Sharpes Zorn (German Edition)
einen schwarzen Hut, an dem ein ebenso schwarzer Schleier hing.
»Eine Schlacht ist kein Ort für eine Frau, besonders nicht für eine so schöne.«
Sie lächelte. »Ich würde gern einmal eine Schlacht sehen.«
»Und das werden Sie auch, meine Liebe, das werden Sie. Aber aus sicherer Entfernung. Ich hingegen werde wohl hinaufhumpeln und meinen Kameraden ein wenig zur Hand gehen.« Moon schlug auf die Krücken, die neben ihm lagen. »Aber Sie werden bei der Kutsche bleiben. Bleiben Sie in Sicherheit.«
»Bei Ihnen fühle ich mich immer sicher«, sagte die Marquesa. Nach der Hochzeit, so hatte der Brigadier ihr erklärt, wäre sie Lady Moon. »La Doñ a Luna«, sagte sie und drückte seinen Ellbogen, »wird bei Ihnen stets in Sicherheit sein.« Der Brigadier antwortete auf ihre liebevolle Geste mit einem lauten Lachen. »Was soll das denn?«, verlangte die Marquesa beleidigt zu wissen.
»Ich habe mich gerade an Henry Wellesleys Gesicht erinnert, als ich Sie ihm gestern Abend vorgestellt habe«, antwortete der Brigadier. »Er hat wie der Vollmond ausgesehen.«
»Also auf mich hat er einen sehr netten Eindruck gemacht«, bemerkte die Marquesa.
»Er war eifersüchtig! Das habe ich ihm deutlich angesehen. Dabei wusste ich gar nicht, dass er Frauen mag. Ich dachte immer, deshalb sei ihm die Frau weglaufen, aber gestern? Dass er Sie mag, war ihm deutlich anzusehen. Vielleicht habe ich den Mann doch falsch eingeschätzt.«
»Er war außerordentlich höflich.«
»Er ist ein verdammter Botschafter, da sollte er auch verdammt höflich sein. Dafür ist er ja da.« Der Brigadier verstummte. Er hatte einen Weg entdeckt, der nach Osten durch den Wald führte, und die Kurve war scharf, aber er meisterte sie gekonnt. Der beste Kutscher hätte nicht besser fahren können. Der Schlachtenlärm war inzwischen laut. Der Kampf konnte nicht mehr weit entfernt sein, also zügelte Moon die Pferde. Auf beiden Seiten des Weges lagen Verwundete.
»Schauen Sie nicht hin, meine Liebe«, sagte Moon. Da war ein Mann ohne Hose, der sich am Boden wand. Sein Gemächt war nur noch ein blutiger Fleischklumpen. »Ich hätte Sie nicht mitnehmen dürfen«, krächzte Moon.
»Ich will aber Ihre Welt kennenlernen«, erwiderte die Marquesa und drückte ihm erneut den Ellbogen.
»Dann müssen Sie mir ihren Schrecken verzeihen«, erwiderte Moon galant und zog dann die Zügel an, denn er war aus dem Wald herausgekommen. Die Linie der Rotröcke war nur noch hundert Schritt entfernt, und zwischen ihr und der Kutsche lagen überall Tote und Verwundete und weggeworfene Waffen. »Das ist weit genug«, erklärte der Brigadier.
Die Franzosen hatten das Rad eines Zwölfpfünders ersetzt und wuchteten das Geschütz nun wieder in seine ursprüngliche Position zurück, aber der kommandierende Offizier der Batterie wusste, dass er dort nicht würde bleiben können, denn die feindlichen Kanonen hatten ihn im Visier. Er war schon gezwungen gewesen, seine Haubitze in der vorgeschobenen Position aufzugeben, doch er dachte nicht daran, auch sein letztes Geschütz zu verlieren, das mit einer Granate geladen war. So befahl er dem Geschützführer, die Granate auf die Rotröcke abzufeuern und sich dann rasch zurückzuziehen. Der Zündstock wurde an das Luntenloch gehalten, das Pulver zündete, und die Kanone feuerte und hinterließ eine gewaltige Dampfwolke, in deren Schutz der Batteriekommandeur seine letzte Waffe in Sicherheit bringen konnte.
Die Granate krachte in die Reihen des 67th, wo sie einem Corporal die Eingeweide herausriss und einem Private die linke Hand nahm. Dann fiel sie zwanzig Schritt hinter den Hampshiremen zu Boden. Die Zündschnur sprühte Funken wie verrückt, während das Geschoss weiter zu den Pinien rollte.
Moon sah die Granate kommen und trieb die Pferde nach rechts, weg von dem Geschoss. Er nahm die Zügel in die rechte Hand, in der er bereits die Peitsche hielt, und schlang den linken Arm um die Marquesa, um sie zu beschützen. Dann explodierte die Granate. Splitter pfiffen über ihre Köpfe hinweg, und einer bohrte sich in den Bauch eines der beiden Pferde. Voller Panik ging das Tier durch, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Das andere Pferd ließ sich von der Panik anstecken und war nun auch nicht mehr zu halten. Der Brigadier riss an den Zügeln, doch der Lärm, der Schmerz und der Gestank waren einfach zu viel für die Pferde, und so rannten sie verzweifelt und mit weit aufgerissenen Augen nach rechts. Sie entdeckten eine
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