granate, und ein anderer schüttete Wasser über das Feuer, um es zu löschen. Ein anderer Kanonier kroch über den Boden und erbrach Blut. Ein Geschütz prallte vom Rückstoß zurück, erfüllte das Deck mit Lärm, und eines der Brooktaue riss, sodass das Geschütz herumschwang und zwei Männer zermalmte, deren Schreie im Lärm untergingen. Männer schwangen das Geschütz wieder herum, luden es, und ihre nackten Oberkörper glänzten von Schweiß, der in die Pulverrückstände tropfte. Alle sahen jetzt schwarz aus, und an den geschwärzten Körpern waren Flecken oder Striemen und Blut zu sehen. Der Pulverrauch der Revenant quoll in die Pucelle und ließ die Männer nach Luft ringen, die sich abmühten, den Beschuss zu erwidern.
Der Midshipman hastete zum Hauptdeck hinauf, das vom Rückstoß der Geschütze bebte. Trümmer von der Takelage lagen auf dem mittleren Teil des Decks, das so voller Rauch war, dass der Midshipman aufs Vordeck statt aufs Achterdeck kletterte. In seinen Ohren dröhnte es vom Donnern der Geschütze, und seine Kehle war trocken. Er sah einen Offizier in rotem Rock. »Sie werden unten gebraucht, Sir.«
»Was?«, rief Sharpe.
»Seesoldaten werden unten gebraucht, Sir!« Die Stimme des Jungen klang heiser. »Sie kommen durch die Stückpforten, Sir!« Eine Kugel schlug ins Deck neben seinen Füßen, eine andere prallte von der Schiffsglocke ab.
»Seesoldaten!«, brüllte Sharpe. »Piken! Musketen!«
Er führte zehn Männer den Niedergang hinab, trat über die Leiche eines Pulveraffen hinweg und gelangte in die Düsternis des Unterdecks. Nur die Hälfte der Steuerbordkanonen feuerte jetzt, und sie wurde behindert durch die Franzosen, die mit Entermessern und Piken durch die Stückpforten stachen. Sharpe feuerte mit seiner Muskete durch eine Stückpforte, sah das Gesicht eines Franzosen, das sich in Blut aufzulösen schien, sprang zur nächsten Stückpforte und hämmerte mit dem Kolben der leer geschossenen Muskete auf den Arm eines Feindes.
»Simmons!«, schrie er einem Seesoldaten zu. »Simmons!«
Simmons starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Gehen Sie zum vorderen Magazin!«, rief Sharpe. »Holen Sie die Granaten!«
Simmons rannte los, dankbar für die Chance, unter der Wasserlinie zu sein, wenn auch nur für einen Moment. Drei der schweren Geschütze der Pucelle feuerten gleichzeitig. Ihr Krachen betäubte Sharpe, der von Stückpforte zu Stückpforte ging und mit seinem Entermesser nach den Franzosen stieß. Ein gewaltiges Krachen, das gar nicht enden zu wollen schien, hallte durch Sharpes betäubte Ohren, und er nahm an, dass ein Mast über Bord gegangen war. Aber er wusste nicht, ob es ein weiterer der Pucelle oder einer der Revenant war. Er sah einen Franzosen vor der Stückpforte des feindlichen Schiffes eine Kanone laden und stieß mit dem Entermesser nach dem Arm des Mannes. Der Franzose sprang zurück, und Sharpe zuckte zur Seite, denn er konnte sehen, dass der Kanonier einen Luntenstock an das Zündloch gehalten hatte. Das Geschütz feuerte, und der Ansetzer, im Rohr gelassen, löste sich in Splitter auf, als er mit dem Geschoss aufs Deck der Pucelle getrieben wurde. Ein Midshipman feuerte einen Pistolenschuss in eine feindliche Stückpforte. Einige der Männer hatten ihre Halstücher verloren, die sie um die Köpfe gebunden hatten, und aus ihren Ohren tröpfelte Blut. Andere hatten Nasenbluten, verursacht durch die Druckwellen der Geschütze.
Simmons kehrte mit den Granaten zurück, und Sharpe nahm einen glimmenden Span, zündete die Lunte einer Granate an und wartete dann, bis die Launen der Dünung eine französische Stückpforte in Sicht brachte. Er konnte die gelbe Beplankung der Revenant sehen, dann schabte das feindliche Schiff am Rumpf der Pucelle höher, und eine Stückpforte kam ihn Sicht. Er schleuderte die Glaskugel in die Revenant. Er hörte eine Explosion, sah Flammen in dem schwarzen Rauch auflodern, der das feindliche Geschützdeck erfüllte, dann ließ er Simmons die anderen Granaten schleudern. Nachdem er an jeder Stückpforte überprüft hatte, dass keine weiteren Franzosen versuchten, mit Entermessern oder Spießen hindurchzustoßen, verließ er das Deck. Das große Gangspill, die
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