Sharpes Trafalgar
dankbar, wenn Sie nach unten gehen, Mister Fairley«, erwiderte Cromwell ruhig. »Dies ist mein Achterdeck.«
»Und ein Teil der Fracht gehört mir!«
»Wenn Sie nicht sofort nach unten gehen, Fairley, werde ich Sie von meinem Bootsmann begleiten lassen.«
»Verdammte Unverschämtheit«, grollte Fairley, verließ aber gehorsam das Deck.
Die Revenant feuerte wieder, und diesmal ließ die Kanonenkugel nur ein paar Yards von der Calliope entfernt das Wasser aufspritzen, nahe genug, um das Heck zu übersprühen. Cromwell hatte die Wasserfontäne über der Heckreling gesehen, und die Nähe des Einschlags brachte ihn zu einem Entschluss. »Lassen Sie die Flagge einholen, Mister Tufnell.«
»Aber, Sir ...«
»Flagge einholen!«, bellte Cromwell ärgerlich. »Hart am Wind segeln«, fügte er für den Steuermann hinzu. Die Flagge senkte sich vom Besan, und gleichzeitig drehte die Calliope ihren Bug in den Wind, sodass all die großen Segel gegen die Masten hämmerten. »Segel aufgeien!«, rief Cromwell. »Flott jetzt!«
Das Steuerrad drehte sich von selbst hin und her, reagierte auf die Wasserwogen, die gegen das Ruder schlugen. Cromwell blickte finster zu seinen Passagieren auf dem Achterdeck. »Ich entschuldige mich«, schnarrte er, und es klang alles andere als entschuldigend.
»Mein Bargeld!«, verlangte Lord William.
»Ist sicher!«, blaffte Cromwell. »Und ich habe Arbeit zu erledigen, bevor die Franzosen eintreffen.« Er verließ das Achterdeck.
Die Revenant brauchte ein paar Minuten, um die Calliope einzuholen, doch dann drehte das französische Kriegsschiff bei und ließ ein Boot hinab. Männer standen dicht gedrängt an der Reling des französischen Schiffs und starrten auf ihre reiche Prise. Alle französischen Seeleute träumten von einem fetten Ostindienfahrer, beladen mit Schätzen, doch Sharpe bezweifelte, dass irgendeinem Franzosen eine Beute jemals so leicht zugefallen war. Dieses Schiff war den Franzosen geschenkt worden. Er konnte es nicht beweisen, aber er war fest überzeugt davon, und er drehte sich zu Pohlmann um, der seinen Blick auffing und reumütig mit den Schultern zuckte.
Bastard, dachte Sharpe, verkommener Bastard. Aber im Augenblick hatte er andere Sorgen. Er musste nahe bei Ihrer Ladyschaft bleiben und wachsam vor Braithwaite sein, aber vor allem musste er überleben. Denn es hatte Verrat gegeben, und Sharpe wollte sich dafür rächen.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2011
KAPITEL 5
Sharpe ging zu Cromwells Kabine, als die Revenant ihr erstes Beiboot abfierte. Die Tür stand einen Spalt offen, aber Cromwell war nicht in der Kabine. Sharpe versuchte, den Deckel der großen Truhe anzuheben, doch sie war verschlossen. Er kehrte zurück zum Achterdeck und sah den Captain auch dort nirgendwo. Das erste französische Beiboot wurde bereits zur Calliope gerudert.
Sharpe eilte zurück zur Kapitänskabine, wo Lord William unentschlossen herumstand. Seiner Lordschaft behagte es nicht, Sharpe anzusprechen, doch er zwang sich zu einem höflichen Tonfall. »Haben Sie Cromwell gesehen?«
»Er ist verschwunden«, sagte Sharpe knapp und beugte sich über die Truhe. Die Größe des Schlüssellochs ließ darauf schließen, dass das Schloss in Indien hergestellt war. Das war gut, denn indische Schlösser waren leicht zu knacken. Aber es konnte auch ein europäisches Fabrikat mit indischer Schutzplatte sein, was sich als problematisch erweisen konnte. Er kramte in seiner Tasche und fischte ein kurzes Stück gebogenen Stahls heraus, das er in das Schloss schob.
»Was ist das?«, fragte Lord William.
»Ein Dietrich«, sage Sharpe. »Ich habe immer einen bei mir. Bevor ich respektabel wurde, pflegte ich mir damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
Lord William schnaubte. »Kaum etwas, um damit zu prahlen, Sharpe.« Er verstummte, erwartete wohl eine Erwiderung Sharpes, doch das einzige Geräusch war das Kratzen des Dietrichs im Schloss. »Vielleicht sollten wir auf Cromwell warten?«, schlug Lord William vor.
»Er hat Wertsachen von mir hier drin«, sagte Sharpe und stocherte mit dem Dietrich im Schloss herum, um die Halterungen zu ertasten. »Und die verdammten Franzmänner werden bald hier sein. Beweg dich, du verdammter Bastard!« Letzteres galt der ersten Halterung, nicht Lord William.
»Sie werden einen Beutel mit Bargeld darin finden, Sharpe«, sagte Lord William. »Er war zu groß, um ihn zu verstecken, und so erlaubte ich Cromwell ...« Seine
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