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Sharpes Weihnacht

Sharpes Weihnacht

Titel: Sharpes Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Caillou. »Wir können es uns schlicht nicht leisten, Frauen und Kinder mitzunehmen!« Caillou sah, dass seine Worte keinerlei Wirkung auf den grauhaarigen Colonel Gudin hatten, und die Sturheit des alten Offiziers machte ihn rasend vor Wut. »Mein Gott, Gudin, kein Wunder, dass man Sie einen Versager nennt!«
    »Sie gehen zu weit, Colonel«, erwiderte Gudin steif. Er war der ranghöhere der beiden Offiziere, aber nur, weil er schon länger Colonel war als der hitzköpfige Infanterist.
    »Ich gehe zu weit?« Caillou spie angewidert aus. »Wenigstens ist mir Frankreich wichtiger als ein jammernder Haufen Weiber! Wenn ich meinen Adler verliere, Gudin …«, er deutete auf die Regimentsfahne mit dem goldenen Adler, »… dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass Sie an die Wand gestellt werden.« So ein Adler war nicht groß, eine Handspanne nur, doch die vergoldete Bronzefigur wurde von Napoleon persönlich verliehen, und so hielt jeder einzelne Adler Frankreichs Ehre in den Krallen. »Wenn Sie ihn verlieren«, knurrte Caillou wild, »dann wird es mir eine Freude sein, das Erschießungskommando persönlich zu befehligen.«
    Gudin machte sich gar nicht erst die Mühe, darauf zu antworten, sondern ritt zum Tor. Er war unglaublich traurig. Caillou hat recht, dachte er, er war wirklich ein Versager. Es hatte alles in Indien begonnen, vor dreizehn Jahren. Damals hatte Gudin als Militärberater des Tippu Sultan gedient, des Herrschers von Mysore, und er hatte große Hoffnung gehabt, dass der Tippu mit französischer Hilfe die Briten in Südindien würde besiegen können. Doch die Briten hatten gewonnen. Die Hauptstadt des Tippu Sultan, Seringapatam, war gefallen, und Gudin hatte ein Jahr als Kriegsgefangener verbracht, bis er gegen einen gefangenen britischen Offizier ausgetauscht worden war. Dann war er nach Frankreich zurückgekehrt und hatte gehofft, seine Karriere würde neuen Schwung bekommen, doch stattdessen war er nur noch gescheitert. In all den Jahren war er nicht ein einziges Mal mehr befördert worden. Er hatte nur noch Pech gehabt, und nun war er der Kommandant eines nutzlosen Forts in einer öden Landschaft, und das in einem Krieg, den Frankreich verlor. Und wenn die Flucht Erfolg haben würde? Das wäre ein Sieg, besonders, falls es ihm gelingen sollte, Caillous wertvollen Adler sicher über die Pyrenäen zu geleiten. Doch er bezweifelte, dass selbst ein Adler das Leben so vieler Frauen und Kinder wert war. Dabei wusste er ganz genau, dass diese Art zu denken sein größtes Problem darstellte. Der Kaiser würde hunderttausend Frauen und Kinder opfern, um Frankreichs Ehre zu bewahren.
    Er erreichte das Tor und nickte dem Wachhabenden zu. »Sie können jetzt aufmachen«, sagte er, »und wenn wir weg sind, Sergent, dann legen Sie Feuer an die Lunten.«
    »Was ist mit den Frauen, mon colonel?«, fragte der Sergent besorgt. »Kommen sie mit?«
    »Ja, sie kommen mit, Pierre. Das habe ich euch doch versprochen, oder?«
    Die Dragoner verließen das Fort als Erste. Es dämmerte bereits. Gudin beabsichtigte, die ganze Nacht durchzumarschieren, in der Hoffnung, die Guerilleros bei Sonnenaufgang abgehängt zu haben. Bis jetzt hatte er nur wenig von den Furcht erregenden spanischen Guerilleros bemerkt, doch diese wilden Männer hatten kaum noch Feinde in Spanien, und so kreisten sie nun wie Geier um die paar französischen Festungen, die im Land geblieben waren. Gudin hatte das Gerücht verbreiten lassen, er beabsichtige, in die Festungsstadt Pamplona zu marschieren, um die dort eingeschlossenen französischen Truppen zu verstärken, und er hoffte, so zu verhindern, dass die Guerilleros die Straßen nach Norden überwachten, doch er bezweifelte es. Seine einzige Hoffnung lag darin, nur nachts zu marschieren, und Gott stehe den Frauen und Männern bei, die nicht Schritt halten konnten, denn sie erwartete ein langsamer und furchtbarer Tod. Einige würde man bei lebendigem Leibe verbrennen, anderen die Haut abziehen, und wieder andere – nein, er konnte es noch nicht einmal ertragen, darüber nachzudenken. Das war nicht die Art von Krieg, wie Gudin sie verstand. Das war ein Schlachten, und was Gudin am meisten aufstieß, war die Tatsache, dass die Guerilleros mit den Franzosen nur das machten, was die Franzosen zuvor den Spaniern angetan hatten.
    Die Infanterie marschierte hinter ihrem geliebten Adler aus dem Fort. Die Frauen folgten ihnen. Gudin blieb noch, während der Sergent die Lunten anzündete. Dann trieb Gudin

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