Sharpes Trafalgar
Passagiere, doch es war Capitaine Louis Montmorin, der sich durch die niedrige Tür duckte, gefolgt von einem noch größeren Mann, der ebenfalls in blaurot uniformiert war. Mit den beiden großen Franzosen wirkte die Kabine sehr ausgefüllt.
»Sie sind der ranghöchste englische Offizier an Bord?«, fragte Montmorin den Major.
»Ich bin Schotte«, erwiderte Dalton zornig.
»Pardonnez-moi.« Montmorin war belustigt. »Erlauben Sie mir, Ihnen Lieutenant Bursay vorzustellen.« Der Capitaine wies auf den großen Mann, der an der Tür aufragte. »Lieutenant Bursay wird der Kapitän der Prisenmannschaft sein, die dieses Schiff nach Mauritius segelt.«
Der Lieutenant war ein grob aussehender Mann mit einem ausdruckslosen Gesicht, das zuerst von Pocken und dann von Waffen Narben bekommen hatte. Seine rechte Wange war bläulich von verbranntem Pulver gezeichnet, und seine Uniform wies Flecken von getrocknetem Blut auf. Er hatte enorm große Hände mit geschwärzten Handflächen, was darauf schließen ließ, dass er einst in der Takelage gearbeitet hatte, und an seiner Seite hingen ein Entermesser mit breiter Klinge und eine langläufige Pistole. Montmorin sprach auf Französisch mit dem Lieutenant, dann wandte er sich an Dalton. »Ich habe ihm gesagt, dass er sich bei allem, was die Passagiere betrifft, an Sie wenden soll.«
»›Merci, Capitaine« , sagte Dalton und blickte zu dem riesigen Bursay. »›Parlez-vous anglais?«
Bursay starrte Dalton einen Moment ausdruckslos an. »Nein«, grunzte er schließlich.
»Sprechen Sie Französisch?«, fragte Montmorin Dalton.
»Einigermaßen.«
»Das ist gut. Und ich versichere Ihnen, Monsieur, dass keinem Passagier etwas geschehen wird, solange Sie alle Lieutenant Bursays Befehle befolgen. Diese Befehle sind sehr einfach. Sie müssen unter Deck bleiben. Sie dürfen auf dem Schiff überallhin gehen, nur nicht an Deck. Bewaffnete Männer werden jedes Luk bewachen, und diese Männer haben den Befehl zu schießen, wenn jemand diese einfachen Befehle missachtet.« Er lächelte. »Es wird drei, vielleicht vier Tage bis Mauritius dauern. Länger, befürchte ich, wenn sich der Wind nicht bessert. Und, Monsieur, lassen Sie mich noch einmal sagen, wie sehr ich Ihre Unannehmlichkeiten bedauere. C'est la guerre.«
Montmorin und Bursay gingen, und Dalton schüttelte den Kopf. »Dies ist eine traurige Sache, Sharpe, wirklich traurig.«
Die Geräusche aus Pohlmanns Kabine über ihnen waren verstummt, und Sharpe blickte zur Decke. »Macht es Ihnen was aus, wenn ich auf Erkundung gehe, Sir?«
»Sie wollen erkunden? Hoffentlich nicht an Deck! Guter Gott, Sharpe, meinen Sie, die schießen wirklich auf uns? Das ist sehr unzivilisiert, finden Sie nicht auch?«
Sharpe gab keine Antwort, sondern ging hinaus in den Durchgang und stieg, gefolgt von Dalton, die schmale Treppe zur Kapitänskajüte hinauf. Die Tür stand offen, und Sharpe traf einen untröstlichen Leutnant Tufnell an, der in einen fast leeren Raum starrte. Die Stühle waren ebenso entfernt wie die Vorhänge aus Chintz und der Kronleuchter. Der Tisch, der am Boden befestigt war, stand noch, weil er zu schwer gewesen war, um auf die Schnelle abtransportiert zu werden. »Die Möbel haben dem Captain gehört«, sagte Tufnell, »und sie haben sie gestohlen.«
»Was ist sonst noch gestohlen worden?«, fragte Dalton.
»Nichts von mir«, sagte Tufnell. »Sie haben Tauwerk, Spieren und einige Nahrungsmittel - die Sachen, die sie auf Mauritius verkaufen können - mitgenommen, aber die Fracht nicht angerührt.«
Sharpe ging in den Durchgang zurück und zur Tür von Pohlmanns Kabine, die zwar geschlossen, jedoch nicht abgeschlossen war. All seine argwöhnischen Vermutungen wurden bestätigt, als er die Tür aufschob, denn die Kabine war leer. Die beiden mit Seide bezogenen Sofas waren verschwunden, ebenso Mathildes Harfe und der niedrige Tisch. Nur das Sideboard und die Koje, beides ungeheuer schwer, waren noch auf den Boden genagelt. Sharpe schritt zum Sideboard, zog die Türen auf und stellte fest, dass alles außer ein paar leeren Flaschen ausgeräumt war. Die Laken, Decken und Kissen waren von der Koje verschwunden, nur die Matratze war noch da.
»Zur Hölle mit ihm«, sagte Sharpe.
»Wen meinen Sie?«, fragte Dalton, der Sharpe in die Kabine gefolgt war.
»Den Baron von Dornberg, Sir.« Sharpe entschloss sich, Pohlmanns wahre Identität nicht preiszugeben, denn Dalton würde zweifellos wissen wollen, weshalb er, Sharpe, den
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