Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Stirn. Er hatte versprochen, Pohlmanns Identität nicht preiszugeben, und so würde er Lady Graces Frage taktvoll beantworten müssen. »Ich habe eine Zeitlang mit einem Offizier der Company zusammen gedient, Ma'am, und er ritt häufig hinter den feindlichen Linien. So habe ich Po ... - den Baron kennen gelernt.« Er überlegte kurz. »Ich bin ihm vier- oder fünfmal begegnet.«
    »Welche Feinde waren das?«
    »Die Marathen, Ma'am.«
    »Er war also ein Freund der Marathen?«
    »Das könnte so sein, Ma'am.«
    Sie starrte ihn an, als wäge sie die Wahrheit seiner Worte ab. »Er scheint Ihnen sehr zugetan, Mister Sharpe.«
    Sharpe hätte fast geflucht, als das Weinglas über die Tischkante rutschte, am Boden zerklirrte und sich Wein über den Segeltuchläufer ergoss. »Als wir uns beim letzten Mal begegneten, habe ich ihm einen Gefallen getan. Es war nach einem Gefecht.«
    »Er war auf der anderen Seite?«, unterbrach sie ihn.
    »Er war auf der anderen Seite, Ma'am.« Sharpe wählte seine Worte vorsichtig, verschleierte die Tatsache, dass Pohlmann der General gewesen war, der das Kommando über die andere Seite gehabt hatte. »Er war auf der Flucht, und ich hätte ihn gefangen nehmen können, nehme ich an, aber er stellte anscheinend keine Bedrohung dar, und so ließ ich ihn laufen. Ich nehme an, dafür ist er mir dankbar.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte sie und wirkte, als wolle sie sich erheben.
    »Wofür, Ma'am?«, fragte Sharpe und hoffte, dass sie bleiben würde.
    Sie entspannte sich sichtlich und starrte ihn dann lange an, als überlege sie, ob sie darauf antworten sollte. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Sie haben gehört, wie sich heute Abend der Kapitän und der Baron unterhalten haben?«
    »Ja, Ma'am.«
    »Es hat den Anschein, dass sie einander fremd sind.«
    »Das sind sie tatsächlich«, stimmte Sharpe zu, »und Cromwell hat es mir selbst gesagt.«
    »Doch fast jede Nacht, Mister Sharpe, treffen sie sich und reden miteinander, nur die beiden. Nach Mitternacht gehen sie hier rein, setzen sich an den Tisch und reden miteinander. Und manchmal ist der Diener des Barons dabei.« Sie legte eine Pause ein. »Oft finde ich keinen Schlaf, und wenn die Nacht schön ist, gehe ich an Deck. Ich höre sie durch das Oberlicht. Ich lausche nicht, aber ich höre ihre Stimmen.«
    »Sie kennen sich also viel besser, als sie vorgeben?«, fragte Sharpe.
    »Diesen Anschein hat es«, antwortete sie.
    »Sonderbar, Ma'am«, sagte Sharpe.
    Sie zuckte mit den Schultern, als sei Sharpes Meinung nicht von Interesse für sie. »Vielleicht spielen sie auch nur Backgammon«, sagte sie distanziert.
    Sie wirkte wieder wie vor dem Aufbruch, und Sharpe beeilte sich, die Unterhaltung in Gang zu halten. »Der Baron erzählte mir, dass er vielleicht in Frankreich wohnen wird, Ma'am.«
    »Nicht in London?«
    »Er sagte, Frankreich oder Hannover.«
    »Aber Sie können kaum annehmen, dass er Ihnen das aufgrund Ihrer flüchtigen Bekanntschaft anvertraut«, sagte sie spöttisch und stand auf.
    Sharpe schob seinen Stuhl zurück und beeilte sich, ihr die Tür zu öffnen. Sie nickte, dankend für seine Höflichkeit, doch eine plötzliche Welle hob die Calliope an und ließ Lady Grace taumeln. Sharpe streckte im Reflex eine Hand aus, um sie abzufangen, und die Hand umschloss ihre Hüfte und stützte sie, sodass sie an ihm lehnte und ihr Gesicht dicht vor seinem war. Er verspürte den unbändigen Wunsch, sie zu küssen, und er wusste, dass sie nichts dagegen gehabt hätte, denn obwohl das Schiff jetzt wieder ruhiger auf dem Wasser lag, trat sie nicht von ihm fort. Sharpe spürte ihren schlanken Körper unter dem weichen Stoff ihres Kleides. Ihre Augen, groß und ernst blickend, waren wieder auf ihn gerichtet, und er glaubte darin zu versinken. Wie beim ersten Mal, als er sie erblickt hatte, spürte er eine Melancholie in ihrem schönen Gesicht, und dann sprang die Tür zum Achterdeck auf und Cromwells Steward betrat mit einem Tablett auf den Händen die Kajüte. Lady Grace drehte sich aus Sharpes Arm und ging ohne ein Wort zur Tür hinaus.
    »Es gießt wie aus Kübeln«, sagte der Steward. »Ein Fisch würde auf dem Deck ersaufen, das sage ich Ihnen.«
    »Verdammtes Sauwetter«, sagte Sharpe. Er nahm die Weinkaraffe, setzte sie an und trank.
 
    Wind und Regen blieben während der Nacht stark. Cromwell hatte die Segel bei Einbruch der Nacht reffen lassen, und die wenigen Passagiere, die sich in der Morgendämmerung an Deck wagten, sahen, dass die

Weitere Kostenlose Bücher