Sharpes Zorn (German Edition)
rutschte weg, tauchte unter und zog sich an einer Speiche wieder heraus. Die Kanoniere auf der Straße hatten ein Seil an das Geschütz gebunden und zogen wie Männer beim Tauziehen.
»Sie kommt!«, rief Sir Thomas triumphierend, und tatsächlich löste sich die Kanone aus dem Kanal und rollte auf den Damm. »Hängt sie wieder an«, befahl Sir Thomas. »Und dann bewegt euch!« Er wischte sich die Hände an der durchnässten Hose ab, während die Kanone wieder an der Protze befestigt wurde. Dann war das Knallen einer Peitsche zu hören, und das Geschütz setzte sich wieder in Bewegung. Als ein portugiesischer Unteroffizier sah, dass der General ob seiner durchnässten Kleider Schwierigkeiten hatte, wieder in den Sattel zu kommen, eilte er herbei, um ihm zu helfen. »Vielen Dank«, sagte Sir Thomas. »Vielen Dank.« Er gab dem Mann eine Münze. »So macht man das, Willie.«
»Sie werden sich den Tod holen, Sir«, bemerkte Lord William ehrlich besorgt.
»Falls ja, dann weiß Major Hope, was er mit meiner Leiche machen soll«, erwiderte Sir Thomas. Er war durch und durch nass, grinste aber breit. »Das Wasser war kalt, Willie! Verdammt kalt! Sorgen Sie dafür, dass die Infanteristen sich umziehen können.« Er lachte. »Als ich noch ein kleiner Junge war, Willie, da haben wir mal einen Fuchs in den Tay gejagt. Ich war noch sehr klein, und die Hunde haben das Vieh einfach nur angebellt. Also habe ich mein Pferd in den Fluss getrieben und das Tier mit bloßen Händen gefangen. Ich habe gedacht, ich sei ein Held! Mein Onkel hat mir dafür den Hintern versohlt. ›Mach nie die Arbeit eines Hundes‹, hat er zu mir gesagt, aber manchmal muss man das einfach. Manchmal muss man das.«
Die Dragoner waren nach Norden geschwenkt. Sie waren nie auch nur auf eine Meile an die Truppen herangekommen, die den Damm überquerten, und als die Kavallerie der King’s German Legion gegen sie antrabte, galoppierten sie rasch davon.
Nun überquerte auch noch der Rest der spanischen Infanterie den Damm, aber wieder unglaublich langsam, und so war es bereits dunkel, als die Armee endlich ihren Marsch fortsetzen konnte. Die Straße stieg stetig an und führte geradewegs zu den Lichtern von Vejer, die auf dem Hügel funkelten. Die Armee näherte sich der Stadt von Norden. Sie folgte einer Straße und schlug ihr Lager in einer Reihe von Olivenhainen auf, wo Sir Thomas endlich seine nassen Kleider loswerden konnte und sich vor ein Feuer kauerte, um sich zu wärmen.
Am nächsten Tag wurden Furagiere ausgeschickt. Sie kehrten alsbald mit einer Herde magerer Ochsen, schwangeren Schafen und widerspenstigen Ziegen zurück. Sir Thomas ärgerte sich. Er wollte weiter, und da er nichts anderes zu tun hatte, ritt er mit einer Abteilung der deutschen Kavallerie auf Aufklärung. Sie fanden heraus, dass es auf den Hügeln im Norden und Osten vor feindlichen Reitern nur so wimmelte. Ein Trupp spanischer Kavallerie trabte einen Bach entlang, um sich Sir Thomas’ Männern anzuschließen. Ihr kommandierender Offizier war ein Capitán mit gelber Hose, gelber Weste und einem blauen Jackett mit roten Kragenspiegeln. Er legte die Finger an den Hut, um Sir Thomas zu begrüßen. »Sie beobachten uns.« Er sprach Französisch, da er annahm, dass Sir Thomas kein Spanisch verstand.
»Das ist ihre Aufgabe«, antwortete Sir Thomas auf Spanisch. Er hatte unmittelbar nach seiner Ankunft in Cadiz damit begonnen, die Sprache zu lernen.
»Capitán Sarasa«, stellte der Spanier sich vor und holte eine Zigarre aus seiner Satteltasche. Einer seiner Männer bot ihm Feuer an, und Sarasa beugte sich über die Flamme, bis die Zigarre richtig brannte. »Ich habe Befehl«, sagte er, »den Feind nicht anzugreifen.«
Sir Thomas hörte dem Mann seinen Frust deutlich an. Er wollte seine Männer die Hügel hinaufführen und sich mit den französischen Vedette messen. Eine Vedette war ein Kavalleriewachtposten, um den Feind zu beobachten. »Wessen Befehl ist das?«, fragte Sir Thomas leidenschaftslos.
»General Lapenas. Wir sollen die Furagiere beschützen, mehr nicht.«
»Aber Sie wollen lieber kämpfen, nicht wahr?«
»Deshalb sind wir nicht hier«, antwortete Sarasa ausweichend.
Sir Thomas mochte Sarasa. Er war jung, vermutlich noch nicht einmal dreißig, und er besaß eine Kampfeslust, die Sir Thomas wieder ein wenig Mut machte. Tatsächlich war er schon immer davon überzeugt gewesen, dass die Spanier kämpfen würden wie die Teufel, wenn man ihnen nur die Gelegenheit dazu
Weitere Kostenlose Bücher