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Sharpes Weihnacht

Sharpes Weihnacht

Titel: Sharpes Weihnacht
Autoren: Bernard Cornwell
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auch, dass sie es mit einem weit besseren Feind zu tun hatten als nur mit einer Hand voll Guerilleros. Sie standen ausgebildeten Infanteristen gegenüber, Veteranen, und als Sharpe sicher war, dass der französische General auf der Suche nach dem Hornisten den Hang hinaufstarrte, drehte er sich um und rief den Prince of Wales’s Own Volunteers zu: »In Linie! Rechts schwenkt! Vorwärts …« Pause. »… marsch!«
    In perfekter Ordnung stapften sie voran, eine Linie in zwei Reihen unter ihren bunten Farben. Rechts war die Fahne des Königs, die Flagge Großbritanniens mit gelben Quasten am Rand, während links die Regimentsfahne wehte, gelb wie die Sonne und mit den Namen der Schlachten bestickt, in denen die Prince of Wales’s Own Volunteers gekämpft hatten. In der Mitte wiederum war die Regimentsstandarte zu sehen, ein französischer Adler in Ketten, der an den Tag erinnerte, als Sharpe und Harper in einem blutdurchtränkten, verrauchten Tal einen französischen Adler erbeutet hatten. »Linie!«, brüllte Sharpe, als sie die Kuppe erreichten. »Stillgestanden! Bajonette pflanzt auf!«
    Sharpe zog eine Schau für den Feind ab. Die Franzosen hatten sich blutige Nasen geholt. Sie waren in Panik geraten, und nun drohte ihnen ein langer, steiler Aufstieg einen kalten, kahlen Hügel hinauf, an dessen Gipfel britische Rotröcke mit langen, funkelnden Bajonetten auf sie warteten.
    Ensign Nicholls trat neben Sharpe. »Was machen wir hier, Sir?«
    »Wir übersenden den Froschfressern eine formelle Einladung, Mister Nicholls. Wollen wir doch mal sehen, ob sie mutig genug sind, hier heraufzukommen, um mit uns zu tanzen.«
    »Und? Was meinen Sie?«
    »Ich bezweifle es, Junge«, antwortete Sharpe. »Ich bezweifle es.«
    »Und warum, Sir?«
    »Weil sie jetzt eine kleine Demonstration bekommen werden, Junge, deshalb. Sergeant Major?«
    »Sir?«, meldete sich Harper, der von dem Aufstieg noch ein wenig außer Atem war.
    »Drei Salven, Sergeant Major. Der ganze Zug. Und zwar in schneller Folge, wenn ich bitten darf.«
    »Jawohl, Sir.«
    Die Entfernung war viel zu groß für eine Muskete mit glattem Lauf, doch Sharpe wollte heute auch keine Franzosen mehr töten. Tatsächlich hatte er für seinen Geschmack heute sogar schon zu viel getötet. Bei Weihnachten ging es um Frieden auf Erden, nicht um zerfetzte Leiber auf einer harten Straße. Also würde er den Franzosen jetzt zeigen, was genau sie auf der Kuppe erwartete. Er würde ihnen zeigen, dass sie Veteranen gegenüberstanden, die ihre Musketen schneller laden konnten als jeder andere auf der Welt. Er würde ihnen zeigen, dass sie die Hölle erwartete, wenn sie den Hügel hinaufstiegen, und mit ein wenig Glück würden sie seine Einladung ablehnen.
    »Bleiben Sie zurück, Mister Nicholls«, sagte Sharpe und führte den Ensign durch die Linie. »Und jetzt – Sergeant Major!«
    Harper befahl den Männern, die Bajonette wieder abzunehmen. Sie hatten sie ohnehin nur zur Schau aufgepflanzt, und beim Laden würden sie sie behindern. »Laden!«, rief er, und die Männer stellten die Musketen auf den Boden und rissen die Patronen mit den Zähnen auf. Das war die wichtigste Fähigkeit für einen Infanteristen: das schnelle Laden der Muskete. Und Sharpe hatte seine Männer gnadenlos darin ausgebildet. Im Kopf zählte er die Sekunden, und er war gerade bei Vierzehn angelangt, als Harper verkündete, das Bataillon sei bereit.
    »Zugweise feuern!«, brüllte Sharpe. »Ausrichten!« Die Männer hoben die Musketen an die Schultern. »Vierte Kompanie!«, rief Sharpe. »Auf Ihren Befehl!«
    »Vierte Kompanie!«, bellte Captain Britten. »Fünfte Kompanie!« Er war der ranghöchste Captain der beiden Kompanien, und er befehligte beide, wenn sie wie jetzt zusammen kämpften. Er hielt einen Herzschlag inne. »Feuer!«
    Die beiden Kompanien im Zentrum feuerten gemeinsam. Der Rückstoß trieb den Männern die Schäfte gegen die Schultern, und eine schmutzig graue Wolke Pulverrauch quoll über die Kuppe. Befehle wurden keine mehr gegeben, doch kaum hatten die Kompanien im Zentrum geschossen, da feuerten die Züge an den Flanken. Jede Kompanie war in zwei Züge aufgeteilt, und jeder Zug wartete, bis der andere gefeuert hatte, bevor er selbst schoss, und für die Franzosen, die das Spektakel beobachteten, musste es so aussehen, als würde eine Welle Pulverdampf nach der anderen aus der roten Linie hervorquellen.
    Doch alle Soldaten konnten eine Salve in solch einer hübschen Welle feuern. Was die
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