Sharpes Trafalgar
Tisch hinweg Lord William an, der statt einer Antwort ruckartig aufstand, eine Serviette auf seinen Mund presste und aus der Kapitänskajüte stürzte. Etwas klatschte an die Scheibe des geschlossenen Oberlichts.
»Mein Mann ist ein schlechter Seemann«, sagte Lady Grace mit ruhiger Stimme.
»Und Sie, Mylady?«, fragte Pohlmann.
»Ich liebe die See«, sagte sie fast empört. »Ich habe sie schon immer gemocht.«
Cromwell lachte. »Man sagt, Mylady, dass diejenigen, die zum Vergnügen zur See fahren, die Hölle zum Zeitvertreib besuchen.«
Sie zuckte mit den Schultern, als ändere das, was andere sagten, für sie nichts. Major Dalton übernahm die Last der Unterhaltung. »Sind Sie schon jemals seekrank gewesen, Sharpe?«
»Nein, Sir, ich habe Glück gehabt.«
»Ich ebenfalls«, sagte Dalton. »Meine Mutter meinte immer, ein Beefsteak zum Frühstück sei gut für die Kondition.«
»Beefsteak? Das ist Unsinn«, grollte Cromwell. »Nur Rum und Öl helfen.«
»Rum und Öl?«, wiederholte Pohlmann mit einer Grimasse.
»Man zwingt den Patienten, ein Pint Rum zu trinken und flößt ihm danach ein Pint Öl ein. Sie können jedes Öl nehmen, selbst Lampenöl, denn der Patient wird es nicht bei sich behalten, aber am nächsten Tag wird er bei bester Gesundheit sein.« Cromwell warf einen schiefen Blick auf Lady Grace. »Soll ich den Rum und das Öl zu Ihrer Kabine schicken, Mylady?«
Lady Grace machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten. Sie blickte auf die Wandverkleidung, wo ein kleines Ölbild einer englischen Dorfkirche durch das Schlingern des Schiffes verrutscht war.
»Wie lange wird dieser Sturm noch dauern?«, fragte Mathilde in ihrem akzentuierten Englisch.
»Sturm?«, rief Cromwell. »Sie halten das für einen Sturm? Dies, Ma'am, ist nichts anderes als ein Lüftchen, ein bisschen Luftbewegung und Regen, was keinem Menschen oder Schiff schadet. Ein Sturm, Ma'am, ist stark, gewaltig! Nichts im Vergleich zu dem, was uns jenseits des Kaps erwarten kann.«
Keinem war nach einem Dessert zumute, und so schlug Pohlmann stattdessen eine Partie Whist in seiner Kabine vor.
»Ich habe ausgezeichneten Brandy, Captain«, sagte er, »und wenn Major Dalton bereit ist, mitzuspielen, können wir zu viert spielen. Ich weiß, dass Sharpe nicht spielen wird.« Er wies auf sich und Mathilde als die anderen Spieler und lächelte dann Lady Grace an. »Es sei denn, ich könnte Sie überreden, mit uns zu spielen, Mylady?«
»Ich spiele nicht«, sagte sie in einem Tonfall, der vermuten ließ, Pohlmann hätte ihr angeboten, in seinem Erbrochenen zu waten. Sie stand auf, schaffte es irgendwie, trotz des Schlingerns des Schiffs graziös zu wirken, und die Männer schoben sofort ihre Stühle zurück, damit sie die Kabine verlassen konnte.
»Bleiben Sie und trinken Sie Ihren Wein aus, Sharpe«, sagte Pohlmann und führte seine Whist-Spieler hinaus.
Sharpe blieb allein in der Kapitänskajüte zurück. Er trank seinen Wein, dann nahm er die Karaffe vom Sideboard und schenkte sich noch einmal ein.
Die Nacht war hereingebrochen, und die Fregatte feuerte alle zehn Minuten ein Geschütz ab, weil man den Konvoi in der Dunkelheit zusammenhalten wollte. Sharpe sagte sich, dass er noch drei Schüsse abwarten und sich dann auf den Weg zu seinem Quartier im stinkenden Zwischendeck machen und schlafen gehen würde.
Dann öffnete sich die Tür, und Lady Grace kehrte in die Kajüte zurück. Sie trug eine Seidenstola, die die glatte, weiße Haut ihrer Schultern und die Perlenkette verdeckte. Sie bedachte Sharpe mit einem unfreundlichen Blick und ignorierte seine verlegene Begrüßung. Sharpe erwartete, dass sie sofort wieder gehen würde. Er nahm an, dass sie nur gekommen war, um etwas aus der Kajüte zu holen, was sie vergessen hatte, doch zu seiner Überraschung setzte Sie sich auf Cromwells Stuhl und blickte ihn finster an. »Setzen Sie sich, Mister Sharpe.«
»Etwas Wein, Mylady?«
»Setzen Sie sich«, wiederholte sie.
Sharpe nahm am anderen Ende des Tisches Platz. Der Messingkronleuchter reflektierte das Kerzenlicht, das von den beiden Laternen an der Trennwand kam. Die flackernden Flammen akzentuierten Lady Graces Gesicht mit den hohen Wangenknochen.
»Wie gut kennen Sie den Baron von Dornberg?«, fragte sie unvermittelt.
Sharpe blinzelte, überrascht von der Frage. »Nicht sehr gut, Mylady.«
»Sie haben ihn in Indien kennen gelernt?«
»Ja, Ma'am.«
»Wo?«, fragte sie gebieterisch. »Wie?«
Sharpe runzelte die
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