Sharpes Zorn (German Edition)
die Flut gestürzt. Die Kanoniere waren von der Protze gefallen, und das Gespann war abrupt zum Stehen gekommen.
General Lapena drehte langsam den Kopf und schaute Sir Thomas vorwurfsvoll an.
Die Kanoniere trieben die Pferde mit der Peitsche an, und die Pferde zogen, doch das Geschütz wollte sich nicht bewegen.
Und jenseits der Ebene, hinter den Marschen, funkelte die Sonne auf Metall.
Dragoner.
Bei Einbruch der Nacht war alles vorbei – alles mit Ausnahme der Kämpfe, die über das Schicksal von Cadiz entscheiden würden. Doch der verräterische Teil endete, als Lord Pumphrey zu dem Haus kam, das Sharpe in San Fernando gemietet hatte. Er kam kurz nach Einbruch der Dunkelheit, und er hatte dieselbe Tasche dabei, die er auch in die Krypta der Kathedrale mitgenommen hatte. Und für Sharpe sah es so aus, als wäre Seine Lordschaft noch nervöser als damals, als er die Stufen hinabgestiegen war, an deren Ende Padre Salvador Montseny auf ihn gewartet hatte. Pumphrey schlich in den Raum, und seine Augen wurden ein wenig größer, als er Sharpe neben dem Kamin sitzen sah. »Ich dachte mir schon, dass Sie hier sein würden«, sagte er. Er rang sich ein Lächeln für Caterina ab, dann schaute er sich im Raum um. Er war klein und spärlich möbliert. Es gab nur einen dunklen Tisch und ein paar Stühle mit hohen Lehnen. Die Wände waren weiß verputzt und mit den Porträts von Bischöfen und einem alten Kreuz verziert. Das Licht stammte von einem kleinen Feuer im Kamin, und unter den schwarzen Balken, die die Decke stützten, hing eine flackernde Laterne. »Das ist nicht gerade der Komfort, den du so gern magst, Caterina«, bemerkte Lord Pumphrey leichthin.
»Im Vergleich zu dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin, ist das hier der Himmel.«
»Ach ja. Jetzt, wo du es sagst …«, erwiderte Lord Pumphrey. »Ich habe ganz vergessen, dass du in einer Garnisonsstadt aufgewachsen bist.« Er warf Sharpe einen besorgten Blick zu. »Sie hat mir mal erzählt, dass sie sogar Ferkel kastrieren kann, Sharpe.«
»Sie sollten erst mal sehen, was sie mit Männern machen kann«, entgegnete Sharpe.
»Aber in der Stadt hättest du es doch so viel bequemer«, wandte sich Pumphrey wieder an Caterina und ignorierte Sharpes bissigen Kommentar. »Du hast jetzt nichts mehr von Padre Montseny zu befürchten.«
»Nicht?«
»Er ist beim Einsturz des Gerüsts in der Kathedrale verletzt worden. Wie ich gehört habe, wird er nie wieder laufen können.« Pumphrey schaute erneut zu Sharpe und wartete auf eine Reaktion. Doch es kam keine, und so lächelte er Caterina an, stellte die Tasche auf den Tisch, zog ein Taschentuch aus dem Ärmel, staubte den Stuhl ab und setzte sich. »Somit besteht der Grund nicht mehr, warum du die Stadt verlassen hast, meine Liebe. Cadiz ist sicher.«
»Was ist mit meinen Gründen für meinen Aufenthalt hier?«, fragte Caterina.
Kurz ruhte Pumphreys Blick wieder auf Sharpe. »Diese Gründe sind deine Sache, meine Liebe. Aber komm wieder nach Cadiz zurück.«
»Sind Sie jetzt Henrys Zuhälter?«, fragte Sharpe verächtlich.
»Seine Exzellenz«, erwiderte Pumphrey mit aufgesetzter Würde, »ist in gewisser Weise erleichtert, dass Señorita Blazquez fort ist. Ich glaube, er hat das Gefühl, dass ein unglückliches Kapitel in seinem Leben nun vorüber ist. Es kann vergessen werden. Nein, ich wünsche lediglich, dass Caterina zurückkehrt, damit ich ihre Gesellschaft wieder genießen kann. Wir sind doch Freunde, oder etwa nicht?«, appellierte er an Caterina.
»Ja, wir sind Freunde, Pumps«, antwortete sie warmherzig.
»Dann muss ich dir als Freund sagen, dass diese Briefe nicht länger von Wert sind.« Er lächelte sie an. »Sie haben im selben Augenblick ihren Wert verloren, da Montseny zum Krüppel geworden ist. Ich kann dir versichern, ansonsten wird niemand versuchen, sie zu veröffentlichen.«
»Warum haben Sie dann das Geld gebracht, Mylord?«, verlangte Sharpe zu wissen.
»Weil ich es schon aus der Schatzkammer genommen hatte, bevor ich von Padre Montsenys traurigem Schicksal erfahren habe, und weil es bei mir sicherer ist, wenn ich mein Haus verlasse, und weil Seine Exzellenz bereit ist, eine kleinere Summe für die Rückgabe der Briefe zu zahlen.«
»Eine kleinere Summe«, wiederholte Sharpe emotionslos.
»Allein aus der Güte seines Herzens heraus«, sagte Lord Pumphrey.
»Und wie klein ist diese kleinere Summe?«, fragte Sharpe.
»Einhundert Guineas?«, schlug Pumphrey vor. »Das ist wirklich sehr
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