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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Calliope unter tiefen, dunklen Wolken durch die See stampfte, aus denen Sturmböen in die schaumgekrönten Wellen peitschten. Sharpe, dem es an einem Mantel mangelte und der nicht bereit war, seinen Rock oder sein Hemd zu durchnässen, ging mit bloßem Oberkörper zum Vordeck, wo zum Frühstück das burgoo wartete, abgeholt zu werden. Vor der Kombüse fand er eine Gruppe von Matrosen, einer davon der grauhaarige Seemann, der die Mannschaft von Geschütz Nummer fünf befehligte. Er begrüßte Sharpe grinsend und entblößte seine nikotingelben Zähne. »Wir haben den Konvoi verloren, Sir.«
    »Verloren?«
    »Er hat sich verpisst.« Der Mann lachte. »Und nicht zufällig, wie ich mir denken kann.«
    »Und was kannst du dir denken, Jem?«, fragte ein jüngerer Matrose.
    »Mehr, als du weißt - und mehr, als du je erfahren wirst.«
    »Warum nicht durch Zufall?«, fragte Sharpe.
    Jem neigte den Kopf und spuckte Tabaksaft aus. »Der Captain ist seit Mitternacht am Ruder gewesen, und er hat uns hart südwärts gesteuert. Ließ uns mitten in der Nacht an Deck antanzen und die Segel reffen. Wir fahren jetzt geradenwegs nach Süden anstatt nach Südwesten.«
    »Der Wind hat gewechselt«, meinte ein Mann.
    »Der Wind wechselt hier nicht!«, widersprach Jem heftig. »Nicht zu dieser Jahreszeit. Hier bläst er ständig aus Nordost. Neun von zehn Tagen aus Nordost. Man braucht kein Schiff aus Bombay rauszusteuern, Sir. Wenn Sie auf dem offenen Meer sind, setzen Sie die großen Fetzen, und der Wind wird Sie so schnurgerade wie 'ne Kugel durch 'ne Tavernengasse nach Madagaskar blasen, Sir.«
    »Warum ist er also nach Süden gefahren?«, fragte Sharpe.
    »Weil wir ein schnelles Schiff sind, Sir, und es ging Peculiar auf die Nerven, an die langsamen alten Pötte des Konvois gebunden zu sein. Sie werden sehen, dass er uns unsere Hemden in die Takelage hängen lassen wird und wir wie eine Seemöwe nach Hause fliegen werden. Das erste Schiff, das heimkommt, kassiert die besten Preise für die Fracht, verstehen Sie, Sir?«
    Der Koch löffelte Sharpes Napf aus dem großen Kessel mit burgoo voll und öffnete ihm die Tür zum Vordeck. Sharpe prallte beim Hinausgehen fast mit Pohlmanns Diener zusammen, mit dem älteren Mann, den Sharpe in der ersten Nacht, in der er Pohlmanns Kabine besucht hatte, so entspannt auf dessen Sofa gesehen hatte.
    »Pardonnez-moi«, sagte der Diener instinktiv und trat hastig zurück, sodass Sharpe nichts vom burgoo über seine graue Kleidung verschüttete.
    Sharpe sah ihn an. »Sind Sie Franzose?«
    »Ich bin Schweizer, Sir«, erwiderte der Mann respektvoll. Dann trat er zur Seite und blickte immer noch Sharpe an, der dachte, dass es nicht die Augen eines Dieners waren. Sie waren wie Lord Williams Augen und blickten selbstsicher, clever und wissend. »Guten Morgen, Sir«, sagte der Diener respektvoll und Sharpe trat an ihm vorbei und trug den Napf mit dampfendem burgoo über das Hauptdeck zum hinteren Niedergang.
    In diesem Moment tauchte Cromwell an der Reling des Achterdecks auf, und wie Jem auf dem Vordeck prophezeit hatte, wollte er jedes Segel gesetzt haben. Er bellte die Matrosen an, hinaufzuklettern, nahm ein Sprachrohr und rief den Ersten Offizier. »Lassen Sie das Klüver-Sprietsegel setzen, Mister Tufnell. Schnell jetzt! Mister Sharpe, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich anziehen. Dies ist ein Ostindienfahrer, kein schlampiges Kohleschiff.«
    Sharpe ging nach unten, um zu frühstücken, und als er wieder an Deck hinaufstieg, ordentlich angezogen, war Cromwell zum Achterdeck gegangen, wo er den Norden beobachtete, aus Furcht, die Fregatte der Company könne erscheinen und ihm befehlen, zum Konvoi zurückzukehren. Doch weder Cromwell noch die Männer in der Takelage sahen irgendein Anzeichen auf die anderen Schiffe. Es hatte den Anschein, als wäre Cromwell dem Konvoi entkommen und könne die Calliope jetzt ihre Schnelligkeit zeigen lassen. Und die zeigte sie, denn jedes Segel, das beim Einbruch der Nacht gerefft worden war, war jetzt wieder gesetzt und blähte sich im feuchten Wind, und die Calliope schien die See wie Creme zu durchschneiden, als sie südwärts fuhr.
    Der Wind ließ im Laufe des Tages nach, und die Wolkendecke riss auf. Gegen Abend war der Himmel wieder klar, und die See war blaugrün statt grau. Es war eine überschwängliche Atmosphäre an Bord, als hätte die Calliope, als sie sich vom Konvoi befreit hatte, jedermanns Leben von Neuem fröhlich gestimmt. In den Zwischendecks wurde

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